Ferdinand Gregorovius
Gedichte
Ferdinand Gregorovius

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Vôcero
eines Mädchens an der Leiche ihres ermordeten Vaters.

(Dialekt von diesseits der Berge.)
(Das Mädchen kommt mit einer Fackel.)
                Von Calanca bin ich gekommen,
Mitternacht war im Verschwinden,
Hab' gesucht mit meiner Fackel
In den Gärten und in den Gründen,
Wo mein Vater sei geblieben –
Tod, im Blute mußte ich ihn finden.
(Es kommt eine andere Jungfrau, welche auch einen ermordeten
Blutsverwandten sucht; den Todten erblickend hält sie ihn für einen
Verwandten, bleibt stehen und will das Lament anheben. Die
Erste aber singt:
)
Weiter aufwärts mußt du steigen,
Denn dort liegt Mattè erschlagen,
Aber dies hier ist mein Vater,
Und an mir ist's hier zu klagen.

Hebet mir auf die Lederschürze,
Seinen Hammer und seine Kelle.
Vater, willst du nicht zur Arbeit
Wieder gehn an die Capelle?
Auch aus meines Bruders Wunden
Fließt vom Blut die rote Welle.

Laufet und holt mir schnell eine Schere,
Schneiden will ich mir vom Zopfe
Einen Büschel meiner Haare,
Daß die Wunden ich ihm verstopfe.
Denn von meines Vaters Blute
Klebt am Finger mir ein Tropfe.

Färben will ich ein Mandile,
Rot vom Vaterblut es machen;
Das Mandile will ich tragen,
Bis ich Muße hab' zum Lachen.

Nach der Kirche Santa Croce
Will ich gehn mein Leid zu klagen;
Immer ruf' ich deinen Namen,
Antwort wirst du einst mir sagen,
Denn sie haben dich gekreuzigt,
Wie den Christ ans Kreuz geschlagen.


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