Ferdinand Gregorovius
Gedichte
Ferdinand Gregorovius

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Corsische Tragödie.

        Das Weib schreit auf, der Mann liegt todt,
Auf der Tola liegt er im Blute rot.

Die Brust durchstochen vom Feindesstal,
Drei finstere Rosen die Wunden zumal.

Zu Haupt der flackernde Span ihm brennt,
Zu Füßen das Weib sitzt und singt Lament.

Sein lockiges Kindlein mit Muscheln spielt,
Ins blinzende Auge der Schlaf sich stiehlt.

Und es singet das Weib und klaget und singt,
Die Hände sie jammernd sich blutig ringt.

Nun wird sie still – das Herz sich besinnt,
Sie hebt vom Boden das schlummernde Kind.

Sie reißt vom Bluthemd den Fetzen nun,
Ein grauses Lachen, was will sie thun?

Dem Kind in das Kleid sie den Fetzen näht,
Das Vaterblut dem Sohne zu Herzen steht.

»Das Vaterblut sollst du mir tragen, Kind,
Bis dir die Rächerjahre gekommen sind.

»Du junger Habicht, dann laß ich dich los,
Ich weiß den Mörder, du führst den Stoß.«

Zum blutigen Vater das Kind sie neigt,
Sein blasses Antlitz dem Sohn sie zeigt.

Das scheint noch zu zucken in Haß und Pein:
Vendetta! Vendetta! die Pflicht ist dein!

Das Kindlein zittert und stammelt und weint,
Umklammert die Mutter, und weint und weint.


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