Emanuel Geibel
Klassisches Liederbuch
Emanuel Geibel

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Auf den Sieg des DrususDrusus Claudius Nero, Augusts Stiefsohn und jüngerer Bruder des Tiberius..

        Gleichwie den Aar, den Träger des Donnerkeils,
Den Zeus zum König über das schweifende
        Gefieder setzte, weil er treu sich
    Bei Ganymedes bewährt, dem blonden,

Wenn Jugendmut ihn oder des Bluts Gewalt
Vom Neste trieb, unsicheren Schwunges noch,
        Bis klarentwölkte Frühlingslüfte
    Kühnere Flüge gelehrt den Scheuen,

Wie den alsdann bald feuriges Ungestüm
Auf Lämmerhürden niederzustoßen drängt,
        Bald Gier und Streitlust kämpfen heißen
    Wider die ringelnde Brut des Drachen;

Und wie den falben, eben der Muttermilch
Entwöhnten Leun auf üppiger Weideflur
        Das junge Rehkalb sieht, das seinem
    Zahne verfallen als erstes Opfer:

So sahn zur Schlacht am rhätischen Alpenjoch
Den Drusus ziehn die wilden Vindeliker,
        Und ihre siegverwöhnten Scharen
    Spürten, erdrückt von des Jünglings Kriegskunst,

Was großer Blick, was erbliche Tüchtigkeit,
An gottgeliebtem Herde gepflegt, vermag,
        Und wie gewaltig in den Söhnen,
    In den Neronen der Geist Augusts ist.

Von Starken werden Starke gezeugt, es weist
Im jungen Stier, im adligen Füllen sich
        Der Väter Kraft, und kein Geschlecht von
    Schüchternen Tauben entstammt dem Adler.

Doch weise Pflege fördert den edlen Keim,
In strenger Zucht erst stählt sich zur Tat das Herz,
        Wo keine Sitte wehrt, erstickt die
    Herrlichsten Gaben des Bluts das Laster.

Wie viel du, Roma, deinen Neronen dankst,
Das zeugt Metaurus' Ufer und Hasdrubals
        Vernichtung, jener schönste Tag zeugt's,
    Welcher aus Latiums Dunkel aufstieg:

Der erste hold uns lächelnde Siegestag,
Seit durch Italiens Städte der schreckliche
        Karthager fuhr, wie Sturm durchs Südmeer,
    Oder durch Fichtengehölz ein Waldbrand.

Seitdem erhub siegreicher sich stets im Kampf
Die Jugend Roms, und in den verödeten
        Durch Pönerwut ruchlos entweihten
    Tempeln erstanden die Götter wieder.

Und endlich sprach der finstere Hannibal:
Wie Hirsch', umringt von reißender Wölfe Schar,
        Was suchen wir noch Kampf? Sie täuschen,
    Ihnen entrinnen ist Ruhms genug jetzt.

Dies Volk, das kühn aus Ilions Flammen einst
Durchs Tuskermeer sein teuerstes Heiligtum,
        Das seine Söhn' und greisen Väter
    In die ausonische Burg gerettet,

Gewinnt, der axtbeschorenen Eiche gleich
Im schwarzumlaubten Forste des Algidus,
        Selbst durch Verlust und Niederlagen,
    Selbst durch das Eisen verjüngte Kraft nur.

So schwoll, zerstückt noch wachsend, die Hydra nicht
Im bangen Kampf entgegen dem Herkules,
        Solch schrecklich Drachenbild gebar nicht
    Kolchis' Geklüft noch Echions ThebenEchion, der Vater des Pentheus, wird neben Kadmus als Erbauer von Theben genannt..

Zu Boden wirf's, nur stolzer erhebt es sich!
Verwund' es, ruhmvoll streckt es die frische Kraft
        Des Siegers hin und liefert Schlachten,
    Die noch die Weiber der Enkel preisen.

Nicht stolze Siegesboten entsend' ich mehr
Zu dir, Karthago! Wehe, dahin, dahin
        Ist all dein Hoffen, deines Namens
    Ehre, da Hasdrubals Haupt gefallen.

Nichts trotzt hinfort dem Arme der Claudier,
Denn unter Jovis gnädigem Schutze führt
        Ihr wacher Feldherrnblick sie glorreich
    Durch des verderblichsten Kriegs Gefahren.


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