Emanuel Geibel
Klassisches Liederbuch
Emanuel Geibel

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Anakreon von Teos.

An Dionysos.

        Fürst, dem Eros, der Siegesgott,
Dem schwarzäugiger Nymphen Schar
    Und die rosige Kypris
Spielend folgen, wohin du auch
    Schweifst auf luftigen Bergeshöhn,

Auf den Knieen beschwör' ich dich:
Komm, o komm und vernimm in Huld
    Mein Gebet, Dionysos,
Neige du Kleobulos' Herz
Selbst mit göttlichem Rat, daß ihm
    Meine Liebe gefalle.

Die Lesbierin.

        Mir zuwerfend den Purpurball
Fordert Eros im Goldgelock
Mich zum Spiel mit dem zierlichen
    Buntsandaligen Kind auf.

Doch sie stammt von der prangenden
Lesbosinsel und rügt mein Haar;
Grau ja sei's, und in Sehnsucht, ach,
    An ein blondes gedenkt sie.

An seinen Liebling.

        Knabe du mit dem Mädchenblick,
Dein verlang' ich, doch hörst du nicht,
Merkst nicht, wie du die Seele mir
    Sanft am Zügel dahinlenkst.

An den Schenken.

        Mit dem Mischkrug komm, o Schenke,
Daß ich tiefen Zuges schlürfe!
Doch auf zehn Pokale Wassers
Von dem Lautern nimm nur fünf mir;
Denn ich möchte zu verwegen
Mit dem Weingott heut' nicht schwärmen.

Eros, der Schmied.

        Mit schwerwuchtendem Hammerschlag,
Wie die glühende Stang' ein Schmied,
Trifft mich Eros und taucht mich dann
    In eiskaltes Gewässer.

Skolion.

        Den nicht mag ich beim vollen Pokal, der über dem Trunk mir
    Von trübseligem Krieg schwatzt und gehässigem Streit,
Aber es sei mir geehrt, wer köstliche Gaben der Muse
    Und Aphroditens flicht in die gesellige Lust.

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