Emanuel Geibel
Klassisches Liederbuch
Emanuel Geibel

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Dithyrambus.

      In tiefer Felsschlucht sah ich den Bacchus jüngst
Gesänge lehren – glaubt es, ihr Enkel, mir! –
        Und Nymphen sah ich rings und Satyrn
    Lauschen mit spitzigem Ohr und Bocksfuß.

Euö, welch jäher Schauder durchrieselt mich!
Wie schwillt das Herz in stürmischer Wonne mir
        Vom Gotte trunken! Schon', o Liber,
    Schone, gewaltiger Thyrsusschwinger!

Nun darf ich singen, wie der Mänadenschwarm
Hintaumelt, wie der Bronnen des Weines springt,
        Wie Milch in Bächen rauscht und Honig
    Aus der geborstenen Eiche träufelt,

Darf deiner BrautDie Braut des Bacchus ist Ariadne, deren Kranz unter die Sterne versetzt wurde. ins funkelnde Sternenblau
Verwobne Krone ringen und Pentheus' Burg,
        Die schweren Falls dahingestürzte,
    Und des Lykurgus Geschick, des Thrakers.

Dir weichen Ströme, stillt sich das Indermeer;
Du schlingst gefahrlos, triefend von Rebensaft,
        Auf fernen Waldhöhn durch das wilde
    Haar der Bacchantin den Schlangenknoten.

Den RhötusRhötus, einer der himmelstürmenden Giganten, den Dionysos in Löwengestalt besiegte. warfst du, als der Giganten Wut
Des Vaters Reich zu stürzen gen Himmel klomm,
        Mit Löwenklaun zurück zum Abgrund,
    Ihn mit entsetzlichem Rachen schreckend,

Wiewohl sie dich, den Meister im Reigentanz,
In Scherz und Kurzweil, minder gefährlich wohl
        Im Kampf geachtet. Doch derselbe
    Mitten im Krieg wie im Frieden bliebst du.

Dich grüßt' in Demut, als er das GoldgehörnDaß auch Bacchus öfters gehörnt, wie Jupiter Ammon, gebildet wurde, ist bekannt.
An deiner Stirn sah, wedelnd der Höllenhund,
        Und als du gingst, dreizüngig leckt' er
    Dir mit gebogenem Haupt die Füße.


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