Emanuel Geibel
Klassisches Liederbuch
Emanuel Geibel

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An Mäcenas.

        Nicht Numantias lang trotzenden Widerstand
Oder Hannibals Grimm, noch das von Pönerblut
Purpurn wogende Meer heiß mich bewältigen
        Mit der zärtlichen Leier Klang,

Nicht Lapithen und nicht trunkner Zentauren Wut,
Noch die Jünglinge, die Herkules' Arm bezwang,
Gäas Riesengeschlecht, denen das schimmernde
        Haus des alten Saturn bereits

Einsturz drohend gebebt. Besser verewigst du,
Schlicht erzählend, Mäcen, Cäsars erfochtenen
Sieg und wie er im Joch trotziger Könige
        Stolzen Nacken zur Burg geführt.

Nur den süßen Gesang meiner Gebieterin,
Nur Licymnias lichtstrahlendes Auge heißt
Mich die Göttin des Lieds preisen, das Herz allein,
        Das stets Liebe für Liebe gibt;

Sieh nur, wie sie den Fuß zierlich im Reigen hebt
Und mitscherzend im Chor holder Gespielinnen
Wechselnd ihnen den Arm bietet am heiligen
        Festlich frohen Dianentag.

Gäbst du für den Besitz eines Achämenes,
Für den Segen des goldströmenden Phrygerlands
Eine Locke dahin deiner Licymnia?
        Für Arabiens Schätze selbst?

Wenn zum flammenden Kuß zärtlich den Nacken sie
Herbeugt oder ihn dir, spröde zum Schein, versagt,
Weil ihr süßer der Kuß, welchen du raubst, bedünkt,
        Den sie selber im Sturm wohl raubt.


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