Emanuel Geibel
Klassisches Liederbuch
Emanuel Geibel

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An die Fortuna von Antium.

              O, die du thronst im lieblichen Antium
Und bald aus tiefstem Jammer den Sterblichen
        Aufrichtest, bald in Todestrauer
    Stolzer Triumphe Gepräng verwandelst,

Dich ruft der arme Pflüger des Ackerfelds
Mit bangem Flehn an, dich, die Beherrscherin
        Des Meers, wer auf Bithynerschiffen
    Durch die karpathische Woge steuert.

Der Daker scheut, der wandernde Scythe dich,
Und Stadt und Volk und Latiums Kriegerstamm;
        Des wilden Ostlands Königsmütter
    Zittern vor dir und die Purpurträger,

Daß ihrer Herrschaft Säule vom Fußgestell
Dein Tritt nicht stürz', und wachsender Pöbelschwarm
        In Waffen nicht das Land, in Waffen
    Fürchterlich ruf' und das Joch zerbreche.

Dir wallt voran die grause Notwendigkeit,
Die ries'ge Balkennägel in eh'rner Hand
        Und Keile trägt, nicht fehlt die mächt'ge
    Klammer, das flüssige Blei zum Werk ihr.

Die Hoffnung dient dir, dir im Vestalenkleid
Die Treue selbst; nur selten verläßt sie dich,
        Wenn feindlich du die Farbe wechselnd,
    Fürstlichen Häusern den Rücken wendest.

Falsch ist und feig der Pöbel, die Buhlerin
Vergißt des Eidschwurs, selbst der Genossen Schwarm
        Zerstiebt, sobald der Krug geleert ist,
    Klüglich des Freundes Geschick vermeidend.

O schirme Cäsarn, der zu den äußersten
Britannern auszieht, schirme der Jünglinge
        Erles'ne Kriegsschar, die des Aufgangs
    Reiche bedroht bis ans Rote Meer hin.

Der Greuel endlich sei's und des Brudermords
Genug. Wovor, ach, schreckten wir Söhne noch
        Stahlharter Zeit zurück? Was blieb uns Heilig?
    Was tastete nicht der Jugend

Ruchlose Hand an? Welchen Altar besteckt
Nicht Blut? O komm denn, unser entweihtes Schwert
        Auf reinem Amboß umzuschmieden
    Wider Sabäer und Massageten.


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