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2. Familie: Lärmdrosseln ( Timaliidae)

Die Lärmdrosseln ( Timaliidae) kennzeichnen sich durch gedrungenen Leib, verhältnismäßig starken, seitlich zusammengedrückten Schnabel, dessen Oberkiefer an der Spitze sich ein wenig umbiegt, kräftige Füße, kurze und gerundete Flügel, in denen die vierte oder fünfte Schwinge die längsten sind, mittellangen, mehr oder weniger abgerundeten, breitfederigen Schwanz und lockeres, meist düsterfarbiges Gefieder.

Die Lärmdrosseln, von denen man etwa zweihundertundvierzig Arten kennt, gehören Südasien und Afrika an und treten besonders zahlreich im indischen Gebiete auf. Sie erinnern in mancher Hinsicht an die Walddrosseln, in anderer aber auch wieder an die Heher, die Würger und die Grasmücken. Sie beleben Buschwaldungen oder das Unterholz in hochstämmigen Wäldern, auch wohl Rohrdickichte, sind höchst gesellig, ohne jedoch zahlreiche Flüge zu bilden, sehr regsam und fast ohne Ausnahme schreilustig. Es gibt einzelne gute Sänger unter ihnen; die Mehrzahl aber beweist ihre größte Fertigkeit im Durchschlüpfen dichter Gebüsche. Der Flug ist mittelmäßig, und deshalb erheben sich nur wenige Arten bis zu den Wipfeln größerer Bäume. Die Nahrung besteht aus kleinen Wirbel- und Kerbthieren, Schnecken, Würmern und dergleichen, ebenso aber auch aus Früchten und besonders aus Beeren, an denen die heimatlichen Wälder unserer Vögel so reich sind.

 

Dem Namen, weniger dem Wesen nach Urbilder der Familie sind die Schwatzdrosseln ( Timalia). Ihre Merkmale liegen in dem starken, seitlich sehr zusammengedrückten, längs der Firste deutlich gebogenen Schnabel, den kräftigen Füßen mit langen Hinterzehen und starken Nägeln, den kurzen, sehr gerundeten Flügeln, in denen die fünfte und sechste Schwinge die längsten sind, dem mäßig langen, abgerundeten Schwanze und deutlichen Schnurrborsten um den Schnabelgrund.

 

Bei der Rothkäppchentimalie ( Timalia pileata, Napodes pileata) ist der Scheitel glänzend zimmetbraun, die übrige Oberseite braungrau, Flügel und Schwanz etwas dunkler, der Zügel schwarz, ein Strich über demselben und die Wange weiß, die Unterseite blaßbräunlich, am Halse und an der Brust seitlich grau, am Kropfe durch feine schwärzliche Schaftstriche gezeichnet, das Auge trübroth, der Schnabel schwarz, der Fuß fleischfarben. Die Länge beträgt achtzehn Centimeter, die Fittiglänge zweiundsechzig, die Schwanzlänge zweiundsiebzig Millimeter.

Horsfield entdeckte die rothköpfige Schwatzdrossel auf Java, spätere Forscher fanden sie auch auf dem indischen Festlande auf. Ersterer gibt eine kurze Lebensschilderung und hebt als besonders beachtenswerth hervor, daß der Gesang des Männchens nur aus den fünf Tönen c, d, e, f, g bestehe, welche in kurzen Zwischenräumen mit größter Regelmäßigkeit wiederholt werden. Ausführlicheres theilt Bernstein mit. »DieRothkäppchentimalie«, sagt er, »bewohnt paarweise die dichten Strauchwildnisse, welche sich rings um die Wälder dahinziehen oder an die Stelle früherer Waldungen getreten sind, und zwar ungleich häufiger die bergiger als die ebener Gegenden. Außerhalb dieser Dickichte läßt sich der Vogel selten sehen und bleibt daher leicht unbemerkt. Bloß des Morgens gewahrt man ihn öfters auf einem freien, über das Gebüsch herausragenden Aste, sein vom Thau durchnäßtes Gefieder trocknend und wieder in Ordnung bringend. Auch das Männchen liebt es, während sein Weibchen brütet, von solch einem freien Aste herab seinen einfachen Gesang zum besten zu geben. Hierbei läßt es die Flügel nachlässig hängen und scheint sich wenig um seine Umgebung zu bekümmern. In Erregung dagegen oder wenn der Vogel einen ihm verdächtigen Gegenstand bemerkt, sträubt er die Scheitelfedern und erhebt ruckweise den ausgebreiteten Schwanz. Seine Lockstimme hat eine gewisse Aehnlichkeit mit der unseres gemeinen Feldsperlings.

»Das Nest findet man in dichtem Gestrüppe in geringer Höhe über dem Erdboden, gewöhnlich nicht weit von der Stelle, wo man das singende Männchen öfters sieht. Es hat in seiner äußeren Gestalt einige Aehnlichkeit mit einem Rohrsängerneste und bildet gleich diesem einen ziemlich tiefen Napf, unterscheidet sich aber von einem solchen durch seine gebrechliche Bauart. Gewöhnlich ist es oben offen, in einzelnen Fällen auch wohl schief nach oben und zur Seite offen. Alle von mir gefundenen Nester dieser Art bestehen allein aus Alang-Alangblättern, jedoch mit dem Unterschiede, daß die zum Ausbaue des inneren Nestes benutzten feiner und besser miteinander verflochten sind als die auf der Außenseite befindlichen. Im ganzen ist der Bau lose und wenig dauerhaft, so daß es bei nicht vorsichtigem Wegnehmen von seinem Platze leicht zerfällt oder doch wenigstens seine äußere Form verliert. Jedes Nest enthält zwei, seltener drei Eier, welche auf weißem, wenig glänzendem Grunde mit zahlreichen, heller und dunkler rothbraunen, gegen das stumpfe Ende häufiger auftretenden und größeren, bisweilen einen, wenn auch nie ganz deutlichen Fleckenkranz bildenden Flecken und Punkten gezeichnet sind. Zwischen diesen rothbraunen Flecken, von denen man stets hellere und dunklere unterscheiden kann, finden sich, zumal gegen das stumpfe Ende hin, noch aschgraue, welche jedoch viel sparsamer sind, auch tiefer als jene, das heißt mehr in der Eischale selbst zu liegen scheinen und daher weniger in die Augen fallen.


Die Droßlinge ( Crateropus), in Afrika und Südwestasien heimische Lärmdrosseln, kennzeichnen sich durch gedrungenen Leib, starken und langen, seitlich zusammengedrückten, etwas gekrümmten Schnabel, mittellange derbe Füße mit kräftigen und durch gekrümmte, scharfspitzige Nägel bewehrten Zehen, kurze Flügel, in denen die vierte Schwinge die längste ist, ziemlich langen, seitlich wenig verkürzten, aus breiten Federn gebildeten Schwanz und reiches, aber hartes Gefieder.

siehe Bildunterschrift

Droßling (Crateropus leucopygius). ½ natürl. Größe.

Der Droßling (Crateropus leucopygius und limbatus, Ixos leucopygius) ist dunkel umberbraun, auf Schwingen und Schwanz noch dunkler, auf der Unterseite etwas lichter, jede Feder am Ende schmal weiß gesäumt, der Kopf bis zum Nacken und zur Kehlmitte, ebenso Bürzel, After und untere Schwanzdecken weiß, der Innensaum aller Schwingen und das Unterflügeldeckgefieder rostfarben, das Auge dunkel karminroth, der Schnabel schwarz, der Fuß grau. Die Länge beträgt sechsundzwanzig, die Breite sechsunddreißig, die Fittiglänge zwölf, die Schwanzlänge elf Centimeter. Das Weibchen ist etwas kleiner als das Männchen. Bei den Jungen ist der Scheitel blaugrau, und die Federn des Rückens sind licht gesäumt.

Der Droßling bewohnt die dickbuschigen Waldungen Abessiniens, ein ihm nahestehender Verwandter jene des Ost-Sudân. Dieser ist Bewohner der Ebene, jener ein Kind des Gebirges, und zwar eines Gürtels zwischen tausend und zweitausendsechshundert Meter unbedingter Höhe. In ihrer Lebensweise ähneln sich beide Arten. Sie verstehen sich bemerklich zu machen und besitzen die Gabe, das Leben im Walde wach zu halten. Aergere Schreihälse kann es kaum geben. Niemals findet man die sonderbaren Gesellen einzeln; sie leben vielmehr stets in Gesellschaften, gewöhnlich in Flügen von acht bis zwölf Stück. Diese führen alle Verrichtungen genau zu derselben Zeit und auf gleiche Weise aus. Sie verlassen in demselben Augenblicke den einen Busch, und fliegen, dicht gedrängt, einem zweiten zu, zertheilen sich hier, durchschlüpfen, durchkriechen ihn nach allen Richtungen, sammeln sich am anderen Ende, schreien laut auf und fliegen weiter. Bloß die dicht verschlungensten Büsche behagen ihnen; hohe Bäume berühren sie nur im Fluge. Bei diesem beständigen Durchkriechen der geheimsten Theile des Waldes entdecken sie natürlich auch alles, und das gibt ihnen dann jedesmal neuen Stoff zum Schreien. Wenn der eine beginnt, fallen die anderen, gleichsam frohlockend, ein, und derjenige, welcher schon aufgehört, fängt den Lärm von neuem an. Man weiß nicht, ob man sich ärgern oder freuen soll über diese Vögel; sie verscheuchen manches Wild und rufen dadurch gerechten Zorn wach. Aber dafür sind sie auch so unterhaltend, so lustig, so absonderlich, daß man ihnen doch wieder hold wird. Ihr Geschrei ist keineswegs wohllautend und auch nicht besonders mannigfaltig, jedoch schwer zu beschreiben. Ich habe, mit dem Bleistifte und Merkbuch in der Hand, mich vergeblich bemüht, es in Silben auszudrücken. Am nächsten kommen ihm noch folgende Laute: »Garegara, garä, gügäk; gara, gara, gärä, gärä, gärä; gagak (dumpf, aber laut:) tara, taar, tarut«. Sie werden alle nach einander hervorgestoßen und manchmal sechs- bis achtmal wiederholt. Wenn einer schreien wollte, würde es nicht so schwierig sein, die eigentliche Stimme zu erfahren; aber die ganze Bande schreit zusammen, und einer sucht den anderen zu überbieten. Der Flug ist schlecht. Freiwillig erheben sie sich nie hoch über die Erde, und selbst bei Gefahr hüten sie sich, weite Strecken zu überfliegen, suchen lieber im Gebüsche ihre Zuflucht und verkriechen sich dort. Beim Fliegen schlagen sie heftig und rasch mit den Schwingen, breiten sodann diese und besonders auch den Schwanz aus und schweben nun auf große Strecken dahin. In ihrem Magen fand ich Kerbthierreste, aber auch Knospen, Blätter und Blüten. Ueber die Fortpflanzung vermag ich nichts zu sagen.


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