Sagen aus Niedersachsen
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Der Teufel als Schatzhüter bei Bremen

Im Niedervierlande bei Bremen wohnte einstmals ein Bauer, der sehr reich war. Der Überfluß aber machte ihm große Sorgen, denn ringsum loderte die Fackel des Krieges, und jeden Tag konnten räuberische Horden auch auf seinem Hof eindringen. Da dachte er ernstlich daran, wie er sein Geld und Gut vor den Räubern in Sicherheit bringen könne, und beschloß, seine Schätze in die Erde zu Vergraben.

Auf dem Hofe diente ein junger Knecht, den der Bauer aus Mitleid aufgenommen hatte, da er arm und elternlos war. Als nun der Bauer an einem Sonntag das ganze Gesinde in die Kirche geschickt hatte, um unbeobachtet seine Absicht ausführen zu können, versteckte sich der Knecht in der Scheune, weil er sich schämte, in seinen abgetragenen Kleidern den Gottesdienst zu besuchen. Aber gerade die Scheune hatte der Bauer zum Versteck seiner Habe ausersehen, und so konnte der Knecht, der im Heu verborgen lag, genau beobachten, wie sein Herr zuerst ein großes Loch grub, bis es mannstief war, wie er dann in einen weiten kupfernen Kessel Gold, Silber, Münzen und Gefäße in gewaltigen Mengen hinabsenkte, die Grube wieder zuschaufelte und schließlich den Boden einebnete. Er hörte auch, wie sein Herr den Teufel zum Hüter des Ortes bestellte und beschwörend ausrief, niemand dürfe im Verlauf von sieben Jahren den Schatz beheben, und wer dann komme, ihn zu holen, solle kein anderer sein als seiner Tochter Bräutigam; der dürfe aber nicht mit Spaten oder Schaufel graben, sondern müsse den Kessel mit einem silbernen Fuhrwerk, vor welches das lebendige, beflügelte Feuer gespannt sei, zutage fördern. Jedem Unbefugten, der sich an den Schatz wage, möge der Teufel den Hals brechen.

Als der Bauer seinen Spruch getan hatte, schwirrte eine große Fledermaus durch die Scheune, umkreiste dreimal in schnellem Flug den Mann und den Schatz und verschwand wieder. Der Bauer nickte befriedigt und ging seiner Wege.

Der Bursche konnte dieses Erlebnis nicht vergessen; wo er ging und stand, lag ihm der Schatz im Sinn, und der Gedanke, wie er seiner habhaft werden könnte, ließ ihn nimmer los. Schließlich nahm er seinen Abschied von dem Bauern, ging zur See und wurde ein schmucker, tüchtiger Matrose. Doch als die sieben Jahre um waren, hielt es ihn nicht länger auf dem Schiffe; er machte sich auf und wanderte seinem Heimatort zu. Dort kannte ihn längst niemand mehr, aber er erfuhr bald im Wirtshaus, daß sein früherer Herr vor kurzer Zeit gestorben sei; nun lebe die Familie in großer Not, denn mit dem Reichtum des Alten scheine es nicht weit her gewesen zu sein; in seinem Nachlaß habe sich weder Gold noch Silber gefunden.

Der Bursche sprach bald auf dem Hofe vor, fand alles, wie man es ihm geschildert hatte, und wurde, da die verwaiste Tochter sich seiner noch gern erinnerte, dort ein häufiger Gast. Schließlich fand er den Mut, um das hübsche Mädchen zu freien. Dieses wies ihn nicht ab. Nun hätte der junge Mann mit seinem zur See erworbenen Gut in aller Ruhe seinen Haushalt als ein vermögender Mann beginnen können. Doch der Schatz lag ihm im Sinne, und er sann unablässig darüber nach, wie er ihn heben könne.

Da träumte er einmal, die Scheune stehe in Flammen, aber als er genauer hinsah, war es ein großer Hahn, der auf dem Strohdach stand und mit den Flügeln schlug. Im nächsten Augenblick schwang dieser sich von seinem hohen Standort herab, setzte sich auf eine umgestürzte Pflugschar, pickte mit dem Schnabel und scharrte mit den Füßen daran, kurz, benahm sich ganz so, als wolle er den Pflug in die Höhe richten und mit sich führen.

Lange Zeit verstand der Mann diesen Traum nicht, doch plötzlich kam ihm ein guter Gedanke. Er fuhr sogleich zu einem Goldschmied in die Stadt und bestellte einen silbernen Pflug, den er sofort mit blanken Talern bezahlte. Nach acht Tagen schon konnte er ihn holen, und nunging er sogleich ans Werk. In der nächsten Nacht, sobald die Glocke zwölf schlug, machte er sich auf, unter dem rechten Arm den Silberpflug, unter dem linken einen prächtigen roten Hahn. Vor der Scheune spannte er den Hahn vor den silbernen Pflug, öffnete das, Tor und fuhr nach der Stelle, wo der Schatz verborgen lag. Obgleich kein Mondschein in die Scheune fiel, war es doch fast taghell darin, denn der Pflug leuchtete und der Hahn glänzte wie helloderndes Feuer.

Schweigend begann der Mann im Kreise zu ackern und die Erdschollen zur Seite zu pflügen. Obwohl ein Gebrause und ein schreckliches Stimmengewirr anhob, verrichtete er in tiefster Ruhe seine Arbeit, bis er an den Deckel des Kessels stieß und den Schatz in all seiner Herrlichkeit gehoben hatte. Dann packte er alles in Körbe und eilte damit in den Hof, um es zu bergen. Nun machten die Leute freilich große Augen und freuten sich des wiedergewonnenen Gutes, und im Herbst gab es eine lustige Hochzeit.

Der Silberpflug blieb lange Zeit ein Wahrzeichen der Familie, bis er im Schwedenkrieg verlorenging.

 


 


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