Sagen aus Niedersachsen
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Der Gang an den Sarg

Im Dorfe Dreibergen bei Zwischenahn in Oldenburg sitzen abends vier Dorfbewohner beim Glas Bier beisammen. Man unterhält sich über allerhand Spuk und ähnliches. Einer rühmt sich seiner besonderen Furchtlosigkeit nächtlichen Gespenstern gegenüber. Seine Kumpane wollen ihn auf die Probe stellen und schließen folgende Wette mit ihm ab: Er soll in derselben Nacht über den Kirchhof in die Dorfkirche gehen in das Chorgewölbe, in welchem am Tage vor der Beerdigung die Toten des Kirchspiels aufgebahrt werden und wo auch in dieser Nacht ein Sarg mit einem Toten steht. Als Zeichen seiner Anwesenheit soll er einen Nagel in den Sarg schlagen. Der Furchtlose macht sich auf den Weg; je näher er aber seinem Ziele kommt, desto mehr steigt die Angst in ihm. Zitternd tastet er sich in der Dunkelheit über den Friedhof, durch die Kirche, bis er vor dem Sarg steht. Schon halb wieder abgewandt, schlägt er eilig mit zitternden Händen den Nagel in das Holz desselben. Dann treibt es ihn fort von dem Ort des Schreckens. Wie er sich aber zum Gehen anschicken will, da gewahrt er zu seinem Schrecken, daß ihn von hinten jemand festhält. – Seine Freunde warten Stunde auf Stunde vergeblich auf seine Rückkehr. Schließlich machen sie sich auf den Weg, ihn zu suchen. Sie finden ihn leblos neben dem Sarg liegen. Der Saum seines Rockschoßes ist am Sarg festgenagelt.

 


 


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