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18. Königin Dagmar.

1205.

Dies Volkslied, noch jetzt in Dänemark gesungen, hat man in Handschriften aus dem sechzehnten Jahrhundert.

Ein Segel sah ich im Sunde fahren,
Herrn Strange meint' ich im Schiff zu gewahren.

Der König und Strange saßen an Bord
Und plauderten manch vertrauliches Wort.

»Höre, du, Strange, das sage ich dir,
Freien sollst du ein Fräulein mir.

Du sollst nun segeln nach Bejernland,
Eine Braut mir werben mit Wort und Hand.«

Die Worte Stranges da waren:
»Dann kann ich allein doch nicht fahren.

Soll ich für euch nun frei'n,
Dann kann ich nicht segeln allein.«

»Nimm denn Herrn Limbäk von Agershaus,
Dazu Olaf Lykke den Kecken wähl' aus.

Nimm mit auch den reichen Herrn Peder Glob,
Der stets singt des Mets und des Weines Lob;

Den Bischof von Seeland, einen Mann so fromm,
Und dann Herrn Albert von Eskeholm.

Der weiß seine Worte zu fügen –
Die werden dir wohl nun genügen.«

»Zwölf Ritter laßt Ihr wohl mit mir reisen,
Und zwölf Satz Kleider mir ferner zuweisen.

Himmelblau müssen die Wämser sein,
Die Koller alle von Seide fein;

Die Aermel alle von Wiesenwolle
Und die Kragen von gesponnenem Golde.«

Strange geht hinunter zum Strand,
Ihm folgt König Waldemar mit manchem Mann.

Die Segel sind Seide, vergüldet die Rah',
Nach Bejern gings in zwei Monden da.

Sie werfen den Anker auf weißen Sand,
Strange, der tritt zuerst ans Land.

Sie hüllen im Schloß sich ins Festgewand.
Und gehn dann zum König von Bejernland.

»Heil sei euch, König, so hier wie dort,
Euch sandte der König von Dänemark sein Wort.

Er sendet euch Wort und gute Gaben,
Er will eure Tochter zur Königin haben.«

»Nur eine Tochter nenn' ich mein,
Und die soll einen Reicheren frei'n.«

»Was ist's, daß Ihr einen Reichern begehrt,
Als den, dem ganz Dänemark angehört?

Mein Herr hat von Fischen voll einen Teich,
Der weit mehr zins't als des Bejernkönigs Reich.

Mein Herr hat von Fischen einen See so voll,
Daß Bejernland nicht bringt so großen Zoll.«

Der Bejer berät mit der Königin sein:
»Der Dänenkönig freit um die Tochter dein.«

»Will der König von Dänemark unsre Tochter haben,
Dann gieb sie ihm doch mit reichen Gaben.«

Mit rotem Gold ward Jungfrau Dagmar geziert,
Und alsdann ward sie in den Saal geführt.

»Höret, Herr Strange, Ihr Ritter so fein,
Spielt Schach nun mit meinem Töchterlein!«

Das Brett war von Golde so lauter und rein,
Er spielte mit der Jungfrau allein.

»Was ich frage, Herr Strange, das saget mir:
Ist der König von Dänemark so schön wie Ihr?«

Herr Strange thät in die Wolken sehn:
»Er ist weit schöner als meiner zehn.«

Herr Strange blickt auf zur Sonne alsdann:
»Meiner zwölf auch reichten an ihn nicht hinan.«

Das Spiel auf dem goldenen Brett begann:
Herr Strange die Jungfrau für König Waldemar gewann.

Alsbald ward Seide auf den Weg gebreitet
Und Dagmar zum Strande hinunter geleitet.

Dann hißten sie Segel am goldenen Mast,
Zwei Monde nach Dänemark fahrend ohn' Rast.

Und da kam Dagmar segelnd ans Land,
König Waldemar ritt auf dem Ufersand.

»Sagt mir doch, Strange, bevor ich lande,
Wer ist der Einaug', der reit't auf dem Sande?«

»Mein gnädiges Fräulein, so redet nicht itzt,
Das ist der König, der ganz Dänemark besitzt.«

»Strange, so logst du! Schimpf mög' es dir sein!
Ein Auge nur hat der König dein!«

»Mein gnädiges Fräulein, Ihr solltet euch freuen,
Daß Ihr ihn erkiest, sollt Ihr nimmer bereuen!«

Der König umfing sie und schloß sie ans Herz
Und gab ihr die Krone von Güldenerz.

Dagmar warf da ihren Handschuh zur Erden:
»Von Herzen gut will ganz Dänemark ich werden!

Doch soll ich nun Dänemarks Königin heißen,
Gebt frei die Gefangenen all aus den Eisen.

Soll ich den Namen der Königin Dänemarks tragen,
Dann darf weder Arm noch Reich sich beklagen.«

Eh' Dagmar betrat das dänische Land,
Kam jeder Gefang'ne aus Kett' und Band.

Die Hochzeit beging man in Freuden also,
Und die Dänen allsamt waren glücklich und froh.


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