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XX. Das Gunnarslied.

Offenbar das Bruchstück einer größeren Ballade, wurde dies anmutige Gedichtchen, noch im Volksmunde lebendig, auf der färöischen Insel Syderö aufgefunden und darnach niedergeschrieben. Der Stoff ist der altisländischen Njalssaga entlehnt.

Gunnar, der Kämpe, schoß, da sprang
Ihm an seinem Bogen der Strang.

»Halgerd, zeige nun, ob ich dir lieb:
Schnell deines Haars eine Locke mir gieb!«

»Sage mir, warum ich missen sollt'
Haar meines Haupt's, das so lang und gold?

Wozu du's willst, erst sage das mir,
War's doch mir immer die größte Zier!«

»Feinde folgen; zu ihrem Empfang
Gieb mir's, sonst wird es mein Untergang!

Gieb mir zur Bogensehne dein Haar,
Wachsend nahet sich schon die Gefahr!«

»Nun denn, nach allem, was mir widerfuhr,
Flehst du umsonst um ein Löckchen nur.

Noch nicht hab' ich's verschmerzt genug,
Wie deine Hand auf die Wange mich schlug.«

»Halgerd, so soll man durch alle Lande
Lang' des gedenken zu deiner Schande!«

Bitterlich weinet die Mutter: »Mein Haar,
Nimm's doch und rette dich aus der Gefahr!«

»Niemals! Eh' falle dem Feinde mein Haupt,
Ehe man dich eines Härchens beraubt!«


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