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IX. Die Giftmischerin.

Der Söhne drei hatte Frau Gunnhild,
Sie war ihnen allen wenig mild.

Sie mochte keinen vor Augen sehn
Und schwur, sie müßten untergehn.

Da rief sie eine von ihren Frau'n:
»Verstehst du's, giftigen Trank zu brau'n?«

»Ich kann's und thu es gern für Lohn;
Ich übt' es sieben Winter schon.«

Auf grub sie giftige Würmelein
Und mischte dann sie in den Wein.

»Trink' du, mein Sohn, den Labetrank,
Du wirst mir's sicher wissen Dank!«

»Trink' du vom Horn, o Mutter, zuerst,
Ich meine, daß du durst'ger wärst.«

»Ich darf nicht trinken, ob ich's mag,
Heut' ist es für mich Fastentag.«

Blaß ward vor Ärger sie und Zorn,
Doch leerte sie zuletzt das Horn.

Auf schrie sie unter Qualen jetzt,
Als ihr der Trank die Zunge genetzt.

Und als er floß wie glühend Erz
Die Adern durch, zersprang ihr Herz.

»Verzeih dir's Gott, o Mutter mein,
Mir mischtest du den gift'gen Wein!«


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