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XII. Logi von Vallarhlid.

Im Schlosse waltet das Fräulein
Und ist noch zu gewinnen:
Runen vermag sie zu lesen
Und Seide kann sie spinnen.

Im Schlosse waltet das Fräulein,
Reizend wie Lilien und Rosen:
Zween Ritter um sie werben,
Wen von ihnen sie mag erlosen.

Vilhjalm hat sie gewonnen
Und Logi faßt sich kaum,
Der um sie klagt und trauert,
Wie der Vogel im Blütenbaum.

Vilhjalm hat sie gewonnen,
Sie, die an Schönheit reich,
Logi verlor sie und trauert nun
Wie der Vogel im Blütenzweig.

Und da es nun so gekommen,
Nicht konnte Logi sich fassen,
Und er schwor darauf, daß Vilhjalm
Sein Leben sollte lassen.

Heim ritt Logi nach Vallarhlid,
So rasch er mochte jagen,
Nicht wollt' er an Speis' und nicht an Trank
Sich diesen Abend laben.

Das Wort nimmt da sein Mütterlein:
»Was mag dein Herz beschweren,
Als wenn dich Krankheit befallen,
Dir Freunde gefallen wären?«

»Eh' hätt' ich wollen verlieren
Die besten Freunde im Land,
Als die Geliebte sehen
Gegeben in Vilhjalms Hand.«

»Das höre, mein Sohn: nicht kürze
Dein Leben der Liebe Qual!
Im fernen Land will ich suchen
Für dich ein Eh'gemahl.«

»Durchspähete man auch Dänemark
Und jeglich ander Gelände,
Nirgends, nirgends unter der Sonn'
Ein wonniger Weib man fände!«

»Das höre, mein Sohn, und halte
Den Rat der Mutter wert:
Wohl thut es nicht, zu begehren,
Was anderem gehört!«

Gehalten war die Hochzeit,
Gehalten mit Lust und Prangen,
Und war also dem Paare
Ein Monat wohl vergangen.

Es war in einer Winternacht,
Wie ich zu berichten nicht säume:
»Hör' es, mein junger Vilhjalm,
Deute mir meine Träume!«

»Höre nur, meine Adalist:
Schlafe, nicht wird es dich reuen,
Das ist ja Mannes Sache nicht,
Weiberträume zu deuten.«

»Höre doch an meinen ersten Traum:
Hüte dich bei Zeiten,
Es rannte dich ein Eisbär an –
Es wird dir Schmerz bereiten.

Du sprachest Worte zu ihm so sanft,
Er entgegnet' mit grobem Wust
Und hieb mit der schweren Tatze
Alsdann dir auf die Brust!

Nimm ein Geleit von Knappen mit,
Sorge quält mein Herz!
Ein Schwert mußt du stets tragen
Und panzern dich mit Erz.«

Draußen stand Herr Logi,
Sehr lang ward ihm die Zeit:
Indessen legte der Burggraf an
Sein allerfestlichstes Kleid.

Draußen stand Logi von Vallarhlid,
Der nicht sich's verdrießen läßt,
Indes der reiche Burggraf
Sich schmückt zu frohem Fest.

Hinaus dann zog Herr Vilhjalm,
Geschmückt mit seidnem Gewand,
Da rannt' ihn an Herr Logi,
Und er fiel vor dessen Hand.

»Fahr' wohl, fahr' wohl nun, Vilhjalm,
Das war ein erwünschter Schluß,
Daß ich dir so nun lohnen kann
Gar manchen heimlichen Kuß!«

Erschlug er ihn mit scharfem Schwert,
Das brachte großes Leid,
Betrauern mußt' es Frau Adalist
Die ganze Lebenszeit .....

Frau Adalist ging zur Kirche
Mit ihrem Ringlein rot,
Und als sie kam zum Kirchensteg,
Fand sie Herrn Vilhjalm tot.

Sie warf sich über die Leiche
Und thät sie mit Küssen bedecken
Und war aus ihrem wilden Schmerz
Kaum wieder zu erwecken.

Und das war Logi von Vallarhlid,
Beredt thät er sie grüßen:
»Für den Burggrafen mögt Ihr, reiche Frau,
Jetzt wieder mich erkiesen.«

»Schweiget doch, schweiget doch, rascher Herr,
Und waget nicht so zu sprechen,
Denn jener ist nicht ferne,
Der dies vollauf wird rächen!«

Ein stecket er sein scharfes Schwert,
Da rings er keinen sieht,
Und wohlgemut reitet Logi
Dann heim nach Vallarhlid.

»Was ist dein Schwert so blutig?«
Seine Mutter da ihn frug,
»Gegen wen bist du geritten
Auf diesem Kriegeszug?«

Der Mutter gab Antwort Logi,
Der sich nicht lange besann:
»Den Burggrafen hab ich erschlagen,
Der Adalist gewann!«

Mit bittern Thränen hub an allda
Sein Schwesterlein zu sprechen:
»Verborgen, verborgen ist jener noch,
Der diese That wird rächen.«

»Höre doch, meine Schwester,
Laß das dich nicht betrüben:
Sie hat ja weder Tochter noch Sohn,
Um Rache an mir zu üben!«

Sangen wohl fünfhundert Mann
Ueber Vilhjalms Totenbahr':
»Nun seh' ich,« spricht die Wittib,
»Wie mein Traum geworden wahr!«

Neun Monde auf ihrem Schlosse
Die edele Fraue saß,
Als sie zur rechten Stunde
Eines holden Knäbleins genaß.

Das Kind ward hingetragen,
Zur Kirchen, wie mans pflegt,
Und ihm des Vaters Name
Als Erbteil beigelegt.

Dann wuchs er auf im Schlosse
Beim lieben Mütterlein,
Da hüteten sein die Zofen
Gleich einem Heiligenschrein.

Einst zog der junge Vilhjalm hinaus
Mit seinen Spielgenossen,
Da hat er seine Gesellen gereizt,
Was alle baß verdrossen.

Sprach da der Gespielen ältester
Und trat hervor aus der Reih':
»Erst räche deines Vaters Mord,
Eh' das gestattet dir sei!«

Und das war der junge Vilhjalm,
Er wurde so bleich um's Kinn,
Er zog auf's Schloß, nach dem Spiele
Stand hinfür nicht mehr sein Sinn.

»Höre das nun, meine Mutter,
Und dieses sag' ich dir:
Wer hat mir den Vater erschlagen?
Verbirg es nicht länger mir!«

»Erst lerne, was zu lernen
An schießen und schwimmen und reiten ist,
Dann will ich dir es künden,
Nach dreier Winter Frist.«

Und Vilhjalm sprach zur Mutter,
Also sprach zu ihr der Sohn:
»Es wächst dem jungen Eber
Der Zahn bei Zeiten schon.«

Adalist trat zur Truhe,
Bleich und ernst war sie,
Hervor holt sie ein blutig Wams
Und legt's auf des Sohnes Knie.

»Ich sprach noch nie ein wahrer Wort,
Hör's, was dein Mund mich frug:
Logi war es von Vallarhlid,
Der deinen Vater erschlug.«

Zum mütterlichen Ohme
Sprach Vilhjalm: »Rat ist mir wert:
Was hat wohl der zu beginnen,
Welcher Sühne begehrt?«

»Das höre, das ist zunächst mein Rat
Und das ist mein Entscheid:
Lade zum Thinge die Mannen all
In den Landen weit und breit.«

Da ließ er Boten senden
Bei Tage so wie bei Nacht;
Herrn Loga die Ladung zu senden,
War er zumal bedacht.

Sprach da Herr Logi von Vallarhlid,
Von der Sauhatz thät er just kehren:
»Wer mag wohl aufs Thing mich laden?
Von wem wohl kommt das Begehren?«

Die Schwester, erblühend wie Rosen,
Hub an allda zu sprechen:
»Sie erzog einen Sohn wohl heimlich,
Den Tod des Gatten zu rächen.«

Und so ließ er sich Schild und Wehr
Und Helm und Brünne geben,
Und so ritt Logi von Vallarhlid,
Daß die Erde schien zu beben.

Zum Oheim sprach jung Vilhjalm:
»Saget mir, wenn Ihr's wollt:
Wer ist der große Ritter doch
Dort mit dem Helm von Gold?«

»Ich sprach noch nie ein wahrer Wort:
Der, welchen dein Mund erfrug,
Logi ist es von Vallarhlid,
Der deinen Vater erschlug.«

Da nahm das Wort Herr Logi
Und sprach so stolz und kühn:
»Wer ist es, um den mein Schlachtroß
Sich mußte herbemühn?«

»Für des Vaters Mord nur geringe
Sühne ich wohl genoß,
Wenn auch um meinetwillen
Sich müde ging dein Roß.«

»Vernimm denn, Vilhjalm Vilhjalmsohn,
Ich gehör' zu des Königs Magen,
Bin mächtig – deinen Schaden
Mußt ohne Sühne du tragen.«

Das war der junge Vilhjalm,
Sein Schwert aus der Scheiden er zog,
Herrn Loga das Haupt vom Rumpfe
Beim ersten Hiebe schon flog.

Und das war der junge Vilhjalm,
Dem Oheim zur rechten Seiten
Thät er nun ruhig vom Thinge
Wiederum heimwärts reiten.

»Höre nun, meine Mutter,
Mutter, höre mich an:
Ich erschlug Herrn Loga von Vallarhlid,
Der dir schwer Leides gethan!«

»Wenn's wahr ist, was du redest –
Im ganzen Dänenreich,
Vilhjalm, weiß ich keinen Ritter,
Der jetzt dir käme gleich!«


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