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4. Elfenhöh.

Nach einer Handschrift des sechzehnten Jahrh.
Lebt noch im Volksmunde.

Ich war so ein armes junges Blut
Und sollte zu freien ausreiten,
So ritt ich denn hin in den Rosenhain,
Da Rast mir zu bereiten.
– Wo ich sie zuerst gesehen.

Ich legte mein Haupt auf die Elfenhöh',
Vom Schlummer bald lind umfangen,
Da kamen, mit mir zu kosen fein,
Drei Jungfräulein gegangen.

Die eine streichelte mir die Wang',
Die andere leise mir flüstert':
»Wacht auf, mein holdes junges Blut,
Wenn's euch zu tanzen lüstert.

Steht auf, mein holdes junges Blut,
Zum Tanze mit mir zu kommen,
Meine Jungfrau soll euch singen ein Lied,
Das schönste, so je Ihr vernommen.«

Da haben sie einen goldenen Stuhl
Für die Jungfrau hergetragen,
Doch als Wahrheit muß ich vermelden,
Mir wollt' es nur wenig behagen.

Sie begann und hub nun ein Liedlein an,
Das ergriff mir alle Sinnen:
Die wilden Ströme wurden still,
Die sonst gewohnt zu rinnen.

Die wilden Ströme wurden still,
Die sonst gewohnt zu rinnen,
Selbst das kleinste Fischlein der salzen Flut,
Das hemmte seine Finnen.

Auch das kleinste Fischlein der salzen Flut,
Das hemmte seine Finnen,
Und die wilden Tiere im Walde zumal
Vergaßen ihre Sprünge zu springen.

Die wildesten Tiere im Walde zumal
Vergaßen ihre Sprünge zu springen,
Die Vögelein auf den Zweigen all'
Vergaßen allganz ihr Singen.

Die Elfen tanzten aus und ein
Mit dem Liebsten jede dahin,
Ich aber, ich armes junges Blut,
Ich saß, die Hand unterm Kinn.

»Und höre, willst du bleiben bei uns,
Du holdester der Knaben,
Dann woll'n wir dich lehren Runenwerfen
Und wollen gar lieb dich haben.

Wir wollen dich lehren erlegen
Den Eber gleichwie den Aar,
Vor dir soll der Drach mit dem vielen Gold
Aus dem Land entweichen gar.«

Und sie tanzten aus und sie tanzten ein
Im webenden Elfenreih'n,
Und ich, mich stützend auf mein Schwert,
Schweigend blickt' ich drein.

»Höre das, du schmuckes junges Blut,
Bist du nicht uns zu Willen,
Dann sollen dir Schwert und Messer scharf
Des Herzens Unruh stillen.«

Da kam noch eine Jungfrau herein
Mit silbernem Krug in Händen,
Des Trankes verschüttete sie einen Teil –
Sie thät mich gar wohl erkennen.

»Das höre, mein liebstes Schwesterlein,
Du wirst mich nicht wollen bethören:
Sprich, soll ich mit dir trinken heut'?
Sag' an, o laß dich beschwören!«

– »Setz' das Trinkhorn an den Mund, doch den Met
Laß am Halse herunter rinnen –
Es ist so widerwärtig zu sein
Bei den Elfen im Berge drinnen.«

Und ich setzte das Horn an den Mund, der Met
Ist über die Brust mir geronnen,
Die Elfen aber jubelten schon
Und wähnten mich ihnen gewonnen.

»Nun höre du noch, lieb Schwesterlein,
willst du nicht mit mir fortreiten?
Von den Elfen will ich entführen dich
Und wär's in die fernsten Weiten.«

– »Und führtest du mich von hinnen so weit,
Wär's bis an der Welten Ende:
Ich müßte doch wieder hierher zurück,
Eh' die Sonn' aus dem Meer erstände.«

Hätte Gott mir's nicht so wohl gefügt,
Daß der Hahn schlug mit den Flügeln,
Wär' ich dennoch zu den Elfen hinein
Gekommen in den Hügel.

Drum rat' ich jeglichem Burschen gut,
Der zum Walde will reiten wieder,
Er reite nimmer zur Elfenhöh'
Und lege zum Schlaf sich da nieder.

Ja, ich rate jeglichem Burschen gut,
Der zu frei'n sich will unterfangen,
Er raste nicht an der Elfenhöh, –
Mir wär' es fast übel ergangen.
– Wo ich sie zuerst gesehen.


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