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Sechzehntes Kapitel.

Rückkehr nach England.


Der Rest der Reise lief ohne weiteres Abenteuer ab, und endlich hatten sie Rußlands Grenzen überschritten. Sie besuchten den Onkel der Fürstin, der als Pole durchaus nicht bedauerte, daß seine Nichte dem Ehebunde mit einem Russen entwischt war. Er hieß O'Donahue als Verwandten herzlich willkommen und bot seinen ganzen Einfluß bei Hofe auf, um den Kaiser zu beschwichtigen.

In Petersburg wurde die Sache bald ruchbar, da die Fürstin nicht an den Hof zurückkehrte, und Seine Majestät geriet über die Hinterlist, mit der er behandelt worden, sehr in Zorn; die Fürsprache der Kaiserin jedoch, die Vorstellungen des englischen Gesandten, der sich angelegentlichst für O'Donahue verwendete, die anderweitig in Bewegung gesetzten Triebräder und vor allem O'Donahues Brief, in welchem der Kaiser auf seine eigene, freilich nicht absichtlich gegebene Zustimmung verwiesen wurde und der Bittsteller seinen Wunsch, in russische Dienste zu treten, aussprach – übten endlich die gewünschte Wirkung, und zwei Monate nachher ließ die Kaiserin den Flüchtlingen brieflich melden, daß sie begnadigt seien und wieder zurückkehren könnten. O'Donahue war der Meinung, man müsse diese günstige Wendung der Dinge benützen und wieder nach Petersburg reisen; M'Shane hatte jedoch lange genug den Bedienten gespielt und kündigte jetzt seine Absicht an, wieder nach London zu ziehen, worin ihm sein Freund natürlich kein Hindernis in den Weg legte, da er ihn nicht länger von seiner Gattin getrennt haben wollte.

Nun kam aber auch die Rede auf unsern kleinen Helden, der letzterzeit in unserer Erzählung Bedeutung gewonnen hatte. O'Donahue hätte ihn gerne bei sich behalten, wogegen übrigens M'Shane Einrede that.

»Ich will Dir sagen, O'Donahue, daß es nicht freundlich wäre, ihn hier zu behalten. Der Knabe ist zu gut, um als Page einer Dame die Schuhriemen zu lösen, und ich kann nicht mit ansehen, daß er in Diensten steht, wäre es auch bei einem so großen Mann, als Du jetzt bist. Außerdem wird es ihm wohl gefallen, wenn er sein Grab in einem fremden Lande finden und nie wieder nach dem alten England zurückkehren soll?«

»Was kann ihm aber besseres in England bevorstehen, M'Shane?«

»Verlassen Sie sich darauf, ich werde ihn wie einen Sohn behandeln, Major«, ergriff die Fürstin das Wort, welche jetzt M'Shanes wahre Stellung kannte.

»Ach, er bleibt eben ein Diener, gnädige Frau, und das ist keine Stellung – freilich, ich bitte um Verzeihung, ein Kaiser dürfte stolz darauf sein, in Ihren Diensten zu stehen – doch 's ist keine Stellung für den kleinen Joey.«

»Gieb mir die Versicherung, daß Du besser für ihn sorgen willst, M'Shane, und Du sollst ihn haben, andernfalls ist er mir aber zu lieb, als daß ich mich von ihm trennen möchte. Sein Benehmen während der Reise –«

»Ja, das ist's eben; sein Benehmen während der Reise, als sich die Wölfe in uns teilen wollten, ist der einzige große Grund meiner Einsprache. Ich lasse mir's nicht nehmen, er ist zu gut für einen Diener. Du fragst mich, was ich mit ihm vorhabe? Das ist jedoch nicht leicht zu beantworten, denn sehen Sie, gnädige Frau, es giebt eine gewisse Mrs. M'Shane, die auch darüber konsultiert werden muß. Ich meine aber, wenn ich ihr sage, was der Wahrheit so nahe liegt als nur irgend etwas in dieser Welt – daß nämlich ohne den Mut und die Thätigkeit des kleinen Joey ein gewisser Major jetzt von einem Wolfshaufen gefressen und verdaut wäre – je nun, ich denke dann, sintemalen Mrs. M'Shane und ich kinderlos sind, meines Wissens auch keine Aussicht auf Nachkommenschaft vorhanden ist, so dürfte sie wohl geneigt sein, auf meine Gedanken einzugehen und ihn als Sohn zu adoptieren. Freilich kann ich noch nichts mit Bestimmtheit sagen, ohne meine Frau zu hören, denn das Vermögen kommt von ihr her, und sie hat das Recht, nach Gutdünken darüber zu verfügen.«

»Das ändert allerdings die Sache, und ich will dem Vorteil des Knaben nicht im Wege stehen. Indes möchte ich doch gerne etwas für ihn thun.«

»Du hast schon etwas für ihn gethan, O'Donahue, indem Du ihn vom Hungertode rettetest, und wenn er Dir nützlich wurde, so hat er Dir nur eine frühere Wohlthat belohnt. Ihr seid also quitt mit einander. Aber es bleibt dabei, daß ich ihn mitnehme?«

»Ja«, antwortete O'Donahue. »Nach dem, was Du gesagt hast, kann ich meine Zustimmung nicht verweigern.«

Zwei Tage nach dieser Besprechung trennten sich die Freunde. O'Donahue kehrte mit seiner Gattin und Dimitri nach Petersburg zurück, während M'Shane, der sich mit einem geeigneten Passe versehen hatte, einen Eilwagen bestieg und in Begleitung des kleinen Joey den Heimweg nach England antrat.


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