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Zehntes Kapitel.

In welchem Major M'Shane einige possierliche Heiratsspekulationen erzählt.


Unser Held steckte bald in der Livree eines Groom und war förmlich als der vertraute Diener des Kapitän O'Donahue installiert, der den dritten Stock eines Hauses in einer fashionabeln Straße bewohnte. Er machte sich bald sehr brauchbar, und da der Kapitän zu Hause sein Frühstück einnahm, welches stets so reichlich bestellt war, daß für Joey wohl eine kleine Mahlzeit auf den Rest des Tages übrig blieb, so vermehrte er den Aufwand seines Gebieters nur wenig oder gar nicht.

Eines Morgens, als Kapitän O'Donahue eben im Schlafrocke beim Frühstücke saß, öffnete Joey die Thüre und kündigte den Major M'Shane an.

»Bist Du's wirklich, O'Donahue?« rief der Major, ihm seine Hand entgegenstreckend. »Und nun rate einmal, was mich an diesem schönen Morgen hierher führt? Eine bei mir ziemlich ungewöhnliche Sache, denn es handelt sich dabei um nicht mehr und nicht weniger als um Bezahlung der zwanzig Pfund, die Du mir vor drei Jahren liehest und die Du kaum je wieder zu sehen erwartetest.«

»Ei, M'Shane, offen gestanden, wenn ich mein Geld wieder kriege, so betrachte ich es so ziemlich wie wiederauferstanden«, versetzte O'Donahue; »denn ich gab's für tot und begraben und hatte es, wie es mit den Toten zu gehen pflegt, längst vergessen.«

»Gleichwohl hast Du's hier in vier Noten – eins, zwei, drei, vier: viermal fünf ist zwanzig. Das ist eine Arithmetik für Dich, und das Geld hast Du obendrein – daneben tausend Dank als Zinsen. Und nun, O'Donahue, wo bist Du gewesen, was hast Du getrieben, was machst Du, und was gedenkst Du anzufangen? Ich meine, das sei eine ziemlich umfassende und doch zugleich kurz gefaßte Frage.«

»Ich befinde mich seit einem Monat in London, habe nichts getrieben, thue nichts und weiß nicht, was ich anfangen soll. Da hast Du eine ebenso umfassende Antwort.«

»In betreff meiner sollst Du alles erfahren, ohne zuerst danach zu fragen. Ich halte mich bald zwei Jahre in London auf und habe das eine mit Freiwerben, das andere im Ehestand zugebracht.«

»Ei, Du willst damit doch nicht sagen, daß Du verheiratet bist? Nun, in diesem Falle darf ich Dir wohl Glück wünschen?«

»Je nun, ja, ich glaube, Du darfst es. 's ist nichts Dummes gerade um häusliches Glück, O'Donahue. Und überhaupt habe ich einen großen Teil meines Lebens nicht gewußt, wo ich mein Mittagessen holen soll, so daß ich glaube, ich habe sogar eine recht gute Wahl getroffen.«

»Und darf ich fragen, wer die Glückliche ist, welcher Major M'Shane seine schöne Person zu opfern sich herabließ?«

»Hältst Du sie wirklich für schön? Nun, ich bitte, keine Reflexionen, wie die häßliche Dame zum Spiegel sagte. Du wünschest zu wissen, wer sie ist? Je nun, so mußt Du Dir's gefallen lassen, alle meine Abenteuer seit der Zeit unserer Trennung anzuhören, denn sie bildet den Schlußstein dazu, und ich kann nicht rückwärts lesen.«

»Ich stehe zu Diensten, fange also an.«

»Laß mich sehen, wo war's denn, O'Donahue, daß wir uns zum letztenmale sahen?«

»Wenn ich mich recht erinnere, so war es, als wir zu – – landeten. Es hieß damals, Du seiest gefallen.«

»Sehr wahr, aber das war, mit Respekt zu melden, erlogen; der fette Sergeant Murphy war's, der an meiner Statt dran glauben mußte. Ein schrecklicher Kerl, jener Sergeant Murphy – hat sich absichtlich totschießen lassen, weil er nie aus seinem Unteroffiziersgrade herauskommen konnte. Nun, er focht wie ein Teufel; deshalb Friede mit ihm! Wie Du weißt, erhielt ich eine Kugel ins Dickbein, und da ich deshalb nicht mehr stehen konnte, so setzte ich mich auf Sergeant Murphys Leiche, verband mir den Fuß und stellte über sublunarische Angelegenheiten Betrachtungen an. Ich dachte mir, welch ein armer Schelm der Murphy gewesen war und wie er ohne Absolution hatte aus der Welt abfahren müssen. Dann kam mir's zu Sinne, es sei vielleicht möglich, daß er einiges Geld bei sich haben könne, und um wie viel besser es sein würde, wenn ich es an mich brächte, um mich in meiner Gefangenschaft damit zu trösten, als wenn es irgend einem schuftigen Franzmann zuteil würde. Ich steckte daher meine Hand in seine Tasche und borgte mir seine Börse, die inbetreff des Umfanges ebenso gemästet war, als er selbst. Da ihr nun sämtlich Reißaus genommen und mich zurückgelassen hattet, so wartete ich geduldig, bis die Franzosen kämen und mich nach dem Spitale, oder wohin es ihnen sonst beliebte, brächten. Sie ließen nicht lange auf sich warten, und einer der Kerle wollte mir sein Bajonett durch den Leib rennen; da ich jedoch meinen Pistolenhahn gespannt hatte, so zog er es vor, mich zum Gefangenen zu machen.

Ich wurde nach der Stadt gebracht – nicht in das Spital oder in ein Gefängnis, sondern ins Quartier zu einer alten Dame von hohem Range und großem Vermögen. Dann kam der Wundarzt und teilte mir gar höflich mit, daß er mir das Bein abnehmen müsse, worauf ich ebenso höflich erwiderte, er solle sich zum Teufel packen. Die alte Dame kam auch herein, und als sie sah, welch ein schönes Bein es war, ergriff sie meine Partei und schickte auf ihre Kosten nach einem andern Doktor, welcher das Versprechen gab, mir in weniger als einem Monat wieder auf die Strümpfe zu helfen. Nun, die alte Dame verliebte sich in mich, und obgleich sie nicht ganz ein Fressen für einen jungen Kerl war, wie man zu sagen pflegt (denn es steckte ihr nur noch ein Zahn im Kiefer, der um einen halben Zoll über die Oberlippe heraus ragte), so besaß sie doch noch andere Reize, die einem armen Teufel, wie ich war, wohl anstehen konnten. Ich entschloß mich daher, sie zu heiraten, denn sie behandelte mich, als ich im Bette lag, mit grausam viel Liebe, und eh' ich noch aufstehen konnte, war die Sache abgemacht. Eine Woche später sollte die Hochzeit sein. Ihre Verwandten kriegten jedoch Wind davon, denn die alte Närrin konnte das Plappern nicht unterlassen, und so kam eines Tages eine Abteilung Soldaten, einen Korporal an ihrer Spitze, der mir mitteilte, ich sei nun wieder ganz wohl und müsse daher, wenn's mir nicht darauf ankomme, ins Gefängnis spazieren. Dies war mir natürlich nichts weniger als angenehm und ganz gegen die Regel. Als Offizier hatte ich das Recht, auf Ehrenwort freien Fuß zu verlangen, weshalb ich an den Kommandanten schrieb. Dieser ließ mich rufen und stellte mir's frei, ob ich die alte Dame, deren Freunde sehr einflußreich seien und einen solchen Narrenstreich nicht zugeben würden (beiläufig bemerkt, eine etwas anzügliche Äußerung, die einem Gentleman in meiner Lage gegenüber sehr unschön war), aufgeben und auf Ehrenwort freigelassen werden oder statt dessen ins Gefängnis spazieren wolle. Er gestattete mir eine Stunde Bedenkzeit, machte mir dann eine tiefe Verbeugung und verließ mich. Ich erwog mir die Sache hin und her, indem ich bald an ihre Börse, an ihre Equipage und ihre Dublonen dachte, bald mir ihren einzigen, schrecklichen Hauer zu Gemüte führte, als mit einemmale einer ihrer Verwandten herein kam und mir sagte, er habe mir einen Vorschlag zu machen: ich solle nämlich ohne alle Bedingungen freigelassen und nach Gibraltar geschickt werden, dazu auch noch eine schöne Summe Geldes erhalten, um meine Fahrt zu bezahlen, wenn ich das Versprechen gebe, meinen Ansprüchen auf die alte Dame ein für allemal zu entsagen. Dies behagte mir nicht übel. Ich nahm das Geld, verabschiedete mich und schiffte mich in einem kleinen Schiffe nach Gibraltar ein. Du siehst also, O'Donahue, daß das Ding am Ende nicht so schlimm ausgefallen ist, da ich nur ein altes Weib mit einem langen Zahn verlor und meine Freiheit wieder gewann.«

»Nun ja, ich gestehe, daß Du Dich mit Ehren aus dem Handel gezogen hast.«

»Und mit Geld, was genau ebenso gut ist. Sobald ich wieder auf englischem Gebiete angelangt und meine Identität bewiesen hatte, wurde ich wieder in den früheren Stand gesetzt und kriegte alle meine Rückstände nachbezahlt. Mit Sergeant Murphys Börse, den französischen Subsidien und meinem rückständigen Solde war ich wieder ganz flott; ich nahm mir daher vor, umsichtig zu handeln und mein Heu einzubringen, so lange das Wetter gut war, wäre aber demungeachtet beinahe durch einen schlauen Teufel von einer Witwe in eine Falle geraten. Noch zwei Tage, und ich hätte in einer hübschen Patsche gesteckt.«

»Wie, in Deinem Alter, M'Shane?«

»Papperlapap! aber sie war pfiffig – eine Witwe, bewohnte den ersten Stock, sah hübsch, kräftig aus, ein prächtiger Arm, und ungefähr dreißig Jahre alt – traf mit ihr auf einer Lustpartie zusammen – wurde mir als ohne Anhang und wohlhabend bezeichnet – machte mich an sie – begleitete sie nach Hause – bat um die Erlaubnis, sie besuchen zu dürfen, was in Gnaden gewährt wurde – sie sprach von ihrem seligen Mann und meinte, er habe mir geglichen – Alles hatte ein komfortables Ansehen – schönes Silberzeug – prächtiges Ameublement – ich machte ihr den Hof – erhielt Billets von ihr durch einen kleinen Jungen in Himmelblau mit silbernen Zuckerhutknöpfen – sie ließ mich alle ihre Angelegenheiten besorgen – und ich mußte alle Wochen zu ihrem Bankier gehen, um eine Anweisung einzukassieren. Wer hätte da die Teufelei riechen können? Sie ließ mich alle Wochen fünfundzwanzig Pfund holen, und später erfuhr ich, daß sie je von vierzehn zu vierzehn Tagen fünfzig Pfund einzahlte und im ganzen nichts als die gedachten fünfzig Pfund besaß. Wurde ich da nicht himmelschreiend an der Nase herumgeführt? Ich machte ihr Anträge, sie wurden angenommen – Alles ins reine gebracht – und wir hörten auf, von dem Hingeschiedenen zu sprechen. Eines Abends, nur zwei Tage vor der anberaumten Hochzeit, fand ich die Hausthüre offen und hörte, daß es auf der Flur oben zwischen ihr und ihrer Hauswirtin Lärm gab, weshalb ich unten wartete. Die Hausfrau wollte ihre Miete und zugleich auch all ihr Silberzeug zurück haben – meine bezaubernde Wirtin bat sie noch um kurze Frist, da sie sich zu verheiraten gedenke. Die erstere kam die Treppe herunter, so rot wie ein Truthahn – ich bat sie höflich um eine kurze Unterredung, legte ihr einige Fragen vor und machte nun die Entdeckung, daß meine Zukünftige Witwe war, von einer achtzig Pfund betragenden jährlichen Pension lebte und sechs Kinder hatte, welche sie beiseite geschafft, bis ihr ein anderer Besitzer in den Wurf gekommen wäre. Jedenfalls, dachte ich, heißt dieser nicht Major M'Shane, weshalb ich zur Thüre hinaus ging, und seitdem habe ich sie mit keinem Auge mehr gesehen.«

»Beim Haupte des heiligen Patrik, das nenne ich ein glückliches Entkommen!«

»Ja, in der That – dieser Teufelsbraten mit sechs Kindern und achtzig Pfund jährlich! 's ist eine heillose Welt, O'Donahue. Nun, ich hielt mich von derartiger abgelagerter Ware zurück und spähte jetzt nur noch nach jungen, unschuldigen Geschöpfen in der Stadt. Endlich entdeckte ich die einzige Tochter eines deutschen Zuckerbäckers in Minories, ein siebzehnjähriges Ding und sehr klein für ihr Alter. Sie ging in eine Tanzschule, und ich brachte ihre Dienerin durch Bestechung so weit, daß sie mir den Handel glücklich durchführen half und des Zuckerbäckers Töchterlein einwilligte, mit mir davon zu laufen. Alles war schon bereit, die Postchaise stand an der Straßenecke, das Mädchen kam mit ihrem Bündel in der Hand heraus. Ich warf ihn in den Wagen und wollte sie eben nachschieben, als sie ausrief, daß sie etwas vergessen habe und wieder zurückgehen müsse. Sie glitschte mir durch die Finger, und ich wartete höchst ungeduldig auf ihre Rückkehr. Endlich sah ich sie kommen, und was meinst Du wohl, weshalb sie zurückgegangen war? Bei der Allmacht, wegen ihrer Puppe, die sie in dem Arme trug! und wie sie bei der Chaise anlangte, kam leibhaftig ihr Vater von Mincing-Lane her. Er packte meine winzige Miß samt Puppe und Bündel am Arme, jagte sie wieder nach Hause und ließ mich neben meiner Postchaise stehen, um Maulaffen feil zu haben. Ich habe später weder sie noch ihre verwünschte Puppe wieder ansehen können.«

»Du hast wenig Glück gehabt, Freund M'Shane.«

»Wüßte doch nicht, denn vielleicht wär's schlimm genug ausgegangen. Nun kommt ein anderes Abenteuer, in welchem ich den Stiel umkehrte. Ich traf mit einem sehr hübschen Mädchen, der Tochter eines Advokaten in Chancery-Lane zusammen, der man nachsagte, sie besitze von ihrer Großmutter ein unabhängiges Vermögen; auch verhielt es sich so, denn ich rückte einen Schilling daran, das Testament in Doktors Commons zu lesen. Sie lachte stets und war voll Mutwillen. Die Hexe that so, als sähe sie meine Bewerbungen nicht ungerne, und willigte zuletzt ein, mit mir davon zu laufen. Ich meinte, als ich sie in einer dunkeln Nacht weinend und in einen Mantel gehüllt in eine Chaise hob, die Sache wäre endlich im reinen. Sobald ich sie drinnen hatte, ging es fort, als ob der Teufel hinter uns her wäre. Ich schmeichelte ihr, beruhigte sie, versprach ihr, sie glücklich zu machen – aber noch immer bedeckte sie die Augen mit ihrem Tuche und wollte mir durchaus keinen Kuß erlauben; auch stieß sie mich zurück, als ich meinen Arm um sie schlingen wollte. Ich schrieb dies der besonderen Scham und der Bescheidenheit zu, die jedes Frauenzimmer fühlt, wenn sie unrecht thut. Endlich, als wir ungefähr fünfzehn Meilen von der Stadt entfernt waren, vernahm ich ein schallendes Gelächter und die Worte: ›Ich dächte, wir sind jetzt weit genug, Major M'Shane‹. Bei allen Heiligen im Kalender, es war der Galgenstrick von ihrem Bruder, der ihren Platz eingenommen hatte! ›Mein junges Herrlein‹, sagte ich, ›ich denke, Sie sind nicht nur weit genug, sondern vielleicht auch, wie ich Ihnen beweisen werde, ein bischen zu weit gegangen‹. Wütend vor Ärger faßte ich ihn, hämmerte ihn zu Brei zusammen, schlug ihm das Nasenbein ein, zerbläute ihm die Augen, stieß ihm die Hälfte seiner Zähne in den Rachen hinunter, und als ich ihn halb tot geprügelt hatte, stieß ich den Kutschenschlag klirrend auf und warf ihn auf Geratewohl in die Straße, ohne mich darum zu kümmern, ob das Glücksrad oder andere Räder ihn mit ihrer Aufmerksamkeit bedächten. Ohne Zweifel ging er nach Hause und erzählte seiner Schwester, welch ein Kapitalspaß das gewesen sei; indes bürge ich dafür, daß das junge Herrlein seitdem nie wieder mit einem Irländer davon gelaufen ist, obgleich ich nichts mehr weder von ihm noch von seiner liebenswürdigen Schwester hörte.«

»Aber nun einmal zum Ende, M'Shane!«

»Kurmacherei ist eine gar kostspielige Sache, namentlich wenn man Postchaisen für nichts und wieder nichts zu bestellen hat, und mein Geld gingen hübsch auf die Neige. Ich sagte daher zu mir: ›M'Shane, Du mußt Dich einschränken‹. Ich nahm mir vor, nicht mehr im Kaffeehaus, sondern in einer gewöhnlichen Speiseanstalt zu dinieren. Ich machte die Probe mit einem Hause in Holborn, wo ich für ein hübsches Stück Fleisch mit Kartoffeln und eine artige Portion Pflaumenpudding einen Schilling sechs Pence zahlte, und ich sage Dir, in meinem Leben hat mir nie etwas besser geschmeckt. Ich ging deshalb wieder hin und wurde ein regelmäßiger Kunde. Die aufwartenden Mädchen lachten mit mir, und die Dame, welche der Anstalt vorstand, benahm sich sehr gnädig gegen mich. Nun war sie eine hübsch aussehende, nur etwas zu beleibte Frau; auch hatte sie, namentlich wenn sie das Fleisch zerlegte, ein gar liebenswürdiges Wesen an sich. Ich fand in ihr eine sehr würdige Person, die so einfach wie ein Kind war, obgleich sie ihren Kunden scharf auf die Finger sah. Es war und ist noch gegenwärtig ein sehr blühendes Etablissement, in welchem täglich fast zweihundert Personen speisen. Da ich nun zu allen Zeiten gut aufgenommen wurde, so legte ich ihr eines Tages – sie tranchierte eben eine Beefsteakpastete, deren Duft einen König hätte verführen können – die Frage vor: ob sie nicht wieder heiraten möchte. Sie errötete und heftete ihre Augen auf das Loch, das sie eben in die Pastete gemacht hatte; dann bemerkte ich, wenn in meiner Brust ein Loch wäre, so groß wie das in der Pastete vor ihr, so würde sie in meinem Herzen ihr Bild schauen können. Diese schöne Metapher wirkte, und in einem Monat waren wir verheiratet; auch wird es mir mein Leben lang weder für mich selbst noch für einen Freund an Essen fehlen. Ich will Dich auf die Freiliste setzen, O'Donahue, wenn Du Dich zu einer Garküche herablassen magst. Indessen kann ich Dich versichern, daß ich sehr weise gehandelt zu haben glaube, denn ich brauche ja meine Frau nicht bei Hof vorzustellen und habe nun eine ganz behagliche Heimat.«

»Meiner Ansicht nach hast Du allerdings weise gehandelt, M'Shane – Du hast eine Frau, welche Geld verdient, statt einer, die es verthut.«

»Und außerdem habe ich gefunden, daß mein Handel weit besser war, als ich mir dachte, was in dieser Welt voll Trug und Hinterlist selten genug vorkommt. Sie hat Geld die Fülle und legt mit jedem Jahr noch mehr zurück.«

»Über das Du nach Gutdünken verfügen kannst – dies verstehst Du doch darunter?«

»Je nun, ja – jetzt kann ich das wohl sagen – aber O'Donahue, daran ist bloß meine Umsicht und meine Delikatesse schuld. Ich nahm mir gleich anfangs vor, den Glauben nicht aufkommen zu lassen, als ob ich bloß ihres Geldes bedurft hätte. Jedenfalls hatte ich nach meiner Verheiratung Kost, Logis und Wäsche frei, und im übrigen konnte ich mit meinem Halbsold gut ausreichen. So habe ich's auch seitdem immer gehalten, bis auf die letzte Zeit.

»Nachdem ich eine Woche verheiratet war, merkte ich wohl, daß sie erwartete, ich würde auch Fragen über den Zustand ihrer Finanzen stellen; das mochte ich aber nicht. Als sie endlich fand daß ich mit der Sprache nicht herausrücken wollte, so that sie es von selbst und sagte mir, daß sie siebzehntausend Pfund in den Konsols angelegt habe und daß das Geschäft jährlich tausend Pfund abwerfe (Du kannst lange in Cheltenham fischen, ehe Du einen solchen Zug thust). Ich entgegnete darauf, es freue mich recht sehr, sie in so guten Umständen zu wissen, und legte mich dann aufs Ohr. Endlich wollte es ihr doch gar nicht gefallen, daß ich mich nicht um ihre Angelegenheiten bekümmerte und nie Geld von ihr verlangte, weshalb sie mir es geradezu anbot; ich sagte aber, ich habe genug und brauche nichts. Seitdem hat sie's schwer verdrossen, daß ich von ihrem Vermögen gar keinen Gebrauch machen wollte, und als ich ihr diesen Morgen sagte, es sei ein Offizier, ein Kriegskamerad von mir, in der Stadt angekommen, dem ich seit langer Zeit einiges Geld schulde, so bestand sie darauf, daß ich von dem ihrigen nehmen solle, um meine Schuld zu bezahlen, indem sie mir zugleich eine Hand voll Banknoten hinreichte; auch war sie eigentlich ärgerlich darüber, als sie fand, daß ich nur zwanzig Pfund brauchte. Nun siehst Du, O'Donahue, ich habe aus Grundsatz so gehandelt. Sie verdient das Geld und soll die Leitung darüber haben, so lange wir gut Freund mit einander sind, und auf Ehre, ich glaube wahrhaftig, ich liebe sie mehr, als ich je ein weibliches Geschöpf lieben zu können glaubte, denn sie hat das Temperament, die Freundlichkeit und das gute Herz, wenngleich nicht die Gestalt eines Engels. Indes, man kann in dieser Welt nicht alles beisammen haben. Du hast jetzt meine ganze Geschichte, was hältst Du davon?«

»Du mußt mich Deiner Frau vorstellen, M'Shane.«

»Mit Vergnügen – 's ist bei ihr, wie mit ihrer Rindfleischplatte – man nimmt eine Schnitte und kommt wieder. Aber ihr Herz ist eine Schönheit, und ein Gleiches läßt sich von ihren Beefsteakpasteten sagen – gieb acht, wenn Du die einmal versuchst!«


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