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Achtes Kapitel

Obgleich Fran seit Jahren darauf drang, hatte Sam es nie so weit bringen können, mit Behagen im Bett zu frühstücken. Es wurde immer unangenehm. Kitzelnde Toastkrumen gerieten unter die Decke, Honig tropfte auf das Pyjama, und sich eine ordentliche Tasse Kaffee schmecken zu lassen, war eine Unmöglichkeit, wenn er sich dazu nicht an einen ordentlichen Tisch setzen konnte. Es war ihm fürchterlich, sie am ersten Morgen in London allein zu lassen, aber er hatte Hunger. Bevor er in das Restaurant hinunterzugehen wagte, trödelte er herum und suchte dafür zu sorgen, daß sie ein anständiges Frühstück bekam. Der Zimmerkellner, ein mürrischer Mensch, erzählte etwas von Schellfisch mit Sahne und Lachs. Samuel Dodsworth dachte wohl liberal, wenn es sich um Politik oder Vierradbremsen handelte, aber wenn es ein amerikanisches Frühstück galt, war er orthodox, und nichts hätte ihm mehr die Freude an seiner eigenen Mahlzeit verderben können, als Frans Bereitwilligkeit, dieses Fischzeug am Morgen zu sich zu nehmen.

 

Nach dem Frühstück sagte Fran, sie wolle lieber bis zehn Uhr im Bett bleiben. Aber er brauche Bewegung, meinte sie. Warum, fragte sie mit einem Lächeln, das so schnell zurückschnappte wie ein Gummiband, warum mache er eigentlich nicht einen netten Spaziergang?

Er machte einen netten Spaziergang.

Die altmodischen Geschäfte, die es in der St. James's Street noch gab, gefielen ihm überaus; Backsteinfronten mit kleinscheibigen Fenstern, die noch die Stutzer und Dichter des achtzehnten Jahrhunderts gesehen hatten: ein Hutmacherladen mit antiquierten Zylindern und Helmen im Schaufenster, eine Weinstube mit alten handgeblasenen Flaschen. Nach diesen Altertümern kam ein modernes Geschäft mit schönen, blinkenden Gewehren im Schaufenster. Aus einem nicht ganz klaren Grund hatte er nicht recht geglaubt, daß die Engländer so schöne Gewehre haben könnten. Es machte sich. England und er würden miteinander auskommen.

Aber es war neblig, ein wenig unfreundlich, und in dieser grauen Luft bedrückten ihn die hohen, weißen Klubgebäude von Pall Mall. Er atmete auf, als er das Schild einer amerikanischen Bank sah, der Guaranty Trust Company, hinter deren großen Fenstern es sehr geschäftig und munter herzugehen schien. Da wird er hineingehen, wird sich bekannt machen – heute konnte er noch keinen Grund finden; er war reichlich mit Geld versehen, und Post konnte noch nicht gekommen sein – wie wird er sich mit einem lustigen Brief von Tub Pearson freuen, oder sogar mit einem Geschäftsbrief von der U. A. C. voll verzwickter Fragen, mit allem, was ihm die Versicherung geben kann, er sei jemand und bedeute etwas, hier in dieser Stadt der überlieferten ernsten Würde, unter diesen nie hastenden, gut angezogenen Menschen, die ihn ganz und gar ignorieren.

Der nächste Dampfer zurück –

Er war nicht mehr jung genug, um sich umzustellen und neue Bekanntschaften zu machen.

Als sie anfingen, an die Europareise zu denken, hatte ihm Frans Behauptung, um ihrem Leben mehr Inhalt zu geben, dazu genüge es, ganz einfach davonzulaufen und sich einer komplizierteren und anmutigeren Zivilisation in die Arme zu stürzen, halbwegs überzeugend geklungen, aber jetzt sah er ein, daß diese Überlegung ebenso kindisch war wie die Einbildung eines Dorfmädchens, sie brauche nur nach New York zu kommen, um wie durch ein Wunder schön und klug und glücklich zu werden.

Er hatte einige Tage lang vergessen, daß er, wohin immer er auch reiste, sein altes Ich mitnehmen mußte, und daß dieses Ich sich zwischen ihn und jeden neuen Himmel stellen mußte, mochte dieser auch noch so lieblich sein. Es war ein gutes Ich. Er hatte es gern, denn er hatte mit ihm gearbeitet. Vielleicht kann es noch etwas lernen. Aber wird es hier, gelähmt von der unbekannten Umgebung, mehr lernen als daheim in Zenith, in seiner stillen Bibliothek oder auf einsamen Spaziergängen? Und was ist denn überhaupt dieses Neue, das es nach Frans fester Überzeugung lernen wird?

Bilder? Wozu Dummheiten über Bilder sagen, wenn man klug über Maschinen sprechen kann? Sprachen? Wenn man nichts zu sagen hat, wozu es in drei Sprachen sagen? Benehmen? Diese Leute, die er in Pall Mall sieht, vielleicht Herzöge und Würdenträger – es ist möglich, daß sie mit mehr Würde in einen Thronsaal treten können als er, aber so etwas will er ja gar nicht. Ihm liegt mehr daran, auf Alec Kynance von der U.A.C. Eindruck zu machen als auf Menschen, die nichts weiter haben als das ererbte Recht, sich König nennen zu lassen!

Nein. Er wird ganz einfach noch mehr Sam Dodsworth sein als bisher, er wird sich von Europa nicht einschüchtern lassen. Fran wird sich alles mögliche in den Kopf setzen, wird in Kreise mit lächerlichen Titeln zu gelangen suchen. Du guter Gott, und er hat sie so gern, daß er ihr dabei wahrscheinlich noch helfen wird! Aber er wird kämpfen; er wird versuchen, sie in einem halben Jahr glücklich nach Hause zu bringen.

So!

Jetzt wußte er, was er zu tun hatte – und was er sie tun lassen würde.

Er wurde wieder zufrieden und betrachtete die Londoner mit einer freundlichen, neidlosen, fast überlegenen Miene … und entdeckte, daß sein Hut ebenso falsch war wie sein Frack. Es war ein guter Hut, ein Borsalino, von dem sein Hutlieferant in Zenith versicherte, er sei die eleganteste Kopfbedeckung in ganz Amerika. Aber er hatte vorn eine zu flotte Kurve.

Und während er sich schwor, daß er sich von keinem englischen Passanten vorschreiben lassen würde, was er tragen sollte, ging er auf Piccadilly zu, und in ein Hutgeschäft, das er dort gesehen hatte. Nur hineinschauen. Verkaufen kann man ihm sicherlich nichts! Engländer können nicht verkaufen wie Amerikaner! Er ging also in den Laden und kam mit einem neuen grauen Hut für die Stadt heraus, einem braunen für das Land, einem steifen Hut, einem Abendzylinder und einer Mütze, und war stolz darauf, daß er mit seiner Europäisierung, von der er gar nichts wissen wollte, begonnen hatte.

 

Zum Lunch lud er Hurd ein – Mr. A. B. Hurd, den Leiter der Revelation Motor Company-Vertretung in London, einen Amerikaner, der seit sechs Jahren in England lebte.

Fran fügte sich mit einiger Freundlichkeit darein, daß sie Mr. Hurd sehen sollte, denn die Hotelleitung hatte ihr das Appartement mit dem großen Salon in Blau und Gold gegeben, das sie verlangt hatte.

»Ich war gestern abend nicht nett«, sagte sie zu Sam. »Ich habe mich etwas einsam gefühlt. Ich war ungezogen, und du warst so lieb. Aber jetzt werde ich wieder gut sein.«

Trotzdem konnte sie es sich nicht verkneifen, als Hurd kam, überhöflich zu sein.

Mr. Hurd trug eine Hornbrille in seinem runden Gesicht, hatte eine dicke Stimme und glaubte, er sei in Benehmen und Sprache so englisch geworden, daß es unmöglich sei, ihn für einen Amerikaner zu halten, obwohl er nie für etwas anderes passieren könnte, und wenn er fünfzig Jahre in England lebte. Er hatte soviel Ähnlichkeit mit jedem vierten Mann aus dem Zenither Athletic Club, daß Reisende aus dem Mittelwesten schon bei seinem bloßen Anblick Heimweh bekamen, das sich noch steigerte, wenn sie seine gutmütige, ungeschmeidige Iowastimme hörten.

Seine frühere Scheu vor Sam und vor Frans Eleganz verlor sich jetzt in seiner Überlegenheit als Mann, der sein England kannte und diesen reiseungewandten Freunden helfen konnte.

Er stapfte herein, drückte den beiden die Hand und krähte vergnügt:

»Na, Herrschaften, ich kann euch bloß sagen, wie ich erfahren habe, daß ihr hier in der Stadt seid, mit einer Feder hätte man mich da k. o. schlagen können! Wenn Sie uns rechtzeitig Ihre Ankunft mitgeteilt hätten, wären wir mit der Stadtkapelle auf den Bahnhof gekommen! Wirklich, wissen Sie, Chef, es tut mir fast leid, daß wir jetzt bei der U.A.C. sind. Aber wir hoffen alle, daß Sie selber auch zur U.A.C. gehn. Übrigens, was noch von der alten V-Serie da ist, drehen wir den Engländern ganz gehörig an! Ich weiß ja nicht, Herrschaften, was für Pläne ihr habt, und hier in England lernen wir, unsere Gäste –«

(Sam wußte nicht, ob Hurd bemerkte, wie starr Fran bei dem Gedanken wurde, daß sie jemals als Gast Mr. A. B. Hurds angesehen werden könnte.)

»– nicht zu belästigen, wie die Amerikaner, sondern allein zu lassen, wenn sie allein sein wollen. Also heute mittag essen Sie mit mir im Savoy Grill – übrigens, die Kellner dort hab ich mir schon gut gezogen, und ich werde ihnen sagen, daß sie Sie nicht wie gewöhnliche Amerikaner behandeln dürfen, die glauben nämlich alle, daß ich Engländer bin, und meinen, daß ich Spaß mache, wenn ich ihnen sage, daß ich ein guter Yankee bin, und auch stolz darauf! Und morgen abend werde ich Mrs. Hurd hereinkommen lassen – wir wohnen draußen in Beaconsfield – und dann gehen wir alle vielleicht ins Theater. Das englische Theater wird euch gefallen, Herrschaften – richtige gebildete Schauspieler, die Englisch sprechen können, keine solchen New Yorker Lümmel. Und zum nächsten Weekend können Sie vielleicht zu uns rauskommen, und dann werd ich Sie rumfahren und Ihnen zeigen, was eine richtige englische Landschaft ist, und da werden Sie auch ein paar ganz echte Engländer kennenlernen. In unserer nächsten Nachbarschaft wohnt ein ganz erstklassiger Engländer, ein Ritter, Sir Wilkie Absolom, der berühmte Anwalt. Ich spiele ziemlich oft Golf mit ihm, und ich kann Ihnen sagen, er ist sehr demokratisch – er wird Sie aufnehmen und behandeln, als ob Sie Engländer wären!«

»Ich glaube, Mr. Hurd,« sagte Fran, »wir müssen gehen, und –« (sie sprach so freundlich wie zu einem Mädchen, das am nächsten Sonnabend gekündigt werden soll) »– über Pläne können wir unterwegs reden. Es ist sehr liebenswürdig von Ihnen, daß Sie sich so um uns bemühen, aber ich fürchte, gerade in den nächsten Tagen wird es schrecklich viel für uns zu erledigen geben. Wir haben leider schon eine Weekendeinladung bei alten Freunden angenommen – ich war nämlich vor meiner Hochzeit ziemlich lange hier – und morgen abend speisen wir auswärts. Aber jetzt wollen wir zu unseren Lunch gehen, und dabei können Sie mit Sam alles wegen der U.A.C. besprechen. Mich dürfen Sie überhaupt nicht beachten.«

Und Hurd merkte gar nicht, daß etwas passiert war.

»Na, na! Ich stell' es mir ziemlich schwer vor, Sie nicht zu beachten, Mrs. Dodsworth! Aber ich möchte wirklich gern etwas Authentisches über die Fusion hören. Und vielleicht können Sie dann zum nächsten Weekend zu uns hinauskommen. An einer amerikanischen Sache halten wir fest – richtige Zentralheizung! Vielleicht ist es bei uns nicht so fein wie in einem Schloß, aber dafür ist es gemütlicher!«

»Oh, davon bin ich überzeugt. Wollen wir jetzt gehn?«

Sam tobte innerlich: »Ich werde nicht dulden, daß sie ihn von oben herab behandelt! Er ist so manierlich, wie er nur kann.« Und dann rief er ebenso laut und herzlich wie Hurd: »Halt! Sachte, Fran! Wenn Hurd uns zu dem teuern Futter einlädt, müssen wir ihm vorher einen Cocktail geben. Das wird unser Einzugsschmaus sein.«

Er klingelte nach einem Kellner und bestellte Cocktails, sich um ihren Ärger gar nicht kümmernd, obwohl er gut wußte, daß er später dafür zu büßen haben würde.

 

Fran war nicht etwa unfreundlich während des Essens. Das wäre viel besser gewesen. Sie zog bloß die Stirn kraus und hatte eine leidende Miene. Zum Glück schien Hurd sich nichts daraus zu machen; wahrscheinlich sah er sie gar nicht an; er war wohl einer jener Amerikaner, über die Fran geklagt hatte, weil sie keiner Frau von mehr als neunzehn Jahren einen Blick schenken.

Hurd war unermüdlich. »Ihr werdet wohl zur Abwechslung etwas Amerikanisches essen wollen, Herrschaften. Nach den vielen Jahren, die ich hier bin, hab' ich auch Lust darauf«, sagte er lachend und bestellte Muschelragout, Brathuhn und Zuckermais. »Es wird Ihnen sehr gut gefallen in unserem Nest. Sie werden die feinsten Leute kennenlernen. Es soll mich, nicht wundern, wenn ein paar Leute in der City (so nennen wir hier, was bei uns die Wall Street ist) von Ihnen gehört haben, Chef. Und Ihre Frau Gemahlin wird mit den Damen hier glänzend auskommen … Natürlich, Sie sagten ja, daß Sie als Mädel hier waren. Sie werden sich bald wieder an alles erinnern. Wahrscheinlich werden Sie sich noch rascher an das englische Leben gewöhnen als ich, und ich habe mich daran gewöhnt wie eine Ente ans Wasser, wissen Sie. Natürlich bin ich hundertprozentiger Amerikaner, aber mir gefällt die Art der Engländer, und diese verdammte Prohibition – verzeihen Sie, Mrs. Dodsworth, aber ich bin gegen die Prohibition – ich glaube, das ist das einzige, worauf ich nicht gleich eine Antwort bei der Hand habe, wenn mich meine englischen Freunde mit den Staaten aufziehen. Und die Dienstbotenlöhne hier – Ist es nicht wirklich unglaublich, was diese Leute in Amerika für Bezahlung erwarten, und dabei rühren sie nicht einmal einen Finger dafür! Es wird Ihnen hier schon gefallen. Aber hören Sie, vor einer Dummheit müssen Sie sich in acht nehmen, die eine Menge ganz erstklassige Amerikaner machen, wenn sie zum erstenmal herkommen. Reden Sie nie davon, wieviel Geld Sie verdienen –«

(Jetzt mußte Hurd aber merken, wie wütend Fran war.)

»– weil die Engländer das nämlich protzig finden. Selbstverständlich würden Sie so etwas nie tun, ich meine nur – Sie würden sich wundern, wie viele von den wirklich feinen Leuten das tun. Und natürlich brauche ich einen Mann in Ihrer gesellschaftlichen Stellung nicht darauf aufmerksam zu machen, Chef, daß Sie sich hier in der Hotelbar nicht mit fremden Leuten unterhalten können, wie wir es zu Hause tun. Es soll mich gar nicht wundern, wenn Sie sich noch rascher hier eingewöhnen als – Also, wie schon gesagt, ich will mich euch nicht aufdrängen, Herrschaften, aber es würde mir ein kolossales Vergnügen sein, Ihnen Ratschläge zu geben, wie man sich hier in England benehmen muß, und Ihnen die Bekanntschaft mit echten Engländern zu vermitteln.«

»Das ist schrecklich lieb von Ihnen, und es war wirklich ein entzückender Lunch«, sagte Fran. »Aber Sie sind doch nicht böse, wenn wir jetzt gehen? Ich fürchte, ich komme ohnedies schon etwas zu spät zum Friseur.«

 

Als sie stumm über den Trafalgar Square gegangen waren, rief Sam: »So sag es doch schon!«

»Muß ich es sagen?«

»Ich hab' es lieber hinter mir.«

»Du scheinst es dir ja selbst mit einigem Erfolg zu sagen!«

»O ja. Ich habe nur zu viel Phantasie.«

»So? Wenn du Phantasie hast, wie konntest du dann den hilfsbereiten, entzückenden A. B. Hurd auffordern, mit mir zu essen? Hättest du dich an seiner überaus britischen Persönlichkeit nicht allein erfreuen können?«

»Fran, dieses Gespräch haben wir ja schon über viele Leute geführt – ich gebe zu, daß ich immer wieder die Dummheit begehe, die falschen Leute miteinander zusammenzubringen –«

»Ja, die Dummheit begehst du, mein Lieber, und alles rühmt deine Freundlichkeit und Gastlichkeit!«

»Zugegeben. Und ich leugne auch nicht, daß Hurd sich selbst sehr gern hat. Andererseits ist er freundlich und anständig, und wahrscheinlich ist er als junger Mensch zu Hause nicht sehr gut erzogen worden. Und das – Nein, warte jetzt! Du weißt nicht, was ich sagen will. Damit ist unser ganzer Streit ausgedrückt, und wenn wir den ganzen Nachmittag weitersprechen würden, könnte nichts mehr dazukommen. Du würdest weiter sagen, daß er ein Schafskopf und ein Lümmel ist, und ich würde dabei bleiben, daß er ein gutes Herz hat. Kannst du dir denn nie das Vergnügen versagen, mich auf einer Dummheit zu ertappen? Wir sind jetzt in London, wir haben einen freien Nachmittag vor uns, und das Essen mit Hurd ist geschafft. Mußt du brummig sein?«

»Ich bin nicht brummig! Nur kannst du von mir nicht erwarten, daß ich nach einem solchen Erlebnis besonders strahle. Ach, es macht nichts.« Sie zwang sich ein halbes Lächeln ab. »Es macht ja nichts. Wir werden bald anständige Leute kennenlernen. Nein, laß – erzähl mir nicht, daß Hurd anständig ist. Wahrscheinlich ist er es. Wahrscheinlich prügelt er nie seine Frau. Ich bin überzeugt, daß sein Spielkamerad Sir Toppingham Cohen eine Zierde für jeden Salon ist … Ach, laß nur, Sam; ich bin schon wieder gut. Nur verdammt noch einmal, verdammt, verdammt, diese Zeitverschwendung! Ach, gehen wir in die Bond Street und kaufen wir schrecklich viele schrecklich teure Sachen.«

Als sie zwei Stunden lang in der Regent und in der Bond Street Einkäufe gemacht hatten, war Fran strahlend guter Laune und rief: »Gehn wir ins Hotel zurück – unser Salon ist wirklich nett – und trinken wir an unserem eigenen Kamin Tee.«

Auf dem großen Tisch im Salon lag eine Schachtel mit Rosen.

»Oh, du hast heute vormittag an mich gedacht!« jubelte sie.

Er hatte zwar an sie gedacht, aber nicht an die Blumen. Die waren von Major Lockert.

»Ach, es liegt wirklich nichts daran«, sagte sie in einem Ton, der sehr deutlich zu verstehen gab, daß etwas daran lag, und während er sich übereifrig erkundigte, was für Kuchen sie zum Tee haben wollte, wurde Lockert selbst gemeldet.

Lockert sagte, als hätte er sie noch vor fünf Minuten gesprochen: »Ich habe im Klub fast einen Schilling vertelephoniert, um herauszubekommen, wo Sie sind. Hören Sie Dodsworth mein Vetter meint Sie sind ganz im Unrecht mit den hydraulischen Bremsen übrigens wollen Sie nicht zum Weekend zu ihm hinauskommen es ist ein schrecklich bescheidenes kleines Landhaus er würde sich schrecklich freuen wenn Sie kommen nein keinen Tee vielen Dank ich muß sofort weiter verzeihen Sie mir die Formlosigkeit der General ist Witwer Sie brauchen bei keiner Lady Herndon Besuch zu machen Sie kommen also.«

 

»Trotz allem«, polterte Sam, »Hurd und dein Freund Lockert sind gar nicht so sehr verschieden. (Ach, ich weiß nicht, ob wir zu Lord Herndon hinaus sollen oder nicht – es kann ihm gar nichts daran liegen, mich kennenzulernen, und es wird bestimmt eines von den fürchterlichen Häusern mit vierzig Dienstboten sein.) Ja, Lockert kann manierlicher sprechen als Hurd, aber im Grunde sind beide Tyrannen – beide wollen immer etwas für einen tun, das man gar nicht will. Wenn doch Tub Pearson hier wäre!«

»Das konnte ich mir denken! Selbstverständlich gehen wir zu Herndon, und zwar nicht weil er General und Lord ist, sondern weil – gut. Ja. Weil er General und Lord ist. Da entdecke ich ja etwas sehr Interessantes über mich selbst. Bin ich ein Snob? Ausgezeichnet! Die Hauptsache ist, daß ich mit mir darüber im reinen bin!«


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