Wilhelm Jordan
Strophen und Stäbe
Wilhelm Jordan

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Psalm 104.

            Dich, großer Gott, soll meine Seele loben,
Du bist von Macht und Herrlichkeit umwoben.
Das Licht ist dein verhüllendes Gewand,
Als Zelt hast Du den Himmel aufgespannt.
Die Söller unterwölbtest du mit Bogen
Die deine Hand geformt aus Wasserwogen.
Aus raschen Wolken machst du deinen Wagen,
Ihn ziehend muß der Sturm die Flügel schlagen:
Als deine Boten müssen Winde reisen,
Als deine Diener Flammen dich umkreisen.
Den Grund der Erde hast du festgestellt
So daß sie nimmer wankt und nimmer fällt.
Du decktest sie mit einem Wasserkleid
Sammt allen Bergen zu in alter Zeit.
Dann dräutest Du – die Fluthen bebten, liefen –
Du donnertest – sie stürzten in die Tiefen.
Da schwoll der Berg, da senkte sich das Thal
So hoch dein Plan, so tief er es befahl.
Nun deckt das Meer die Erde niemals wieder,
In festen Grenzen schwankt es auf und nieder.
Die Quelle fließt hinunter zu den Bächen,
Hilft ihnen Schluchten durch die Berge brechen.
Der wilde Esel kommt und allzumal
Das Wild der Flur und stillt des Durstes Qual.

Vom Söller tränkst du alle Höhn mit Regen,
Die Erde sättigt deiner Werke Segen
Und Nahrung gibst du allen deinen Bäumen,
Den Cedern die den Libanon umsäumen;
Drin lässest du des Himmels Vögel wohnen,
Ein Stimmenchor ertönt aus ihren Kronen.
Du füllst mit Gras die Wiesen an den Rindern,
Mit Kräutern die den Schmerz des Menschen lindern.
Dem Erdenschooß entlockst du nährend Korn
Und Wein, für unser Herz den Freudenborn,
Damit das Brot des Menschen Kraft ergänze
Und nach dem Trunk wie Oel sein Antliz glänze.

Du schufst den Mond zum festen Zeitenmaaße
Und pünktlich zieht die Sonne ihre Straße.
Von Dir ist auch die Finsterniß gemacht,
Du rufst – sie kommt heraus – da wird es Nacht.

Und in der Nacht, im weiten Waldreviere,
Da regen dann sich alle wilden Thiere;
Man hört nach Raub die jungen Löwen brüllen,
Sie rufen Gott mit Speise sie zu füllen.

Die Sonne steigt – sie gehen sich verstecken,
Im Höhlenlager ihre Glieder recken.
Der Steinbock sucht den höchsten Bergesgrat,
Der Klippendachs den steilsten Felsenpfad.
Den Menschen ruft ans Werk die Tagesfrühe
Und bis zum Abend sucht er – seine Mühe.

Wie viel' und große Werke, Herr, erschufst du.
Mit Weisheit jedes Ding in's Leben rufst Du.
Das Land ist voll von deinen Kreaturen
Und voll des Meeres weite Wasserfluren.
Es wimmeln drin Geschöpfe sonder Zahl
Vom kleinsten Fischchen bis zum großen Wal.
Durchwandert wird es von der Schiffe Kielen,
Delphine schufst du, um darin zu spielen.
Von Dir, o Herr, erwarten allzumal
Auch sie zu rechter Zeit ihr täglich Mahl.
Sie sammeln ein was deine Hand verstreut,
Durch deine Huld gesättigt und erfreut.
Sobald sich nur dein Angesicht verhüllt,
So sind sie gleich von Todesangst erfüllt.
Nur deinen Athem brauchst du einzuhalten,
So muß ihr Leben rettungslos erkalten;
Nur deinen Athem brauchst du frei zu geben,
Und eine neue Schöpfung tritt in's Leben.
Nur scharf in's Auge brauchst du sie zu fassen
Wenn du die Erde willst erbeben lassen;
Nur mit dem Finger an den Berg zu rühren
Um Rauch in ihm und Flammen anzuschüren.

Doch wird der Erde Antliz stets erneut
Weil sich der Herr der eignen Werke freut
Und ewig herrlich bleiben wird wie heut.

So preise denn den Herren mein Gesang
Und Saitenspiel mein ganzes Leben lang,
So möge denn mein Lied als Dankeslallen
Dem Geber aller Freude wohlgefallen.


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