Wilhelm Jordan
Strophen und Stäbe
Wilhelm Jordan

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Hochzeitsglückwunsch.

        Dir wünscht und widmet Jeder heut das Beste;
So will auch ich im Dichtergarten pflücken
Dies Sträußchen hier zu deinem Hochzeitsfeste.
Wie mit geduldig ruhigem Entzücken
Der Gärtner knospen sieht die junge Rose,
Sah ich dich werden, fähig zum Beglücken
Und deshalb werth des glücklichsten der Loose.
Ein feines Herz, ein edler Sinn und Wille,
Sie sind allein die feste, wandellose
Gewähr des Glückes – nicht der Sorgenstille,
Nicht steter Heiterkeit, nicht reiner Lust;
Denn Götterseeligkeit in ganzer Fülle
Ertrüge, faßte keine Menschenbrust –
Nein, jener Kraft, die dich im Kampf des Lebens
Das wollen lehrt und lieben was du mußt.

Die Welt ist heute freilich voll des Strebens
Nach jenem schattenlosen Glücksphantome.
Sie hascht nach ihm gerade so vergebens,
Als griff' ich nach des Mondes Bild im Strome,
Als wollt' ich schreiten durch den Regenbogen
Und hielt' ihn für ein Thor zum Himmelsdome.
Wer sich mit solchem Wahne selbst belogen,
Der freilich läuft nur einem Irrlicht nach.
Der klagt nachher: die Welt hat mich betrogen
Und nicht gehalten was sie mir versprach.

Von Dir jedoch befürcht' ich das mit nichten,
Da früh dein Sinn mit jenem Wahne brach.
Daß wir gewinnen, wenn wir frei verzichten,
Daß uns erfüllte Wünsche nun und nie
Beglücken, sondern nur erfüllte Pflichten
Uns Kopf und Herz zu schöner Harmonie
Versöhnend stimmen, hast du klar erkannt
So jung du bist. Getrost und ruhig zieh
Darum hinaus an deines Gatten Hand
Vom Vaterhause, aus der Schwestern Kreise
Zum eignen Heerd im neuen Heimathland;
Du findest schon in Dir die rechte Weise.
Die Erde gab dir was sie irgend konnte –
Der Himmel segne deine Lebensreise.
Wir stehn am Ufer, um in's hell besonnte
Doch breite Meer dir hoffend nachzuschauen.
Dein Hafen liegt weit hinterm Horizonte,
Auch Nebel können wohl die Fahrt umgrauen;
Du findest doch den Kurs zu deinem Wohle,
Du darfst der Weisung deines Herzens trauen.
Es zeigt dir, wie dem Schiffer die Bussole
Die Richtung weist in uferlosen Weiten,
Die Pflicht als Glück als festen Stern am Pole.
Laß unsre Segenswünsche dich geleiten.


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