Wilhelm Jordan
Strophen und Stäbe
Wilhelm Jordan

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An Dieselbe.

Mit dem Lustspiel »Durch's Ohr«.

                Das treu gemeinte Wort fand keine Gnade
In welchem unverschleiert und gerade
Nicht nur die Furcht, die jüngst sein Herz betroffen,
Nein, auch sein zuversichtlich festes Hoffen
Der alte Freund der Freundin offenbart.
Doch er vergaß dabei daß, leidenszart,
Das Ohr von Dissonanzen nur gestört wird,
Weil ihre schöne Lösung überhört wird,
Vergaß daß leicht ein trauriges Gemüth
Verkennt wie schön der Regenbogen glüht,
Und meint, wer Wolken an den Himmel male,
Der wolle leugnen daß die Sonne strahle.

Dein Groll ist grundlos; aber daß du grollst
Ist Nahrung die du meiner Hoffnung zollst.
Unschuldig weiß ich mich nach strengem Recht,
Doch dieses eben richtet diesmal schlecht.
Fort, kalter Kopf, fort von der Richterbank!
So sagt das Herz, – der Freundin Herz ist krank,
So muß ich dieses um Vergebung bitten.
Ich ward verkannt, doch du, du hast gelitten
Und Ich, ich hätt' es freilich wissen sollen,
Du würdest mich verkennen, würdest grollen.
Vergib daß ich versäumte was ich mußte.
Ich, der dein Auge matt von Thränen wußte,
Ich wob zwar, aber wob zu wenig dicht
Den Schonungsschleier um das helle Licht.

Was tief und liebevoll mein Herz empfunden
Erkennst du sicherlich in bessern Stunden.
In solchen Stunden lies die Zeilen wieder,
Doch lies dabei zugleich die alten Lieder
Die Niemand hat und kennt als du allein;
Dann bitte dich dir selber zu verzeihn.

Es muß nun bis zu diesen bessern Zeiten
Des Freundes scheugewordne Feder zaudern,
Wie sonst in sorglos unbewachtem Plaudern,
Sein ganzes Selbst mit allen Heimlichkeiten
Verrathend, über das Papier zu gleiten.
Die Wahrheit werde in der Dichtung Schleier
Fortan gehüllt bis zur Genesungsfeier.

Doch Dichtung bringt mir nur der heitre Morgen
Und selten darf sie, frei von Erdensorgen
Den Fittich leih'n dem eignen Herzenszuge;
Auch ackern muß mein Pegasus im Pfluge.
Nur selten also kann auf Reimesschwingen
Ein Vers dir kurze Freundesgrüße bringen.

Einstweilen diene denn statt mancher Briefe
Dies Stück, in dem sich Heiterkeit und Tiefe,
Der muntre Scherz und inniges Empfinden,
Besonnenheit und Herzensgluth verbinden.
Du kennst die Zeit in welcher es entstand,
Du weißt für wen ich diese Gluth empfand
Die Manchen schon zu Mitgefühl berauschte
Der ihrem Ausdruck auf der Bühne lauschte;
Denn das, wovon entzückt und hingerissen
Beim Werk des Dichters tausend Seelen beben,
Das kann er nie von eigner Weisheit wissen,
Das kann er nicht erdichten, nur erleben.

So denke denn beim Lesen oft und gern:
Vertraut ist mir des Stücks erlebter Kern;
Den Frühling kenn' ich, der aus diesem Keime
Als Blüthen trieb die tiefstempfundnen Reime.


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