Friedrich Huch
Pitt und Fox
Friedrich Huch

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Höre, sagte sie eines Morgens zu ihm, mir scheint, du wirst jetzt faul; gestern hast du mich eine Viertelstunde vor deinem Hause warten lassen und heute ebenfalls; weißt du, das geht nicht; wenn du das öfter tust, mußt du mich künftig abholen! Du mußt dich an eine ganz regelmäßige Tageseinteilung gewöhnen, ohne die kommt man nicht aus im Leben. – Am nächsten Morgen war sie überrascht, ihn vor ihrem Hause zu sehen. – Sie lachte, wie sie sein halb zerstreutes, halb verschlafenes Gesicht sah: so war es nicht gemeint von mir, außerdem ist es für dich doch ein Umweg! – Er nahm sich vor, nicht mehr in solche Unregelmäßigkeit zurückzufallen, und abends, wenn sie sich trennten, freute er sich auf den Morgen. Doch kam es immer häufiger vor, daß er dann am Morgen mit dem Gefühl aufwachte: jetzt sollen wir schon wieder zusammen sein! Wir waren doch erst eben zusammen. Manchmal schwebte es ihm auf den Lippen, zu sagen, ob sie sich nicht lieber jeden zweiten Tag zum Spazierengehen treffen wollten, aber er wußte, daß sie ihm dann Energielosigkeit vorwerfen würde. Fast mißmutig kam er zuweilen die Treppe herab; aber wenn er dann dieses Mädchen vor sich sah, das, unbekümmert um Wind und Wetter, wie ein junger, herrlicher Baum vor ihm stand, und wenn ihn dann das Gefühl überkam: Sie gehört mir und niemand anders – und wenn er ihre kräftige Hand fühlte, die frisch und warm in der seinen lag, dann vergaß er das Gefühl, das ihn zuvor beherrscht hatte. Wieder und wieder sagte er sich, wie dankbar er dem Schicksal sein müsse, daß dieses vollendete Geschöpf sein eigen sei. Und doch – wenn sie dann zusammen durch die Felder gingen, wünschte er sie manchmal fort. Mitunter fühlte er sich geradezu beklommen durch ihre nahe Gegenwart. Er suchte sich dies Gefühl auszureden, aber es kam wieder. Dann wurde er einsilbig und zerstreut, und sie, die sich das nicht deuten konnte, fragte ihn, was ihm sei. Er antwortete nicht und sah aus wie ein Mensch, von dem eine Krankheit langsam Besitz zu nehmen droht, die ihre Vorboten vorausschickt, leise eine unverstandene, allgemeine, dumpfe Angst verbreitend. – Laß mich allein! sagte er einmal, mitten auf dem Wege stehen bleibend, ich weiß nicht, was es ist – aber ich muß allein sein, jetzt! – Wie sie dann wirklich gehen wollte, hielt er sie wieder zurück und sagte: Nein, bleibe hier, wenn du fortgehst, fühle ich noch viel mehr Angst.

Ähnliche Stimmungen wiederholten sich abends, unverhüllter, freier. – Wir sehen uns doch morgen wieder! Du mußt doch jetzt schlafen! – Sie sah ihn ganz verständnislos, mit großen Augen an: Gerade jetzt, jetzt wollte er gehen, wo alles in ihr drängte, noch länger mit ihm zusammen zu sein, um langsam, mit ihm zusammen, sich wieder in die Wirklichkeit zurückzufinden? – Er zögerte und blieb, oder ging, je wie es ihn trieb.

Ich weiß es nicht, sagte sie manchmal und betrachtete ihn sinnend, zuweilen bist du mir ganz nah, und auf einmal habe ich das Gefühl, du seist mir in Wirklichkeit ganz fern. – Er widersprach alsdann mit großer Heftigkeit, denn ihre Worte machten ihm innere Angst, sie sprachen nur das aus, was er selber fühlte und nicht fühlen wollte.

Ich glaube, sagte er, als er einmal in etwas freierer Stimmung neben ihr herging, wir sehen uns zu oft, wir dürfen unser Gefühl nicht abstumpfen. – Das verstand sie nicht: Mein Gefühl wird nicht abgestumpft; und wie denkst du es dir denn, wenn wir später einmal vielleicht wirklich dauernd zusammenleben? – Da war es, wie wenn etwas in ihm, das leise und allmählich angewachsen war, mit heftiger Bewegung an das Licht drängte. – Wie und wann dieses Schreckliche begonnen hatte, wußte er nicht mehr; er hatte es vor sich selber abgeleugnet, aber es meldete sich stärker und immer stärker und ließ sich nicht mehr bezwingen; was er seit geraumer Zeit schon ahnte und nicht ahnen wollte, sah er mit immer quälenderer Deutlichkeit: daß sein Glück den Höhepunkt überschritten hatte, daß es mit langsamem Schritte abwärts ging. Die erste große Zeit, wo alles unfaßlich, neu, als reiches Geschenk über ihn gekommen war, diese erste Zeit war längst vorüber, das Größte war ihm zur Gewohnheit geworden. Manchmal schien es ihm, als sei alles von Anfang an eine Täuschung gewesen, als wäre er im Grunde stets allein geblieben. Aber nun wehrte er sich mit Verzweiflung gegen sich selbst; denn was sollte werden, wenn alles wirklich so war wie er es dachte, und wenn er dann wieder allein sein würde?

Wenn er Herta wiedersah, konnte er ihr zu Anfang kaum in die Augen blicken, es war, wie wenn er seinen Makel offen auf der Stirne trüge. – Was ist es denn?! Was hast du denn?! fragte sie, wenn er ihr so stumm gegenübersaß und in eine Ecke starrte. – Er sah sie an wie ein hilfloses Tier.

Langsam begann sie die Wahrheit zu erkennen. – Liebst du mich nicht mehr? fragte sie einmal. – Er antwortete nicht. – Weißt du es selber nicht? – Ich liebe dich, wie ich noch nie einen Menschen geliebt habe. So sprach er und suchte in diesem Wort selbst einen Halt. – Was ist es dann, was kann es dann sein, das dich so furchtbar niederdrückt? – Ich glaube, sagte er, es ist die Angst vor der Zukunft, wie du sie manchmal hinstellst, dort oben, in deinem Lande – das Haus – deine Familie – wir selbst, auf immer verbunden –- Es überlief sie kühl. Vor all dem hast du Angst? Es braucht ja nie zu sein! sagte sie halblaut, und ihre Augen nahmen einen halb traurigen, halb stumpfen Ausdruck an. – Ja, sagte er und sprang auf, aber das alles kann ja wieder vergehen, du weißt doch, wie ich bin, es ist alles so schnell über mich gekommen, ich kann mein Wesen nicht in einem Nu von Grund aus ändern, du hast soviel Geduld mit mir gehabt und mußt sie weiter haben, du weißt doch selbst am besten, wie sehr du mich schon geändert hast, das hätte außer dir niemand, niemand vermocht! – Sie trat dicht zu ihm heran, und wie er ihre Arme fühlte, war es, als sei alles Schlimmste vergessen.

Aber am nächsten Tage war es wieder da. – Wenn ich jetzt nicht glücklich bin, so habe ich kein Recht auf Glück! Dieses Wort, das er sich schon früher vorgesagt hatte, verlor seine suggestive Kraft, es kam ihm phrasenhaft und hohl vor. Er ging wie in einem bösen Traum umher. – Bin ich denn verrückt geworden, sprach er zu sich selbst, wie und wann ist denn alles gekommen? Liebe ich sie denn wirklich nicht mehr? Aber sogar diese Selbstgespräche verloren an unbewußter Ehrlichkeit, er hörte sich wie einen andern, er wußte kaum selber mehr, was echt, was unecht an ihm war. – Mehr und mehr ahnte Herta die Wirklichkeit. Es begann eine Zeit der Kämpfe für sie, der ewigen Selbstverleugnung, der Überwindung und der angespannten Geduld. Noch immer glaubte sie, alles könne vorübergehend sein. Manchmal empfand sie es selber, daß es besser sei, sie sähen sich nicht so oft, und sie hielt ihn ein paar Tage fern. Wenn sie dann wieder zusammenkamen, war sie doppelt liebevoll, während für ihn die Ferne eine andere Wirkung hatte: Sie näherte sein Gefühl nicht, sie entfernte es nur mehr. Ihr Stolz begann allmählich zu leiden. Sie begann zu fühlen, daß auch dieses Erlebnis zu einem Ende führen würde, nicht durch sie, sondern durch Pitt selber, und dies gab ihr ihre Kraft zurück. Mehr und mehr lehnte sich ihr eigenes Wesen gegen das seine auf, das ihr im Grunde so sehr fremd war. – Ich weiß es, sagte sie, daß du mich nicht mehr liebst; du bestreitest es, du sagst, dein Gefühl für mich sei so wie sonst, und du habest nur Angst vor der Zeit, wo wir vielleicht einmal verbunden sein würden. Ich will nicht sagen, daß ich mit einem Menschen, den ich liebe, nur dann zusammenleben kann, wenn ich später dauernd mit ihm verbunden werde; du weißt aus meinem früheren Leben, daß ich nicht so denke: Aber mit jemand zusammenleben, der in einem späteren Zusammenleben nur etwas Schreckliches, Entsetzliches erblickt, dem alles andere das nicht aufwiegen könnte, was es an äußeren Unannehmlichkeiten im Leben gibt – denn um die handelt es sich nur – das kann ich nicht! Von einem solchen Menschen weiß ich: Seine Liebe ist nicht so, wie sie für mich nötig ist! – Es ist nur dieses Eine! rief er; diese Furcht vor der Zukunft! Du nennst das äußere Unannehmlichkeiten – für mich sind sie untrennbar vom Leben überhaupt!

Sie glaubte ihm noch halb, da sie die Sehnsucht hatte, ihm zu glauben. Seine entsetzliche, plötzlich wie wahnsinnig ausbrechende Angst vor einem späteren, gebundenen, bürgerlichen Leben, nachdem er eine große Zeitlang alles überwunden zu haben schien durch ihre Liebe – war dies nicht vielleicht wirklich, wie er selber sagte, nur wie das letzte Aufzucken eines Lichtes, das erstickt schien, das heimlich weiter schwelte und qualmte, das nun am Verenden war und für einen Augenblick noch aufflammte? Konnte nicht doch alles noch gut werden?

Sie lebten noch eine Zeitlang miteinander fort, scheinbar in der alten Selbstverständlichkeit, aber er verlor mehr und mehr von seiner Natürlichkeit, er wurde gekünstelt, sein Bild wurde ihr zur Karikatur. Und mehr und mehr drängte ihre gesunde Natur, sich zu befreien von diesem Gewicht, das immer schwerer auf ihr lastete. Eines Tages faßte sie den Entschluß, den sie seit langem erwogen hatte, der der einzige Ausweg aus diesem Irrsal war: Alles mit einem Hiebe durchzuschlagen.

Er beschwor sie, flehte, sie blieb fest. Er warf ihr vor, sie liebe ihn nicht mehr. – Im Gegenteil! rief sie: da ich dich so sehr liebe, muß ich allem ein Ende machen; ich will nicht, daß etwas, das mir hoch steht, herabgezogen wird, bis es schließlich triviale Gewohnheit wird, die man bestehen läßt, weil sie einmal bestanden hat; auf diese Weise führen viele Verhältnisse unter den Menschen endlich zu einer Ehe; von der reden wir schon lange nicht mehr, aber so wie alles ist, bin ich mir auch zu gut, überhaupt ein solches Leben weiterzuführen, wie wir es tun. – In ihm begannen die festen Gedanken sich aufzulösen; das ganze Zimmer, jedes einzelne Möbel schien sich plötzlich zu einer unerhörten Bedeutung vorzudrängen; er sah mit einem Male, daß hier ein Bild etwas schief hing, daß dort die Kante am Sekretär ein ganz wenig abgestoßen war, daß jener Stuhl nicht ganz so schön mehr wäre, wenn seine Lehne sich nicht eben in diesem ganz besonderen Winkel an den Sitz anfügte – und doch dachte er nur an seine Angst, an sich und Herta. – Ich liebe dich, wie ich nur überhaupt einen Menschen lieben kann, rief er, und blitzschnell schoß der Gedanke dazwischen: die vielen i's im Anfang meines Satzes! Ich werde verrückt, was um Gottes willen ist dies! An Gott glaube ich nicht einmal. – Wie du nur überhaupt einen Menschen lieben kannst, das ist wohl leider wahr! rief Herta, und seine Augen richteten sich nun auf sie, indem er ihre Gestalt für einen Augenblick fast wie einen Maßstab der ganzen Höhe des Raumes ansah, obgleich er verzweifelt auf sie blickte. – Alles Glück, fuhr sie fort, ist dir nur eine Selbsttäuschung, du bist überhaupt unfähig, einen Menschen zu lieben. Ich bereue nicht, mit dir zusammengelebt zu haben, aber das weiß ich: Die Erinnerungen, so warm sie sind, werden niemals Macht über mich bekommen, ich bin zu kräftig, als daß ich nicht alles überwinden könnte. Ich habe Mitleid mit dir, soviel ein Mensch nur haben kann für einen andern, aber ich muß weiter; ich kann nicht bei dir bleiben, es ist unmöglich. Ob ich jemals einen andern heirate, weiß ich nicht, aber das ist gewiß: Du bist nicht der letzte Mensch, der in mein Leben eingetreten ist, ich habe einen zu festen Willen zum Leben.

Alles an ihr atmete Kraft und Schönheit, wie sie so sprach. Er war vollkommen in die Gegenwart des Augenblicks zurückgekehrt; ein Schmerzgefühl durchriß ihn, und fast mit Wollust empfand er seinen Schmerz; ich bin nicht empfindungslos, dachte er, o Gott, wie könnte ich sonst so empfinden! Und er stürzte an ihre Brust, in aller Angst vor der Leere, die von neuem vor ihm lag. Er fühlte ihre Arme, aber sie umschlossen ihn nicht mit der alten Kraft. – Ich kann nicht von dir fort, rief er heftig, du mußt bei mir bleiben, du wirst sehen, daß du dich in mir getäuscht hast, ich bin anders als du denkst, ich schwöre dir, daß ich anders bin, nur laß mir Zeit, dies ist ja ein Wahnsinn!

Er preßte seine Wange an ihren Kopf und starrte über ihre Schulter hinweg ins Leere, begegnete aber seinen eigenen Augen, die ihn aus einem gegenüberhängenden Spiegel ansahen. – Herta schwieg, und er ward beruhigter. – Fasse wenigstens nicht jetzt einen Entschluß, fuhr er fort, ohne sein Spiegelbild aus den Augen zu lassen, nicht jetzt, wo du dir selbst nicht klar bist über alles, – und mitten zwischen die Worte, die er sprach, schob sich der Gedanke: Sie ahnt nicht, daß ich ihre Gestalt von hinten sehe. – Warte wenigstens einen Tag, zwei, drei Tage. Laß mich diese drei Tage dich nicht sehen, und dann laß mich wiederkommen, und was du dann beschlossen hast, dem werde ich mich fügen, ohne Widerspruch. – Die Lippen des Spiegelbildes schlossen sich: während der Zeit war es Pitt so gewesen, als wenn der da drüben redete und nicht er selbst, obgleich er wußte, daß er sprach. Jetzt kehrte er den Blick hinweg, sah Herta in die Augen und – als erwache er aus einem dumpfen Traum, packte ihn mit einemmal die helle Angst, er umklammerte sie und brach in Tränen aus. Er fühlte ihren Körper und wußte plötzlich mit schrecklicher Deutlichkeit: Dies ist ein wirkliches Stück Leben, das sich von mir losreißen will, das einzige lebendige, das ich besitze. – Sie strich über sein Haar hin. Du hast recht! sagte sie, vielleicht sehe ich dann alles anders. – Aber sie dachte: Es ist doch alles vorbei. Fühlte er wirklich stark zu mir, er würde mich nicht bitten, er würde mich zwingen. In drei Tagen werde ich ihm dasselbe sagen müssen wie heute. Er löste sich aus ihren Armen, sie reichte ihm die Hand und geleitete ihn so zur Tür. Sie sahen sich lange in die Augen, als wollten sie sich in die Seelen sehen, und beide empfanden für einen Augenblick den Schauer offener und doch verschlossener Welten. – Wie mit einem Entschluß schlang sie heftig die Arme um ihn, und er fühlte ihre Lippen auf den seinen.

Sowie er draußen auf der Straße war, löste sich die Spannung in ihm. Es war ihm wie nach einer langen Krankheit, die die Krise überstanden hat. Die augenblickliche Gefahr schien vorüber, und, wie es bei solchen Krisen zuweilen geht, daß der Patient, noch eben Abschied nehmend von einem Leben, das ihm, nun er es verlieren soll, als das kostbarste Kleinod erscheint, dieses selbe Leben, wenn es ihm zurückgeschenkt ist, als etwas Selbstverständliches hinnimmt – so richteten sich Pitts Gedanken schnell wieder auf die ihm gewohnte Wirklichkeit. Daß Herta nach drei Tagen noch bei ihrem Entschluß verharren würde, glaubte er nicht. Und er selber: Er würde sich Mühe geben, daß sie mit ihm zufrieden war. Sie würden miteinander sprechen, er würde ihr sagen, daß es wirklich für sie beide besser wäre, wenn sie sich nicht so sehr oft sähen – denn schon wieder regte sich in ihm ein kleines Unbehagen bei dem Gedanken, daß sie vielleicht wieder tagtäglich beieinander wären – und damit war dann alles Schlimme beseitigt. – Aber trotz aller beruhigender Gefühle empfand er eine Leere, und dann dachte er: Was ist eigentlich geändert gegen früher?

Der nächste Tag verging, der übernächste auch, der dritte begann. Hatte Herta seinen Vorschlag ganz wörtlich aufgefaßt? Mehr und mehr hatte sich diese letzten Tage eine tiefe Niedergeschlagenheit seiner bemächtigt. – Es ist nur das Wetter schuld, dieser ewige Nebel! dachte er, obgleich er Nebelwetter mehr liebte als jedes andere. Am Abend ging er hin zu ihr, im rötlichen Dämmer der Laternen, deren Lichter wie flimmernde trübe Kugeln im Grau zu schweben schienen. Wenn sie nun auf ihrem Entschluß bestände?

Eine alte Frau öffnete auf sein Läuten. Mit schlurfendem Schritt ging sie ins Zimmer und kam mit einem Brief zurück, den das gnädige Fräulein für ihn hinterlassen habe. Wo ist sie denn? Kann ich sie denn nicht selber sprechen? fragte Pitt schnell und hastig. – Verreist! antwortete die alte Frau, und da sie nichts hinzuzufügen hatte, zog sie sich wieder zurück und schloß die Tür.

Es war ihm, als habe er mit flacher, harter Hand einen Stoß vor die Stirne bekommen; noch auf der Treppe, unter einer Lampe, las er den Brief; er las ihn zweimal, dreimal. Er empfand keinen Schmerz, keine Trauer, aber ein dumpfes, stumpfes, gespenstisches Gefühl war in ihm. Wie ein Traumwandelnder trat er endlich auf die Straße. Er sah nicht, welchen Weg er ging, er setzte Schritt vor Schritt, ohne Aufhören, als sei das Gehen das einzige in der Welt, was er noch tun konnte. Die matten Laternen blieben allmählich hinter ihm, dann befand er sich in einem endlosen stummen Grau. Endlich stieß er mit dem Fuß gegen etwas Festes, gegen eine Bank, auf die setzte er sich und blieb dort sitzen, den Blick ins Nichts geheftet.


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