Friedrich Huch
Pitt und Fox
Friedrich Huch

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Auf Lotte machten derartige Reden im Augenblick wohl Eindruck, aber er stumpfte sich ab, ihre Sehnsucht wurde stärker und stärker, und schließlich wurde sie einzig und allein von dem Gefühl beherrscht: Nach Hause! Mochte alles kommen wie es wollte.

Da ihr Entschluß nicht mehr zu erschüttern war, erbot sich Fräulein Nippe, voranzureisen und Frau Bornemann auf alles vorzubereiten. Lottes Plan erschien ihr nicht mehr so verwerflich, sowie sie sich selbst eine Rolle in ihm spielen sah, und was für eine Rolle! In Gedanken war sie schon gerührt über die Worte, die sie sprechen wollte, dann würde sie Lotte hinter einem Vorhang hervorziehen – sie sah einen grünen Vorhang vor sich – und dann würde sie eine segnend-symbolische Bewegung machen. – Aber Lotte wies ihr Anerbieten mit Dank zurück; sie wollte allein gehen, ganz allein, nur vorher schreiben, daß sie käme.

Herr Könnecke war fast bestürzt über diese Wendung. Er äußerte dies unverhohlen und sah Lotte mit traurigen Augen an. Und als sie Abschied nahm, hielt er ihre Hand lange in seinen beiden, sagte immer wieder: Ach Gott, nein ist das traurig, ach Gott, nein ist das traurig, und es war ihm, als wollte er noch viel mehr sagen, aber er brachte kein Wort weiter heraus. – Ihr selber kamen die Tränen: Ich bin Ihnen so sehr vielen Dank schuldig, ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen das vergelten soll! – Das ist doch nicht der Rede wert, sagte Fräulein Nippe, ich habe das alles sehr gern für Sie getan. – Lotte wußte nicht, wem sie mehr danken sollte, ihm oder ihr. Und doch: Herrn Könnecke war sie noch viel dankbarer als Fräulein Nippe, die es ja auch stets gut mit ihr gemeint hatte; aber Herr Könnecke war doch noch anders: Er hatte niemals irgendein Wort darüber verloren, was er für sie tat, alles war schweigend, selbstverständlich geschehen, niemals würde er gesagt haben, daß sie eine «arme Schluckerin» sei.

Pitt begleitete sie zur Bahn. Im Wagen gab sie ihm den Brief zu lesen, den sie an ihre Großmutter geschrieben hatte, aber noch immer bei sich trug. Er fing an: Mutter meiner Mutter! Indem Du selbst das Leben in allen seinen Tiefen kennengelernt hast, lenkt mein Herz vertrauensvoll den Pilgerstab zu Dir. – Nicht wahr, das geht doch nicht, das klingt so – so beinah unbescheiden! – Hat dir Fräulein Nippe diesen Brief aufgesetzt? fragte Pitt und lachte. – Ja! und sie sagte, er sei in seiner Art geradezu vollendet! – Allerdings! sagte Pitt, da hat sie recht. – Sie habe ihn fünf-, sechsmal umgearbeitet und immer wieder daran gefeilt, und wenn ich ihn nun nicht einmal abschreiben wolle, für wen sie sich dann die große Mühe gemacht habe?! Da habe ich ihn abgeschrieben, um sie nicht zu kränken, aber abgeschickt habe ich ihn doch nicht! – Das ist auch viel besser, sagte Pitt; so siehst du deine Großmutter erst in der Wohnung; vielleicht wäre sie sonst auf die Bahn gekommen. – Leb' wohl, Pitt, und – und – ich habe dich doch viel lieber als Fox! so sagte sie leise und küßte andachtsvoll seine Wange.

Was tust du denn da mit dem Fernrohr? fragte Fräulein Nippe und lugte zwischen den Wänden der Hinterhäuser hindurch, auf das ferne freie Feld. – Ich wollte nur den Zug sehen, sagte Herr Könnecke treuherzig, mit dem sie abgefahren ist; gerade ist er durchgekommen.

Lotte näherte sich ihrem Ziele. Ihre zuversichtliche Stimmung nahm langsam wieder ab. Sollte sie nicht doch irgendein vorbereitendes Wort an ihre Großmutter schicken? Sollte sie nicht telegraphieren? Aber sie wußte, wie sehr Frau Bornemann über jedes Telegramm erschrak, und außerdem: war es richtig gehandelt? – O wenn doch alles gut ausging! Großmutter konnte sie ja gar nicht anders als freundlich aufnehmen! Aber wenn sie sie nun überhaupt nicht aufnahm, wenn sie sagte: Lotte gehöre auf die Straße – und vor ihr die Tür ins Schloß warf? Aber sie war doch ihre Großmutter, die Mutter ihrer Mutter! – So zogen in Lotte die Empfindungen wechselnd hin und her, während draußen die Telegraphendrähte langsam auf und nieder schwebten, wie von zwei verschiedenen Mächten bewegt, die sich befehdeten. Sie verfolgte diesen ewigen schwankenden Wechsel, brachte ihn mit ihrer eigenen Furcht und Hoffnung in Verbindung, und dann lenkte sie gewaltsam die Augen davon ab, da es ihr die Brust zuschnürte. Sausend flogen Dörfer und Felder an ihr vorbei, die Sonne sank fern hinter braunem Ackerland und sprühte einen Goldstaub auf den dunklen Grund. Der Himmel rötete sich mehr und mehr, die Welt schien wie in einem Flammenmeer zu brennen, ganz still, ganz lautlos, während nur das Rollen der Räder weiterbrauste, und dann sank alles langsam in ein fahles, erstorbenes Licht, die Bäume ließen sich nicht mehr genau erkennen, alles wurde zu starrenden, drohenden Massen. – Wenn ich doch da mitten drinnen wäre! dachte Lotte; niemand wüßte dann von mir, keiner erführe etwas von mir, ich wäre ganz allein. – Und sie versank wieder in Angst und Sinnen.

Sie reisen gewiß sehr weit? fragte plötzlich eine laute Stimme. – Lotte gegenüber saß eine Frau, die sie schon lange teilnehmend betrachtete. Solange es irgend anging, hatte Lotte alles getan, um ihren Zustand vor den Menschen zu verheimlichen. Später sagte ihr dann Fräulein Nippe, sie brauchte sich durchaus nicht zu schämen; im Gegenteil: Eine Frau, die ein Kind erwarte, sei ein erhebender Anblick; außerdem wisse ja doch niemand, daß sie nicht verheiratet sei. – Lotte räusperte sich und nannte ihr Ziel. – Gewiß ist es Ihr erstes Kind, das Sie erwarten! sprach die Frau weiter und betrachtete sie mit Zufriedenheit, da sie gut gepflegt aussah, einfach gekleidet war und einen sympathischen Eindruck machte. Ja, sagte Lotte, es ist mein erstes Kind. – Unwillkürlich ließ die Frau ihre Augen zu Lottes Hand gleiten, um den Trauring zu suchen. Aber Lotte trug wollene schwarze Handschuhe. – Ihr Mann erwartet Sie wohl an der Bahn? – Ja, er erwartet mich an der Bahn. – Die Frau nickte beruhigt und sagte: Ja, ja zu Hause hat man es doch am besten!

Endlich hielt der Zug an ihrem Bestimmungsort, der Endstation des ganzen Zuges überhaupt. Lotte sagte der Frau hastig adieu und suchte sich möglichst ungesehen zwischen den Menschen zu verlieren, indem sie anfangs den Kopf hin und her wendete, indem sie tat, als spähe sie nach jemand, denn die fremde Frau konnte ihr vielleicht nachblicken. – Dann nahm sie einen Wagen und fuhr nach Hause. Wie sie alle die bekannten Straßen sah, wurde ihr immer ängstlicher ums Herz. Das Bild ihrer Großmutter, wie es allmählich in ihrer Vorstellung sich verändert hatte, verwischte sich mehr und mehr; ihr Bild, so wie es war, trat ihr immer deutlicher vor die Seele; und als der Wagen endlich hielt, klopfte ihr Herz so stark, das sie nicht vermochte sogleich aufzustehen und auszusteigen. Zudem ging eine ihr bekannte Frau den Bürgersteig entlang; die durfte sie nicht sehen. – Es muß sein! dachte sie, erhob sich – gezahlt hatte sie gleich zu Anfang – und mit gesenktem Kopf, in dem Gefühl, sich möglichst zu verbergen, eilte sie in das Haus hinein. Langsam stieg sie die Treppe hinauf; mehrere Male blieb sie stehen. Sollte sie nicht wieder umdrehen, wieder auf den Bahnhof fahren, irgendwo hinreisen, um sich zu verstecken? – Im untern Stock erklangen Stimmen; da schritt sie wieder aufwärts. Dann stand sie vor der Tür. Da war das Porzellanschild ihrer Großmutter, dies kleine, ovale Schild, das sie kannte fast solange sie denken konnte. Sie starrte darauf hin. Das Angstgefühl stieg ihr im Halse auf. Eine unbekannte Visitenkarte war daneben auf die Tür geheftet. Sie las den Namen ganz mechanisch, ganz mechanisch las sie ihn rückwärts, die Buchstaben umdrehend, immer wieder. Das Herz klopfte ihr jetzt bis in die Fingerspitzen. Da hörte sie inwendig einen Schritt, den Schritt ihrer Großmutter. Sollte sie etwa von selbst die Tür öffnen? Vielleicht in Hut und Mantel herauskommen und Lotte überraschen? Fast bewußtlos hob sie den Finger und läutete. Es verging eine kleine Zeit, da hörte sie den Schritt wieder. Schlürfend, langsam näherte er sich der Tür. Endlich, endlich war er da.

Wer ist da draußen? fragte Frau Bornemann von innen. – Ich! – Aber das Wort kam so tonlos heraus, daß sie etwas lauter hinzusetzte: Lotte. – Jetzt öffnete sich die Tür, Frau Bornemanns Gesicht zeigte sich, freudig überrascht: Ach Lotte, Lottchen, du bist es! – Aus der Wohnung drinnen erklang ein Klavier, jemand spielte einen Walzer. Lotte hielt sich gegen einen Pfeiler gedrückt, unbeweglich stand sie da. Frau Bornemann wollte auf sie zugehen, aber nach dem ersten Schritt hielt sie inne, der freudige Gesichtsausdruck verschwand, entsetzt starrte sie auf ihre Enkelin. Lotte wollte etwas sagen, irgend etwas, es war, als sei ihr die Kehle fest zugebunden. – Allmächtiger Gott! hörte sie da die Stimme ihrer Großmutter rufen, langsam, ganz wie aus der Ferne. Frau Bornemann trat auf sie zu und sah sie mit einem Blicke an, daß Lotte die Augen schloß. Sie öffnete sie aber gleich wieder, da sie ein Geräusch hörte, das ihr zum Herzen fuhr: Frau Bornemann tastete in die Luft und wankte. Lotte hielt sie und vermochte sie hineinzuführen ins Zimmer. Sie setzte die alte Frau in ihren Lehnstuhl und ließ sich selbst auf das Sofa sinken, betäubt, stumpf. – Die Schande! rief Frau Bornemann auf einmal laut, und Lotte sah entsetzt auf sie, denn es klang gar nicht wie die Stimme ihrer Großmutter. – Die Schande! wiederholte sie, und plötzlich machte sie sich aus ihrem Sessel los und trat auf Lotte zu: Fort, fort aus dem Hause, fort aus meinen Augen, du hast hier nichts mehr zu suchen, mach', daß du hinauskommst, geh hin, wo du hergekommen bist, ich will nichts mehr von dir sehen, hinaus sollst du, hast du mich nicht verstanden? – Sie drängte Lotte durch das Zimmer auf den Vorplatz, und vom Vorplatz wollte sie sie durch die letzte Tür zur Treppe drängen. – Aber Großmutter – aber Großmutter – mehr brachte Lotte nicht heraus, doch sie klammerte sich fest an sie, in Todesangst, so daß Frau Bornemanns Kräfte erlahmten. – Was ist denn da draußen los? tönte eine fremde Stimme aus der Tiefe des Ganges. Die Musik war plötzlich abgebrochen. Ein kurzes Schweigen herrschte. Frau Bornemann hatte einen neuen furchtbaren Schreck bekommen, während Lotten diese Stimme wie eine Hilfe, wie eine Rettung aus ihrer Not klang. – Nichts ist los! antwortete Frau Bornemann mit unsicherer Stimme, gar nichts ist los, spielen Sie nur ruhig weiter. – Die Tür schloß sich, nachdem sich der Fremde noch einen Augenblick lauschend oder wartend auf der Schwelle verhalten haben mußte. Frau Bornemann ließ Lotte auf ihrem Platze stehen und tastete sich in ihr Zimmer zurück. Das Klavierstück ertönte von neuem. Lotte blieb unbeweglich. Ihr war, als sei sie überhaupt gar nicht mehr auf der Welt. – Aber sie konnte doch nicht immer hier stehenbleiben! Halb ohne Bewußtsein von dem, was sie tat, schritt sie auf den Vorplatz zurück, schloß die Tür und suchte dann den Eingang zu ihrem eigenen Zimmer. Aber die Musik klang hinter dem Holz ganz laut, so daß sie den Griff wieder sinken ließ. – Zwei Mieter; dachte sie mechanisch, ich habe draußen doch nur eine Karte gesehen. In Foxens Zimmer konnte sie auch nicht; sollte sie in die Küche? Nein, sie wollte zur Großmutter, sie wollte ihr alles erzählen, sie mußte sie erweichen. – Frau Bornemann hatte sich aufs Sofa gelegt und hielt das Gesicht mit beiden Händen bedeckt. – Großmutter! – Großmutter! ! – Schrei noch das ganze Haus zusammen, flüsterte Frau Bornemann mit heftiger Stimme, posaune deine Schande nur aus, dir liegt ja nichts an dem Ruf der Familie, es ist dir ja ganz gleich, ob du deine Großmutter ins Grab bringst – o hätte ich das gewußt, als ich dich zu mir nahm, daß du meine Liebe mit so schnödem Undank erwidern würdest! – Sie überhäufte Lotte nun mit den ärgsten Schmähreden, die Lotte stumpf über sich ergehen ließ. – Aber wie sich Frau Bornemann in ihren Ausdrücken jetzt immer noch zu überbieten suchte, brannte in ihr ein Gefühl bitterer Empörung auf: Du bist ja selbst mit schuld! rief sie, wie ein Kind hast du mich gehalten, nichts habe ich gewußt, gar nichts, ahnungslos habe ich etwas getan, ohne überhaupt zu wissen, was es war. – Frau Bornemann stand wie versteinert. Dann brach sie los: Ich, ich hätte dich gewissenlos erzogen? Ich, die immer nur dein Bestes im Auge gehabt hat? Danke deinem Schöpfer, daß ich dich wie ein Kind gehalten habe, rein und unberührt! Sollte ich deine und meine Ohren mit solchem Schmutz entweihen? War es nicht genug, daß ich dich warnte vor den Männern, daß ich dir sagte: Der Mann ist gleißnerisch, schön tut er in seinen Reden, aber, läßt man sich mit ihm ein, so lugt der Satan hervor?! Und mach du mir nicht weis, daß du mich nicht verstanden hättest! Ich bin selbst zur Schule gegangen und weiß, worüber junge Mädchen leider Gottes viel zu viel reden! Die eine weiß dies, die andre weiß das, und wenn es auch manchmal nicht stimmt, den Kern trifft es immer! Es gelingt dir nicht, dich reinzuwaschen, schmutzig bist du und bleibst du, und an deiner Großmutter hängt auch nicht das Stäubchen von einem Makel! – Lotte wollte antworten, die Gedanken verwirrten sich ihr. – Laß dir doch wenigstens alles erzählen, wie es gekommen ist! Frau Bornemann zitterte am ganzen Körper: Ich will nichts hören, ich sehe schon genug! Meine Ohren sollen nicht auch noch befleckt werden mit diesem Kot! Und als Lotte dennoch zu reden anhob, hielt sie sich wirklich die Ohren zu.

Was sollte nun werden? Bestand die Großmutter darauf, daß sie das Haus verließ? Frau Bornemann hielt die Augen geschlossen und rührte sich nicht. Es wurde Lotte plötzlich dunkel vor den Augen. – Wo willst du hin?! fragte Frau Bornemann herrisch, als sie Lottes Bewegung hörte und dann sah. – Du rührst dich nicht vom Platze! keinen Schritt tust du, ohne mich um Erlaubnis zu fragen! Was willst du in der Küche? – Essen. – Essen! Seh einer mal an! Essen möchte sie, wenn ihre Großmutter am Tode liegt, durch ihre Schande! Nichts wird gegessen, und jetzt setzt du dich augenblicklich hin und erzählst mir von Anfang an, wie alles gekommen ist! – Lotte setzte sich und schloß die Augen. – Nun, wird's bald? – Und Lotte erzählte; alles, was sie sagte, kam ihr selbst unsäglich schmutzig und verabscheuenswert vor, obgleich sie nicht viel mehr erzählte, als was sie früher Pitt und Fräulein Nippe anvertraut hatte. Frau Bornemann unterbrach sie durch einzelne Rufe der Klage oder des Ekels. – Dieser Lump! dieser Heuchler! dieser Schuft! Und das alles unter meinen Augen beinah, unter meinen reinen, ahnungslosen Augen! Und weshalb bist du nun im letzten Augenblick doch her zu mir gekommen? – Ich hatte Sehnsucht nach Hause und nach dir! – Frau Bornemann schlug ein höhnisches Gelächter auf: Hast du mich so lange betrogen, hättest du mich auch noch ein bißchen länger betrügen können, das wäre dir wohl nicht allzu schwer geworden! Geld wolltest du haben, das ist die ganze Geschichte, Geld, jetzt, wo es dir an den Kragen geht! Dazu ist die alte Großmutter gut genug, versteht sich, nun muß ich auch noch das letzte hergeben, mein Sparkassenbuch, für dich, du Rabenkind! – Geld, sagte Lotte, brauche sie nicht, für Geld sorge Fox. – Nenne diesen Namen nicht mehr! Ich will ihn nicht hören! und, ihre ersten Worte vergessend, fügte sie hinzu: Natürlich, dafür hat sie gesorgt! kaltherzig gesorgt, alles hinter meinem Rücken! Als ob es nicht meine Sache gewesen wäre, das Geld zu schaffen! Ich hätte den Monsieur schon anders fassen wollen! Zu seinem Vater wäre ich gereist! Wieviel gibt er dir, der Monsieur? – Ich weiß es nicht, sagte Lotte stumpf, aber er hat mir schon viel gegeben und noch viel versprochen. Frau Bornemann erklärte, sie werde sich noch diese Nacht auf die Bahn setzen und zu seinem Vater reisen. Lotte beschwor sie, das nicht zu tun, es werde ja auch aus der Ferne alles geregelt werden.

Sie fühlte sich ganz schwach; sie sagte, sie müsse etwas zu sich nehmen, sie wäre einer Ohnmacht nahe. – Hier bleibst du! rief Frau Bornemann, sich vom Sofa erhebend, keinen Schritt tust du, ohne mich zu fragen, verstanden? Ich bringe dir schon, was du nötig hast. – Sie ging hinaus und bereitete ihr ein kleines Abendessen. Lotte aß heißhungrig, ohne ein Wort, dann bat sie um einen Schluck Wein.


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