Johann Gottfried Herder
Stimmen der Völker in Liedern
Johann Gottfried Herder

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Ein sicilianisches Liedchen

(Aus den Poesie Siciliane dell'Abbate Giovanni Meli. T. I. p. 159.)

Sage, sag', o kleine Biene,
Wohin eilst du schon so frühe?
Noch auf keinem Gipfel taget
Nur ein Strahl der Morgenröthe.

Allenthalben auf den Wiesen
Zittert noch der Nachtthau funkelnd;
Nimm in Acht dich, daß er deinen
Goldnen Flügelchen nicht schade.

Sieh, die Blümchen alle schlummern
Noch in ihren grünen Knospen,
Schließen noch die Köpfchen träumend
Dicht an ihre Federbettchen.

Doch du schlägst so rasch die Flügel!
Eilest emsig deines Weges!
Sage, sage mir, o Bienchen,
Wohin gilts? Wohin so frühe?

Suchst du Honig? Wenn nichts anders,
So laß ruhen deine Flügel,
Ich will dir ein Oertchen zeigen,
Wo du immer Honig findest.

Kennest du nicht meine Nice?
Nice mit den schönen Augen,
Ihre Lippen hauchen süsse
Süssigkeiten unerschöpflich.

Auf der schöngefärbten Lippe
Meiner einzig-Hochgeliebten,
Da ist Honig! Auserles'ner!
Da, o Bienchen, sauge, sauge!

 


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