Thomas Theodor Heine
Ich warte auf Wunder
Thomas Theodor Heine

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Politik

Für Samstag, 6 Uhr abends, war die Versammlung im Löwenbräusaal anberaumt. Der Andrang war so gewaltig, dass sich der Saal als zu klein erwies, schon halb sechs Uhr konnte Niemand mehr hinein, waren alle Biervorräte ausgetrunken. So trat Quartaller an das Rednerpult und gab bekannt: »Mitbürger! Meteoristen! Zahlreich seid ihr gekommen, wir danken euch! Alle sollen Platz finden. Wir verlegen die Versammlung in den grossen Saal des Bürgerbräukellers, er hat doppelt so viel Raum. Wir ziehen jetzt in geordnetem Marsch dorthin. Auf Wiedersehen in einer Stunde!«

Das Bürgerbräu befand sich am entgegengesetzten Ende der Stadt, alles setzte sich dorthin in Bewegung. Der Weg führte durch das Zentrum, am Rathaus vorbei. Junge Meteoristen sorgten für Ordnung. An der Spitze und in der Mitte des Zuges wurden Meteorfahnen getragen. Irgendwoher hatte sich eine Musikkapelle angeschlossen, blies Märsche. Eilends wurden Flugzettel verteilt, auf denen war das Parteiprogramm Direktor Klufts gedruckt und das Meteorlied mit Melodie, das uns der Lyriker Lomohl gedichtet und der Musiker Strauss vertont hatte. Komponisten heissen immer Strauss. Der erste Vers lautete: 227

Aus dunkler Nacht empor
Strahlt hell der Meteor.
Vollbringt die grosse Tat,
Trennt Politik vom Staat.
Wir brauchen kein Kommando, keine Heere,
Wir sind des Vaterlandes Aktionäre.

Schutzleute versuchten den Zug zu zerstreuen. Es gelang ihnen nicht, so begleiteten sie ihn. Am Rathaus machten wir Halt. Quartaller hatte gehört, dass der Bürgermeister, Herr von Kölbl, noch dort anwesend sei, ging hinein zu ihm, wurde vorgelassen, da sein Blatt einmal einen grossen Artikel über ihn bei Gelegenheit seiner Nobilitierung gebracht hatte.

»Es würde uns eine ganz besondere Ehre sein, wenn Herr Oberbürgermeister bei der constituierenden Versammlung der Meteorpartei im Bürgerbräusaal anwesend sein wollten.«

»Ausgeschlossen, lieber Herr Quartaller, dass ich an so einer revolutionären Sache teilnehme.«

»Aber ich bitte Sie, hochverehrter Herr Oberbürgermeister, unsere Partei steht voll und ganz auf dem Boden der Gesetzmässigkeit, der Erhaltung von Monarchie und Kirche. Dort unter warten dicht gedrängt die Scharen unserer Anhänger, lassen sich zu musterhafter Ordnung von der Polizei anleiten, und da kniet unser Vorstandsmitglied Doktor Aloys Huber vor der Mariensäule und erfleht den göttlichen Segen.«

Der Bürgermeister blickte zum Fenster hinaus, sah diese Worte bestätigt, sprach zögernd:

»Gut, ich werde mir die Sache anschauen, sobald ich hier mit einiger dringenden Arbeit fertig bin. Auf Wiedersehen im Bürgerbräu!« 228

Der Saal war im Nu überfüllt. Auf dem erhöhten Podium sass der Vorstand: Quartaller, Huber, Kluft und ich. Neben uns stand ein Trompeter, den wir der Musikkapelle entnommen hatten. Die Fahnen waren hinter uns aufgestellt. Jetzt bemerkten wir, dass wir vergessen hatten, uns zu überlegen, wer reden sollte und was. Endlich liess Quartaller den Trompeter ein Signal blasen. Ruhe trat ein. Doktor Huber entschloss sich, trat an das Rednerpult und sprach:

»Liebe Landsleute! Das ist gescheit, dass so viele da sind. Nun sollt ihr hören, warum wir eine neue Partei brauchen, die Meteorpartei. Der berühmte Kunstmaler Emmaus will es euch sagen.«

»Oh verflucht!« dachte ich, aber schon war ich auf das Rednerpult geschoben worden.

Am liebsten hätte ich geredet: »Das ist alles eine Hanswursterei. Lasst mir meine Ruh'!«

Aber, als ich den Mund aufmachte, kam heraus: »Mitbürger! Münchner! Bayern! Am Bahnhofsplatz ist das Warenhaus Tietz, ein paar Strassen weiter das Warenhaus Oberpollinger. Beide machen gute Geschäfte. Man kann dort alles kaufen von Büstenhaltern über Salzheringe bis zu Schreibmaschinen. Nun stellen Sie sich vor, wenn es dem Tietz auf einmal einfiele, seine Verkäufer zu bewaffnen, um den Oberpollinger zu überfallen und an sich zu reissen. Der würde natürlich auch seinen Ladenjünglingen Gewehre geben. Beide müssten viel mehr Personal einstellen und im Waffengebrauch üben. Das kostet schrecklich viel Geld, und die Geschäfte leiden darunter, werden vernachlässigt, stehen dann bald vor dem Bankerott. Damit wieder normale Zustände eintreten, verlangt der Oberpollinger vom Tietz, dass er abrüste. Ultimatums gehen 229 hinüber und herüber. ›Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende‹, sagt der Oberpollinger und rückt mit seinen Scharen aus, um den Tietz zu vernichten. Der will ihm zuvorkommen, zieht dem Feind entgegen. Am Karlsplatz treffen die Streitkräfte aufeinander, es gibt viele Tote und Verwundete. Die Schlacht bleibt unentschieden, ein ehrenvoller Friede wird geschlossen, in dem aber der Oberpollinger für 1 000 Jahre auf den Verkauf von Unterhosen verzichten muss. In beiden Warenhäusern werden Ehrentafeln für die gefallenen Helden angebracht, weitergerüstet, die Mauern auf Festungsstärke ausgebaut. Die Geschäfte gehen zurück, der Umsatz wird immer geringer. Pleite, Schluss.

Finden Sie, dass diese Geschäftsleute vernünftig gehandelt haben?« (Lachen. Rufe: Nein, Nein. Zur Sache!) »Bitte, ich spreche zur Sache. Unser Staat macht genau das Gleiche – alle Staaten. Anstatt nur für geordneten, rentablen Betrieb zu sorgen, wird alles Geld für Mordwaffen ausgegeben, um andere Staaten teils zu überfallen, teils sich gegen Überfälle zu sichern.

Wie konnte so ein Unfug einreissen? – Es gibt viele nützliche Unternehmungen, die der einzelne nicht durchführen kann, sondern nur eine Zusammenarbeit aller. Ich nenne bloss: Strassenbauten, Unterricht, Hygiene, Geldwesen, Sicherung des Eigentums und der Individuen. Diese Zusammenarbeit ist der Zweck des Staates. Man hat Betriebsleiter mit ihrer Durchführung betraut. Aber sie haben ganz vergessen, wozu wir sie angestellt haben.

Sie bilden eine Kaste, die sich als Selbstzweck betrachtet. Sie dulden sogar, dass Unternehmungen bestehen, die diametral entgegengesetzte Ziele verfolgen, 230 nämlich die Konzerne der Mordwaffenfabrikanten. Anstatt diese gefährlichen Unternehmen aufzulösen, machen unsere Betriebsleiter gemeinsame Sache mit ihnen, kaufen ihnen ihre schädlichen Erzeugnisse ab. Für unser Geld, unser sauer verdientes Geld! Wenn die Staaten die Mordwaffen gegeneinander verwenden, das nennt man dann ›Äussere Politik‹. Sie verwenden sie aber auch zur Bedrohung des eigenen Volkes, also ihrer eigenen Dienstgeber, – (Rufe: Pfui, Pfui!) – das nennt man ›Innere Politik‹. Die Hausfrau braucht Butter, aber sie wird gezwungen, Kanonen zu kaufen.

Wodurch hat die Waffenfabrikation so eine Macht bekommen? Weil sie rein geschäftsmässig organisiert ist, Aktiengesellschaften. Auch der Staat muss eine Aktiengesellschaft werden, Direktoren anstellen, die seine Interessen wahrnehmen und entlassen werden, wenn sie das nicht tun.

Die Meteorpartei steht fest und treu auf dem Boden der Gesetzmässigkeit. Sie will keinen Umsturz, sie will nur, dass der Staat seine Aufgaben erfüllt. Restlos, voll und ganz. Nicht mit Gewalt soll das erzwungen werden, sondern durch Majoritätsbeschluss. Deutschland in der Welt voran! Alle übrigen Völker werden unserem Beispiel folgen müssen, denn überall herrscht der gleiche Misstand.

Der Meteor erhebt Deutschland zur Aktiengesellschaft. Jeder Volksgenosse wird Inhaber einer Aktie zum Nennwert von 100 Mark. Bei sechzig Millionen Deutschen ergibt das ein Gründungskapital von 6 Milliarden. Damit lässt sich viel Nützliches schaffen. Der erzielte Gewinn wird als Dividende ausgeschüttet. An Stelle des Reichstags tritt die Generalversammlung der Aktionäre, mit dem Recht, Direktoren und 231 Aufsichtsrat zu ernennen. – Keine Revolution, sondern Evolution! Deutschland A. G. Halloh! Halloh! Halloh!«

Beifall, rasender Lärm, in dem einige Protestrufe untergingen. Der Trompeter blies die Weise des Meteorlieds, der Gesang rauschte durch die Halle.

Nun gedachte Direktor Kluft, Aufschlüsse über die Technik der Gründung einer Aktiengesellschaft zu geben, aber Herr von Schneemöller bat um's Wort, und es wurde ihm erteilt. Als Ruhe eingetreten war, begann er:

»Verehrte Anwesende! Der Herr Vorredner hat einige wichtige Punkte ausser Acht gelassen. Er hat vergessen, dass wir eine Monarchie sind, eine erbliche Monarchie. Welche Stellung ist dem Monarchen in der Deutschland A. G. zugedacht? Vielleicht die eines Portiers? Unser verehrter König Otto von Bayern ist ja schon seit vielen Jahren geisteskrank. Die Leitung der Politik liegt also in den besten Händen. Will man ihn vom Thron stossen? Will man – – –.«

Indem war der Oberbürgermeister in den Saal gekommen, was viel Aufsehen erregte. Er war zum Podium gegangen, hatte einen wachhabenden Polizisten zu sich gewinkt und leise mit ihm gesprochen. Der war nun vorgetreten und verkündete, den Redner unterbrechend: »Ich löse die Versammlung auf, alle Teilnehmer haben den Saal zu verlassen.«

Doch Herr von Schneemöller wollte durchaus weitersprechen, mit Donnerstimme rief er: »Will man unsere altbewährte bayrische Paranoia durch ein fragwürdiges Experiment ersetzen? Mit nichten möchte ich leugnen, dass Irrsinn Grundlage und Vorbedingung der Staatskunst ist. Wenn Sie ihren Blick auf Preussen richten – – –.«

Da hatte ihn schon der Polizist am Kragen gefasst, 232 riss ihn unsanft von der Rednerbühne und erklärte ihn für verhaftet.

Unter allgemeiner Bestürzung wurde er abgeführt. es nützte ihm nichts, dass er beteuerte: »Ich bin Reserveoffizier, bin im diplomatischen Dienst!«

Er ist dann zwar nur zu einer geringen Geldstrafe verurteilt worden, aber das Missverständnis hätte ihm beinahe seine Carrière verdorben, besonders da der Vorgang, von unserem Photographen aufgenommen, im Meteor abgebildet erschien, neben einem Photo mit der Unterschrift: ›Die führenden Meteoristen Quartaller und Emmaus verlassen den Bürgerbräusaal in freundschaftlichem Gespräch mit Herrn Oberbürgermeister von Kölbl.‹

In allen Blättern wurde ausführlich, meistens zustimmend, über unsere Versammlung berichtet, bedauert, dass sie durch die Taktlosigkeit eines Aussenseiters der Auflösung verfiel. Der Zustrom zur Partei schwoll gewaltig an, Tausende wollten auch sofort Aktien der Deutschland A. G. zeichnen, mussten sich vormerken lassen. Wir beschlossen, die Werbung intensiv über das ganze Land auszudehnen und einen grossen Propagandazug nach Berlin zu unternehmen.

Ich hatte nun bis zu meiner Gerichtsverhandlung noch ein paar Tage Zeit, die wollte ich benutzen, um dem Chuzky-Geheimnis nachzuspüren. Leibenfrost wusste sicher mehr, als er mir gesagt hatte. Es gelang mir, seinen Wagen zu finden, und ich nahm ihn wieder mit zum Bier. Er machte ausgiebig Gebrauch von der Gelegenheit, wurde bald gesprächig.

»Gelt Herr Doktor, der Chuzky war ein Freund von Ihnen, haben S'gesagt? Weshalb hat der eigentlich sein Weib umgebracht?« 233

»Aber, Herr Leibenfrost, sowas hat doch der gute Arwed nicht gemacht. Wo denken Sie hin!?«

»Noja, dabei gewesen bin ich grad nicht. Aber wie die bei uns gewohnt haben, da war einmal ihre Magd auf ein paar Tag' zum Urlaub gefahren. In der Früh hat meine Frau den Kaffee naufbringen wollen, da hat Herr Chuzky zur Treppe heruntergerufen: ›Frau Leibenfrost, bringen Sie die Milch für Genoveva und für uns heute nur einen Kaffee, meine Frau ist tot‹.

Sie hat gedacht, er macht Spass. Aber die Frau ist tot im Bett gelegen.

Wie ich zu Mittag heimgekommen bin, war mir das sehr zuwider, und ich hab gleich den Doktor holen wollen und den Schandarm. Das hat der Chuzky nicht zugelassen, weil es so viel Schererei machet, und dann würde die Leich' seziert werden und das wäre zu grauslich, und dann müsset man sie in einen Zinksarg tun und nach Berlin bringen, das kämet schrecklich teuer, an die tausend Mark. Da wär' ihm schon lieber, er könnet mich das Geld verdienen lassen. Oh ja, das hat mir gefallen. Aber wie ich das machen sollt? Er hat es mir erklärt, und wir sind einig geworden. Auf die Nacht, wie es dunkel war, hab' ich sie dann auf einen Schubkarren geladen und mit Heu zugedeckt und hab' sie zum Kraftwerk gefahren. Da hatten wir den Tag grad' angefangen, die grosse Staumauer zu machen. Der Beton war noch nass. Ich hab' einen frischen gemischt und die gnädige Frau einbetoniert, dann bin ich heim. Am andern Tag ist dort weiter Beton eingeschüttet worden, und Niemand hat was gemerkt, und ich hab' meine tausend Markl bekommen.

Aber die Woche darauf hab' ich gemeint, ich muss es doch dem Schandarm sagen und beichten müsset ich 234 es auch. Da hat er mir noch fünfhundert gegeben, und ich sollet das Maul halten, und dann haben wir das wegen der Vevi ausgemacht, und er hat es in Tölz beim Advokaten unterschrieben.

Das Gewissen hat mich noch oft gedrückt. Dann hab ich immer Herrn Chuzky nach Berlin geschrieben, dass ich beichten gehen müsset, und er hat mich dann wieder beruhigt, meistens fünfhundert und einmal, wie es mich besonders arg geplagt hatte, tausend. War ein nobliger Herr. Meinen'S nicht, Herr Doktor, dass er sie umgebracht hat?«

»Haben die denn schlecht miteinander gelebt?«

»Oh nein, grad' gern haben sie einander gehabt, aber – –.«

Er sprach nicht weiter, stierte vor sich hin, und ich konnte nichts mehr aus ihm herausbringen. Vielleicht hatte er schon zu viel getrunken. –

Im Krankenhaus fand ich Vevi auf dem Wege der Besserung, aber noch sehr schwach, ich durfte sie nur ganz kurz sprechen. –

Dann kam der Verhandlungstag. Ich betrat den Saal gemeinsam mit meinem Verteidiger Doktor Aloys Huber. Wir waren in der Meteoristen-Tracht, Doktor Huber trug seine Verteidiger-Robe darüber. Der Zuhörerraum war dicht besetzt von Parteimitgliedern. Ich grüsste die Richter mit dem Meteoristengruss. Sofort erhob sich der Vorsitzende: »Angeklagter Emmaus, diese Art des Grusses ist hier durchaus ungehörig, ich verbiete sie strengstens. Ebensowenig kann ich zulassen, dass Sie hier in einer uniformartigen Kostümierung erscheinen. Das entspricht nicht der Würde des Gerichts. Merken Sie sich das für die Zukunft.« 235

»Doktor Huber schlug seine Robe zurück, zeigte, dass er darunter das gleiche Kostüm trug und ersuchte um Gerichtsbeschluss, ob es zulässig sei.

Der Vorsitzende brauste auf: »Dazu bedarf es keines Beschlusses. Die Vorschriften der Gerichtsordnung genügen. Der Herr Verteidiger soll sofort dieses Kostüm ablegen. Die Verhandlung wird auf eine Viertelstunde unterbrochen.« Doktor Huber verneigte sich, nahm seine Aktenmappe und verliess den Saal. Als die Verhandlung wieder aufgenommen wurde, war er mit zugeknöpfter Robe zur Stelle, wurde prüfend vom Vorsitzenden betrachtet.

Es waren keine Zeugen vorgeladen, denn, wie der Vorsitzende in seiner Eröffnungsrede sagte, bei der Offensichtlichkeit des Tatbestandes und dem vollen Geständnis des Angeklagten in der Voruntersuchung erübrige sich das. Er entnahm den Akten die betreffende Meteornummer, gleichzeitig liess er den Geschworenen Exemplare derselben überreichen, die studierten sie mit Wohlgefallen.

»Angeklagter, Sie geben zu, dass Sie diese Zeichnung und die darunterstehenden Worte gemacht haben?«

»Ja.«

»Und dass Sie dadurch gegen seine Majestät den Kaiser Stellung nehmen wollten?«

Ich sah, wie ein Geschworener mir Zeichen machte, ich solle es nicht zugeben, aber ich antwortete: »Ja.«

Der Vorsitzende fuhr fort: »Über den beleidigenden Charakter von Bild und Text kann wohl kein Zweifel sein. Wieviel bekommen Sie für so eine Zeichnung?«

»Der Herr Untersuchungsrichter hat mir gesagt, bis zu fünf Jahren Gefängnis.« 236

»Ich meine natürlich, welche Bezahlung. Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind.«

Doktor Huber fuhr auf: »Ich protestiere gegen die Beleidigung meines Klienten.«

»Sie haben garnichts zu protestieren, Herr Verteidiger!«

»Wenn der Herr Vorsitzende die Verhandlung nicht objektiv führen will – –.« In der Erregung hatte er eine so weit ausholende Geste gemacht, dass sich seine Robe öffnete. Die Augen der Richter stierten erschrocken auf ihn hin.

Der Vorsitzende: »Herr Verteidiger, das ist unerhört! Sie erscheinen hier bloss mit einem Hemd bekleidet, nicht einmal Unterhosen haben Sie an.«

»Bitte, Herr Vorsitzender, ich habe nur Ihren Befehl ausgeführt. Sie verlangten, dass ich sofort meine Meteoristen-Kleidung ausziehe, das habe ich getan, eine andere hatte ich nicht zur Stelle.«

Entrüstung bei den Geschworenen, Lachen und Applaus bei den Zuhörern. Der Vorsitzende drohte ihnen mit Räumung. Die Richter zogen sich zu einer Beratung zurück, verkündeten dann dem Verteidiger eine Ordnungsstrafe von 50 Mark und dass er einstweilen sein Meteoristengewand wieder anziehen solle. Nach einer Pause ging die Verhandlung weiter.

Befragt, ob ich die beleidigende Absicht zugebe, antwortete ich: »Nein. Als Meteorist stehe ich durchaus auf dem Boden der Monarchie, ich wollte nur darauf hinweisen, wiesehr es dem monarchischen Princip schadet, wenn sein höchster Vertreter sich der Anstiftung zum Morde schuldig macht, eines strafbaren Verbrechens. Der Meteor vertritt die Überzeugung, dass 237 es Aufgabe des Staates ist, Morde zu verhindern, nicht sie zu fördern.«

Das Plaidoyer des Staatsanwalts, das sehr kurz war, fand, dass ich mich durch diese Worte einer neuerlichen Majestätsbeleidigung schuldig gemacht habe.

»Die verbrecherische Gesinnung des Angeklagten geht schon daraus hervor, dass seine sogenannte Meteorpartei offenen Landesverrat betreibt, sie will das Vaterland wehrlos machen.«

In seiner Verteidigungsrede sagte Doktor Huber: »Die Worte, welche mein Klient auf seiner Zeichnung den Kaiser sprechen lässt, sind authentisch. Der Kaiser hat sie gesprochen, und wenn sie eine Majestätsbeleidigung enthalten, so hat der Kaiser die selbst begangen. Das ist rechtlich sehr wohl möglich, denn ›Majestät‹ ist ein Begriff, keine Einzelperson. Ich muss mir also den Antrag vorbehalten, den Kaiser ebenfalls unter Anklage der Majestätsbeleidigung zu stellen, falls die Herren Geschworenen meinen Klienten für schuldig befinden.«

Das war eine ungeschickte Verteidigung, denn die Geschworenen waren naiv genug zu glauben, sie könnten durch meine Verurteilung den Kaiser auf die Anklagebank bringen. So bejahten sie einstimmig die Schuldfrage.

Die Richter verurteilten mich zu fünf Jahren Gefängnis. Von sofortiger Verhaftung wurde abgesehen, da meine 50 000 Mark Kaution genügend Sicherheit böten. Gegen Schwurgerichts-Urteile gab es keine Berufung. Aber ich liess es mir nicht unter die Haut gehen. Irgend ein Wunder würde sich rechtzeitig einstellen. Beim Verlassen des Gerichtsgebäudes wurde ich stürmisch von der Meteoristen-Menge begrüsst. Einige 238 Jünglinge nahmen mich auf die Schultern, wollten mich nach Hause tragen. Das war sehr unbequem, so winkte ich eine Droschke herbei, es war eine offene, aber sie liessen mich nicht los, setzten sich hinein und behielten mich auf ihren Schultern. Sie sangen dazu das Meteorlied.

Alle Zeitungen missbilligten das harte Urteil. Die nächste Meteornummer erschien mit Trauerrand.

Quartaller war entzückt: »Unsere Auflage verdoppelt sich.« Professor Steinbeis hielt es aber für wichtiger, dass etwas wegen meiner Gefängnisstrafe unternommen werde, mindestens müsse sie im Gnadenwege in Festungshaft umgewandelt werden, die Künstlerschaft werde sicher eine Eingabe an den Regenten machen. Der alte Prinz-Regent, der in Vertretung des wahnsinnigen Königs regierte, gab sehr viel auf die Meinung der Künstler, war besonders mit dem berühmten Professor Mosbacher befreundet. Den kannte Steinbeis gut vom Tarok im Künstlerverein Isaria her. »Das trifft sich ausgezeichnet, Mosbacher malt gerade den Regenten als Ritter des Hubertusordens, morgen gehen wir zu ihm.«

Beim Betreten seiner Villa glaubte ich, in einen altitalienischen Palazzo versetzt zu sein, alles so täuschend und echt nachgeahmt. In dem hofartigen Garten plätscherte neben Zypressen ein antiker Springbrunnen, mit wundervollen Steinfiguren. Eine breite Freitreppe führte in florentinische Gemächer. Im Vestibül stand ein reich verzierter, broncener altrömischer Lehnsessel, mit herrlicher grüner Patina. Ich bewunderte ihn sehr und hatte gerade an einem weiss abgebröckelten Stückchen erkannt, dass er von Gips war, als der livrierte Diener wieder erschien: Der Meister lasse bitten. 239

Wir betraten ehrfürchtig das prunkvolle Atelier. Venezianischer Wandschmuck in Gold und Bronce, kostbare Marmorsäulen, dicke purpurne Portieren, kassettierte Deckentäfelung. Auf einer Art Thron sass der Regent in dem schwarzen mittelalterlichen Hubertuskostüm, daneben malte der Meister sein lebensgrosses Porträt, ganz in die Arbeit vertieft. An eine Marmorsäule gelehnt wartete ich in weihevoller Bewunderung.

Heimlich nahm ich mein Taschenmesser heraus und kratzte ein bisschen an dem Marmor. Richtig, es war auch nur Gips. Und der prächtige Samtvorhang fühlte sich deutlich wie Baumwolle an. Aber so musste es ausgesehen haben, als Tizian Kaiser Karl den Fünften porträtierte. Die alte Erzählung fiel mir ein, wie der Monarch sich gebückt habe, um dem Meister den Pinsel vom Boden aufzuheben.

Vielleicht hatte Mosbacher sich ebenfalls daran erinnert und gedachte, seinen Besuchern ein denkwürdiges Schauspiel zu geben. Auch er liess seinen Pinsel fallen, erwartete, dass der Regent ihn aufheben würde. Der rührte sich aber nicht. Er war nämlich eingeschlafen. Mosbacher sah uns prüfend an, es gelang uns ernst zu bleiben, als hätten wir nichts bemerkt. Trotzdem fühlte sich der Meister unsicher, bat uns in einigen Tagen wiederzukommen, er dürfe jetzt seine Arbeit nicht unterbrechen.

Steinbeis verfasste inzwischen für mich ein Gnadengesuch, das wollten wir dann dem Regenten selbst überreichen.

Als wir am Ende der Woche unseren Besuch wiederholten, führte Professor Mosbacher sofort den damals misslungenen Trick vor, der Pinsel fiel zu Boden, der 240 Regent sprang eilends von seinem Thron herunter, hob ihn auf und überreichte ihn dem Meister mit einer Verbeugung. Der bedankte sich nicht einmal.

Bewundernd sagte ich: »Herr Professor sind wirklich nicht nur ein Fürstenmaler, sondern auch ein Malerfürst.« Dadurch kam er in sehr liebenswürdige Stimmung. Wir sassen lange Zeit in seiner altpompejanischen Trinkstube beim Wein, und er nahm unser Ansuchen mit grossem Wohlwollen entgegen, wollte aber durchaus nicht, dass wir selbst es dem Regenten überreichten. Er werde das schon machen. Als wir fortgingen, durch den Garten, entfernte sich auch gerade der Regent, jetzt in bewunderswert einfacher bürgerlicher Kleidung, beinahe dürftig.

Wir verneigten uns tief, und er grüsste uns sehr leutselig: »Grüss Gott die Herren, heut malt der Mosbacher nimmer. Möchten'S mir nicht ein Zwanzigerl schenken auf ein' Kaffee?«

Wir waren masslos erstaunt. Litt er vielleicht auch schon an der Familienkrankheit? Natürlich beeilten wir uns, ihm den königlichen Wunsch zu erfüllen.

Dann stellte sich heraus: Den alten Regenten hatten die Porträtsitzungen zu sehr angestrengt, er war immer dabei eingeschlafen, so hatte der Meister einen täuschend ähnlichen Modellsteher gefunden, ihm das Hubertus-Kostüm angezogen und malte jetzt nach ihm das Porträt weiter.

Tatsächlich ist durch allerhöchste Gnade meine Strafe auf 4 Jahre Festungshaft abgemildert worden, die ich in der Feste Oberhaus bei Passau absitzen sollte.

Den Meteoristen genügte diese Ermässigung nicht. Eine Woge der Entrüstung überflutete die Massen, liess die Führung unseren Händen entgleiten, drohte, 241 der Partei einen revolutionären Charakter zu geben. Schon veranstaltete sie Versammlungen, ohne uns zu befragen. Die Sache fing an, uns unangenehm zu werden, umsomehr, da wir, die Gründer und Vorstandsmitglieder, es nicht für opportun hielten, öffentlich von unseren allzu eifrigen Anhängern abzurücken.

Besonders peinlich war es mir, als eine Versammlung mit dem Schlagwort ›Der Fall Emmaus‹ stattfinden sollte. Ich blieb ihr fern, schickte aber den Lyriker Eugen Lomohl mit geheimen Direktiven hin. Nachdem man dort zuerst einige wilde Reden gehalten hatte, in denen ich als Märtyrer der Meteorsache gefeiert, meine gewaltsame Befreiung gefordert, allgemeiner Aufstand angekündigt wurde, meldete sich Lomohl zum Wort und sprach: »Meteoristen! Ich bin der Dichter des Meteorliedes, so darf ich annehmen, dass mein Wort Beachtung findet. Der Meteorismus lehnt grundsätzlich den Gebrauch von Waffen ab. Wenn wir gewalttätig vorgehen, geben wir unseren Gegnern Gelegenheit, uns mit Gewalt zu unterdrücken, mit Waffengewalt. Das wollen wir nicht. Sicher ist es süss und angenehm, für eine edle Sache zu sterben, aber noch süsser und angenehmer ist es, für eine edle Sache zu leben. Unsere Waffe ist der Stimmzettel. Er wird uns zum Siege führen. Papier ist besser als Stahl.« Seine Rede fand nur wenig Beifall, aber er blieb beim Rednerpult stehen.

Eine dicke, schwitzende Frau, auch in Meteorbluse, bahnte sich den Weg nach vorn, es war die Zenzi Wachengans. »Meteoristen!« schrie sie, »Die Frau soll reden, wenn die Männer nichts zusammenbringen. Für manche Zwecke ist Papier gewiss besser, da hat der Lomohl recht, aber nicht für alle (Gelächter). Der 242 Emmaus muss gerettet werden. Nur durch Revolution können wir uns von den Politikern befreien. Wir brauchen keine Waffen. Wir können sie mit der freien Hand aufhängen. Auf, Meteoristen! Lasst uns Barrikaden bauen!«

Alles schaute verächtlich auf Lomohl, der beteiligte sich lebhaft an dem allgemeinen Applaus. Er ergriff dann noch einmal das Wort, ohne sich durch Zwischenrufe abhalten zu lassen. »Meteoristen! Ich bin mit der Vorrednerin voll und ganz einverstanden. Gut, Revolution! Der Meteorismus verlangt strenge Gesetzmässigkeit auch bei Revolutionen. Die Vorrednerin hat richtig erkannt, keine Revolution ohne Barrikaden. Barrikaden sind Bauwerke wie alle anderen. Frühere Revolutionen sind missglückt, weil die Barrikaden nicht fachgemäss gebaut wurden. Wir wollen die tüchtigsten Architekten beauftragen, uns Pläne und Kostenvoranschläge zu machen, wir lassen sie dann von den tüchtigsten Bauarbeitern ausführen, tausende finden lohnende Beschäftigung. Und selbstverständlich sind die Pläne vor der Ausführung dem Stadtbauamt zur Begutachtung und Genehmigung vorzulegen. Ich bitte, die hier anwesenden Herren Bauarbeiter und Architekten, die bereit sind, an der grossen und einträglichen revolutionären Arbeit teilzunehmen, ihre Namen und Adressen in die Liste einzutragen, die ich hier auflege. Bitte, meine Herren!«

Der Beifall überwog den Widerspruch. Viele schrieben sich in die Liste ein. Man verabredete eine vorbereitende Besprechung der Architekten. Die Versammlung wurde geschlossen, ging friedlich auseinander.

Die Pläne sind gemacht worden, schöne Pläne, die meisten im zeitgenössischen Meteorstil, manche mehr 243 klassizistisch, nur einer war gotisch. Sie wurden dem Bauamt eingereicht, gerieten in den Instanzenzug. Sie befinden sich wohl noch heute dort.

Diese Gefahr war beseitigt. Die braven Meteoristen beruhigten sich allmählich über meine Verurteilung. Mich hatte sie nie beunruhigt. Ich hörte, in der Festung Oberhaus sei es nicht schlimm. Ein uralter Oberst der königlichen Leibgarde, Herr von Pressath, sei dort Kommandant, eine Art Altersversorgung für ihn, er sei taub, halb blind und ein bisschen gelähmt, wolle nur seine Ruhe haben. Professor Mosbacher verschaffte mir ein eigenhändiges Empfehlungsschreiben des Prinzregenten an ihn. Immerhin war die Aussicht, vier Jahre hinter Festungsmauern zu schmachten, nicht angenehm. Alle Unannehmlichkeiten muss man dilatorisch behandeln. So fragte ich bei der Behörde an, ob ein Termin für meinen Strafantritt festgesetzt sei. Nein, es war noch keiner festgesetzt, nur würde ich meine Kaution von 50 000 Mark erst bei Strafantritt zurückbekommen. Das mochte bedeuten, dass ich um den Preis von 50 000 Mark meine Freiheit behalten könnte. Ziemlich teuer!

Einstweilen wollte ich abwarten, zeichnen, malen, vielleicht ein bisschen die Partei organisieren, die jetzt im ganzen Reich, ja auch im Ausland, Anhänger werben sollte.

Auf einmal schienen meine Bilder sehr geschätzt zu werden. Ein kunstverständiger Architekt aus dem Rheinland Namens Eschwege besuchte mich und kaufte alles, was ich an Malereien im Atelier hatte, zahlte jeden Preis, den ich verlangte, bat mich, ihn sofort zu verständigen, sobald ich Neues geschaffen hätte. Zeichnungen erwarb er nicht, meinte, es sei schade, dass ich 244 mein Talent mit diesen ephemeren Dingen verdürbe. »Meine Frau ist derselben Meinung, sie lässt Sie übrigens schön grüssen, sie hält sehr viel von Ihrer Malerei, sie war früher in München, sie kannte Sie persönlich.«

»Ja? Wie hiess sie denn?«

»Sie war Malerin, hiess Rita Kläusgen. Jetzt malt sie nicht mehr, widmet sich ganz der Familie und der sozialen Fürsorge.«

»Rita?!« rief ich, fasste mich aber schnell »So? Das ist schade, sie war sehr begabt. Bitte, empfehlen Sie mich der Frau Gemahlin.«

Als ich das Quartaller erzählte und ihm den Namen Eschwege nannte, lachte er: »Wissen Sie, dass das der Mann ist, der die Bilder für Krupps Kunstsammlung kauft? Die Waffenfabrikanten wollen den Meteor auf diese Weise bekämpfen. Er hat auch Resniksen veranlassen wollen, Ölbilder für ihn zu malen, nicht mehr zu zeichnen. Glücklicherweise ist Resniksen farbenblind. Bei Gradl hat Eschwege ein grosses Bild einer Eisengiesserei bestellt. Haben Sie denn nicht gewusst, dass er uns die Kläusgen ausgespannt hat? Er hatte sie mit der gleichen Absicht besucht, scheint sich aber dabei wirklich in sie verliebt zu haben, hat sie vom Fleck weg geheiratet, und nach sieben Monaten haben sie schon ein Kind gehabt«, dabei sah er mich scharf und spöttisch über seine Brillengläser hinweg an, »sie scheint die Kunst aufgegeben zu haben. Die Nachtigall singt nicht mehr, wenn sie Eier legt. Unter der Hand haben die Waffenfabrikanten versucht, unser Blatt zu kaufen, es war die Rede von 3 Millionen. Wir werden das alles veröffentlichen, gibt eine neue Sensation.«

»Nichts übereilen, lieber Quartaller! Eschwege will 245 auch eine grosse Monographie ›Über den Maler Emmaus‹ erscheinen lassen, Geheimrat von Wackes wird ihr Verfasser sein. Das möchte ich erst noch abwarten. Übrigens, wenn man Ihnen 10 Millionen bietet, werden Sie schliesslich doch noch in den Verkauf des Blattes einwilligen, fürchte ich.«

»Vielleicht – –« sagte Quartaller, er wurde nachdenklich. Ich auch.

Daraufhin hatte ich mit Doktor Huber, Direktor Kluft, Resniksen und dem Dichter Lomohl eine Beratung in meinem Atelier. Ich sagte Ihnen, welche Gefahr uns von den vereinigten Waffenfabrikanten drohe und dass Quartaller möglicherweise das Blatt an sie verkaufen würde, seinem Vorleben nach sei er dazu imstande. Alle waren entrüstet, dem müsse vorgebeugt werden. Auf Doktor Hubers Vorschlag kamen wir am Sonntag Nachmittag mit Quartaller in der Redaktion zusammen und verlangten von ihm, daß er sich verpflichte, das Blatt nicht ohne unsere Zustimmung zu verkaufen. Darauf einzugehen war er gern bereit, aber schriftlich bestätigen wollte er es nicht.

»So verlangen wir, dass das Besitzrecht an dem Zeitungstitel ›Meteor‹ den Vorstandsmitgliedern der Partei notariell übertragen wird.«

»Ich denke gar nicht daran«, antwortete er, »der Meteor gehört mir, ich kann damit machen, was ich will.«

»Auch verkaufen?«

»Selbstverständlich.«

»Auch an die Waffenfabrikanten?«

»Meine Herren, ganz im Vertrauen, mir sind neun Millionen dafür geboten worden. Ich will Sie gern auch etwas verdienen lassen. Jeder von Ihnen soll 246 100 000 Mark in bar bekommen und Sie werden Ihre geschätzte Mitarbeit weiterhin dem Blatt und der Partei widmen.«

»Niemals!« rief Doktor Huber.

In diesem Augenblick ging die Tür des Nebenraumes auf, Katja stürzte herein, sprang auf Quartaller zu und schrie: »Schämst du dich nicht?! So bis in den tiefsten Grund deiner Seele hinein verstunken! Pfui Teufel!« Sie ohrfeigte ihn rechts und links. Er sank in seinem Sessel zusammen. »Bin ich deshalb zu dir zurückgekommen? Ich dachte, du hättest dich gebessert. Ich wollte an euerem grossen, edlen Unternehmen teilnehmen. Wir waren froh wieder beisammen zu sein. Und nun so etwas!«

Quartaller wischte sich den Schweiss von der Stirn. »Aber Katja, liebe Katja, das war gar nicht so gemeint. Das Geld wäre natürlich der Partei zugute gekommen. Sei doch vernünftig.« Er versuchte ihre Hand zu erfassen.

Sie trat zurück: »Keinen Augenblick länger bleibe ich bei dir, wenn du nicht Sicherheit gibst, dass der Meteor nicht verraten und verkauft wird. Du wirst den Vorschlag der Herren annehmen.«

»Das war doch von Anfang an meine Absicht, liebe Katja. Wie kannst du mich nur so missverstehen.«

Ohne ein Wort weiter zog sie ihren Mantel an und ging.

Er sass eine Weile vernichtet, ganz klein, sah uns scheu an, erhob sich schnell und lief ihr nach. Wir lachten sehr.

Schon am folgenden Tage wurde der Vertrag notariell unterzeichnet. Katja blieb wieder bei Quartaller. Sie haben bald danach auf dem Standesamt geheiratet. 247

 


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