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Laute Gäste

Ein Spiel nach Richard Billinger

Personen:

Seppel Zinkerl, ein Bauer
Sidonie, seine Tochter (ist irrsinnig)
Xaver, ein uralter Knecht
Schauspielerin Wirt

Szene: Wirtshaus

 

Seppel: Auf die Bank da komm her!

Xaver: Freilich!

Seppel: Hast mich alleweil am besten kennt. Weißt noch genau, wie's gegangen ist, damals, in der Hexennacht, da, als der Sturm durchs Inntal brüllte und nachher lag der alte Gimpflinger im Graben und streckte alle Viere von sich.

Xaver: Hihihi! Seh ihn noch liegen, den Saumensch. Und keiner weiß, daß er umgebracht ist.

Seppel: Keiner weiß. Und ist doch mit selbigem Messer geschehen.

Sidonie (kommt herein): Heissa, ich hab ein Kraut, ihr Herrn, das macht jede Wunde lind, das heilt Schmerzen. O je, o je. Durch den Wald bin ich geritten, der Ziegenalten bin ich begegnet, die wo immer ihren Bock melken tut, hinten bei der großen Kluft. Aber die Ziegenalte hat ein Leichnam gefunden und hat ihn verscharrt und hat immerzu g'sagt: dumme Menschen seid's, dumme Menschen seid's!

Seppel: Tochter, red net z'viel. Setz dich daher!

Sidonie: Na, zu dir tu i mi nimmer setzen. Müßt mi ja schämen vor der Ziegenalten. Hat heut einen Kreis gezogen um dein Haus, Vater. Bedeutet nix Gutes …

Seppel: I fürcht sie net, deine Ziegenalte.

Sidonie: Wie find'st mei G'wand? Schön, gelt? Sind lauter Farnkrauter dran. Im Wald hab i g'schlafen und der Roßbub ist 'kommen und hat bei mir g'legen. Ach, der schöne, schöne Roßbub. So gut hat er g'rochen nach seine Rösser.

Xaver: Ja, ja, sinnlich san mer alleweil im Inntal.

Der Wirt: Seid's stad, Leut', Komödianten spiel'n.

Auf der Bühne des Wirtshauses ist der Vorhang aufgegangen, eine Schauspielerin spielt eine fromme Szene.

Schauspielerin: O Herr, sieh mich in meiner Not, o Herre, nimm von meinem Brot, sieh mich in meiner Schande stehn und laß mich nicht ohn' Trost fortgehn.

Sidonie: Ein schönes Spiel.

Xaver: Aber was soll 's hier?

Seppel: Ein Spiel gehört ins Spiel. Aber was ist dös? Mein Messer zuckt. Es will wieder a Blut. Xaver – sag – wen soll i umbringen?

Xaver: Wann's d' mi liebst, nachha bringst mi um.

Seppel: Ja, i bring di um, mitten in der Vorstellung, weil's du der alte treue Xaver bist (er ersticht ihn).

Xaver: Dank, Seppel, Dank (stirbt).

Wirt: Pst! Stille da. Immer diese lauten Gäste alleweil.

Sidonie: Wieder a Mord, hei – wieder a Mord. Herrlich, wie urwüchsig und gefährlich wir hier noch sein im fröhlichen Inntal.

Vorhang.

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