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2. Für eine elegante Modezeitschrift:

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Coctail mit Li

Gert nahm Li bei der Hand und sagte: »Hier also wohnen wir meistens zum Wochenende!«

Eine fröhliche Gesellschaft war beisammen. Da war Sonja, mit dem dunkel saugenden Blick, die mit übergeschlagenen Beinen neben dem spindeldürren Architekten saß, den sie alle Klops nannten. Da war ferner die dämonische Malerin Frieda, die meistens Pfeife rauchte oder auch Stumpen, und die leider noch keinen Mann gefunden hatte, der es gewagt hätte, ihr diesen Unfug zu verbieten. Auf der Couch lag Carmen, hochblond und mollig – denn so mondän ist ja keine Gesellschaft, als daß nicht einige ihrer männlichen Mitglieder für mollige Mädchen inklinierten. Am Fenster standen zwei gutrasierte Jünglinge in abwartenden Haltungen.

»Dies ist Li«, sagte Gert. »Ich habe sie vorhin im Walde gefunden. Sie hat sich verlaufen. Wir werden sie heute abend mit nach London nehmen.«

Carmen, die hochblonde, machte Schmoll-Lippen: »Gibt es sowas? Daß man ein bildhübsches Mädchen im Walde findet, als wäre es eine Bickbeere?«

»Also, Kinder, sei'n wir nicht nüchtern«, sagte Gert an Stelle einer Antwort, »ich will zunächst mal einen kleinen Coctail mixen.« Er nahm Flaschen und silberne Becher und braute mit Sachverstand einen undefinierbar aussehenden Drink. Alle tranken und machten fachlich-musternde Gesichter. »Recht nett«, sagte die dämonische Malerin Frieda und dann trank sie in bemerkenswerten Mengen.

Sonja legte eine Platte aufs Grammophon und Klops tanzte mit ihr. Sie tanzten durch die Tür hindurch ins Nebenzimmer hinüber. Gott, wie schrecklich, dachte Li, sicher küßt er sie nun.

Als Sonja mit dem Architekten zurückkehrte, war ihr Haar zerzaust. Klops sagte: »Das hat sie selbst getan, damit ihr neidisch werdet!«

Gert kicherte: »Wenn schon!« Die Herren mit den abwartenden Haltungen lachten dünn.

Die Musik plätscherte fort und fort wie laues Badewasser – man bemerkte sie kaum noch.

(Fortsetzung folgt)

3. Für eine Provinzzeitung:

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Lissy verläßt ein Schloß

Bodo von Reizenstein zuckte mit der immer noch männlichen Achsel. Erregung durchwallte sichtlich seinen Oberkörper. Lissy Waldmann erwiderte: »O, Bodo von Reizenstein, du irrst dich. Eine Freundin habe ich dir sein wollen und will dieses auch heute noch. Mehr aber mag und kann ich dir nicht geben!«

»Dann möchte ich nur wissen«, erwiderte Bodo mit hohnvoller Ironie, »wem du mehr zu geben gewillt bist und wenn ja, wieviel!«

»Bodo!« rief sie in gekränktem Mädchentum, »das hättest du eben nicht sagen sollen. Das zerstört ja direkt unsere Freundschaft. Und die hat doch immerhin 5 Jahre gewährt. Ich weiß wohl, daß ich dir Dankbarkeit schuldig bin. Du bist es gewesen, der mich im Walde aufgelesen hat, frierend und ärmlich gekleidet, mich, die die Zigeuner erst geraubt und dann verstoßen hatten. Du warst es, der mich auf dies zwar verschuldete, aber immer noch hochherrschaftliche Schloß gebracht und an mir wie ein Vater gehandelt hat. Doch ist es unmöglich, daß wir dies Verwandtschaftsverhältnis jetzt ändern!«

»Jedes deiner Worte schneidet mir in die Seele!« sagte Bodo. »Ja, Lissy, es stimmt, fünf Jahre lang habe ich mich beherrscht, habe zurückgehalten, was ungestüm in mir kochte – aber auch ein Bodo von Reizenstein ist nur ein Mann …«

»Das wäre ja weiter nicht schlimm«, entgegnete die Jungfrau, »wenn er nur nicht ein so alter Mann wäre!«

»Lissy!« schrie Bodo und die Wanduhr blieb vor Schreck stehen. Bodos Zornader schwoll an und trat übers Ufer. Drohend erhob er die Rechte zum Schlag. Wer weiß, was geschehen wäre, wenn nicht just Fridolin, der fröhliche Gärtnersbursch, in den Salon, in dem diese Szene natürlich spielt, getreten wäre.

Bodos Zornader bebte. »Hinaus mit dir, du alberner Gärtnersbursch! Wie kannst du es wagen, mit deinen eisenbeschlagenen Schuhen auf dem Parkettfußboden herumzutrampeln? Willst du ihn nachher bohnern?«

»Nein, das will ich nimmer«, sagte der Gärtner, »sondern ich will meine Lissy vom Tyrannen befreien!«

»Deine Lissy?« Bodo erbleichte. Hierauf ging ihm ein Licht auf. »Dann wäre Fridolin derjenige, dem du mehr geben magst … O du undankbare Natter, verlaß auf der Stelle Schloß Reizenstein!«

»Das sowieso!« sagte Fridolin, nahm Lissy auf den Arm und verließ das Schloß.

(Fortsetzung folgt)


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