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Kleine Liebe zu Lilofee

Nach Manfred Hausmann

Am Bahndamm, mitten im Walde, saß der junge Mann und freute sich, wie gut es sich hier saß.

Mit Tüüüt und Tuuut fuhr die Lokalbahn vorüber und der junge Mann glaubte, es sei gut, dem Lokomotivführer die Zunge zu zeigen: Bäää. Da sah er, daß im letzten Wagen ein Mädchen zum Fenster hinausschaute, ein Mädchen im blauen Pullover, eine von denen, weißt du, die einen vergnügt machen, ohne daß sie etwas dafür können. Der junge Mann führte die Hand zum Munde und machte eine unbestimmte Bewegung – möglicherweise konnte es eine Kußhand gewesen sein.

Das Mädchen lachte. Mensch, da sprang der junge Mann aber hoch, lief hinter dem Zug her, und das Mädchen lachte noch mehr. Wohin fährt denn der Zug? rief er hinüber, um nur rasch etwas zu sagen, er war voller Verlegenheit. Nach Lopau, rief das Mädchen zurück. So, nach Lopau, aha, wie nett, sagte der junge Mann. Und dann blieb er stehen, denn auch eine kleine Lokalbahn fährt schneller, als ein großer junger Mann laufen kann.

Er warf dem Mädchen im blauen Pullover noch verschiedene Kußhände nach und sie lachte. Lach du man, dachte der' junge Mann, du hast gut lachen in deiner sicheren Eisenbahn. Du solltest mal mit mir hier allein in der norddeutschen Tiefebene sein, dann hätte ich auch ein bißchen Grund zum Lachen. Hierauf schlug er sich seitwärts in die Büsche. Er legte sich hin, um zu pennen.

Er lag noch nicht lange – da machte es Krick und Krack in den Zweigen. Der junge Mann sprang hoch, vor ihm stand ein großer Herr. Donnerwetter, habe ich mich erschrocken, sagte der junge Mann. Sind Sie ein Gespenst?

Dies weniger, meinte der andre. Er war ein wirklich pikfeiner Herr und er roch nach Wohlgewaschenheit und aller erdenklicher Kultur, und es war ganz und gar unerklärlich, wieso er in diesen einsamen Wald kam.

Ich suche Sie, sagte der Feine. Ich bin ein Herausgeber von Büchern. Ich habe eine kleine Liebe zu Ihnen. Ich möchte Sie verlegen.

Sie machen mich verlegen, erwiderte der junge Mann. Ich habe so gut wie keinen Stil … ritschplitsch, spuckte er gegen eine hundertjährige Föhre – ich spreche immer nur Jargon und ungewaschenes Zeug, wie mir der Schnabel gewachsen ist.

Aber das wollte der Herr gerade haben. Sträuben Sie sich nicht länger, sagte er, hier haben Sie ein Ticket nach Amerika, hüllen Sie sich fesch in Schale, tun Sie im übrigen, was Sie wollen, ich bin mit allem einverstanden, wenn Sie es beschreiben. Und später schenke ich Ihnen einen Luftballon und eine Mundharmonika, damit dürfen Sie dann spielen. Los, junger Mann, Sie sollen es gut bei mir haben.

Da fuhr der junge Mann nach Amerika. An Bord traf er die kleine Lilofee, die von einem Herrn aus Brake begleitet wurde. Der Herr trug einen Smok.

Hallo, du kleine Lilofee, sagte der junge Mann frohen Muts, was willst du denn bei dem Smok aus Brake? Und warum fährst du überhaupt über den großen Teich?

Lilofee antwortete:

Bin nur ein armes, zartes Mädchen,
rede in Versen wie weiland Gretchen,
und tu überhaupt, als wär ich aus Faust,
weiß nicht, welch Dämon wohl in mir haust.

Der junge Mann ließ sich nicht beeinflussen und sprach in handfester Prosa weiter: Das ist keine Antwort auf meine Frage. Warum willst du über den großen Teich?

Und Lilofee hauchte:

Warum? Ja, laß mich überlegen.
Sieh – über Bremen fiel ein Regen,
der fiel und fiel ohn' Unterlaß,
da war's für mich zartes Ding zu naß.

Jaja, sagte der junge Mann. Das ist bekannt mit dem Regen über Bremen. Das kommt von dem Tief über Worpswede, dabei kann man nichts machen. Lilofee fiel ihm um den Hals und faßte sich so kurz, daß es nicht gereimt werden brauchte: Küß mich! sagte sie.

Der junge Mann, schon Halbwegs in Amerika, erwiderte infolgedessen: Allright!


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