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Die Heu-Ernte

Nach Karl-Benno von Mechow

Der Verwalter ging mit langsamen Schritten über den Hof. Er hörte das Rasseln der Pferdeketten im Stall, vermutlich war dort etwas in Unordnung, und es wäre seine Pflicht gewesen, nach dem Rechten zu sehen. Er aber begann plötzlich zu laufen, um das Haus herum, zur Scheune, wo die Frauen waren, die mit langen Gabeln das schmutziggraue Heu zum Boden hinaufreichten.

Mürrisch blickte er rundum, aber es gab nichts, das zu bemängeln wäre. »Wo ist Ruth?« fragte er.

Er erhielt keine Antwort, nur die dicke Frau Puhlmann lachte breit und behäbig, und mit diesem Lachen drückte sie alles aus: daß sie wohl verstehe, was die Frage zu bedeuten habe, und daß es eigentlich etwas lächerlich sei für einen Verwalter, sich um ein halbes Kind, dazu noch ein so spindeldürres wie Ruth, zu bekümmern.

Da flammte die Wut aus des Verwalters Augen. Was sie da zu lachen habe, wollte er wissen. Bei ihm gäbe es nichts zu lachen. Und wer ordentlich arbeite, der könne dabei nicht lachen. Aber die dicke Frau entgegnete ganz ruhig, sie arbeite nicht mit dem Mund, den habe sie ganz und gar frei dabei, wie der Herr Verwalter sich persönlich überzeugen könne, wenn er Lust verspüre.

Der Verwalter begriff, daß er wieder töricht gehandelt hatte. Die Frau hatte ja nur gelacht, sonst nichts, und alles, was er hinter diesem Gelächter gesehen hatte, war doch von ihm selbst hinzugetan.

Er ging fort. Mochten die Frauen das Heu allein in die Scheunen bringen, oder mochten sie es auch nicht tun; ihm war es gleich. Er stapfte über die Wiese, diesen blumigen, feuchten Teppich, und die Halme wanden sich unter seinem Schritt. Bald lag der Hof hinter ihm, jener Hof, den er zu verwalten hatte, und in dem es nun nicht so ging, wie es auf einem Bauerhof gehen mußte. Ja, so war es seit dem Tage, da er zum erstenmal das Mädchen namens Ruth, die ganz jung noch war und ganz zart, gesehen hatte. Dort in jenem Walde, der nun angegelbt vor ihm lag, war es gewesen, und nachts, – sie hatte in dem Teich gebadet und er hatte sie, eine Elfe, im Mondlicht schwimmen sehen.

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