Fritz Grünbaum
Die Hölle im Himmel und andere Kleinkunst
Fritz Grünbaum

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Die Dollarprinzessin

Chor mit Lied Alice

Chor
Schreibmaschinenmädel muß
Schnell die Hände rühren,
Darf bei ihrer Arbeit nie
Müdigkeit verspüren.
Sorgsam soll sie immer wachen,
Keinen Lapsus je zu machen,
Keine Zeile doppelt bringen,
Keine Seite überspringen.
Fleckenlos und fehlerfrei,
Sauber ihre Arbeit sei,
Immer fleißig – immer zu
Ohne Ruh'!
Tick tick tack
Mit geschäft'ger Miene!
Tick tick tack
Macht die Schreibmaschine!
Sitzen hier
Ach, den ganzen Tag,
Immer Müh' und Plag',
Tick tick tick tick tick tack! 116

Alice
Guten Morgen, meine Damen!

Chor
Guten Morgen, Miß Alice!

Alice
Sehr verspätet heut' sie kamen,
Ungehörig find' ich dies!

Chor
Ach! Ach, verzeih'n Sie das Versehen,
Denn der Weg ist ziemlich weit,
Und vom Haus hieher zu gehen,
Dazu braucht man wahrlich Zeit!

Alice
Ach, ja mit Dandys geh'n spazieren,
Lieblich flirten, kokettieren,
Ei, das macht den Weg wohl weit,
Ei, da braucht man wahrlich Zeit!
Doch so etwas duld' ich nicht,
Hört, was Euer Chef jetzt spricht:
Einem Herrn nur jede dien':
Eurer ist die Schreibmaschin'!
Wer aufs Wort mir nicht pariert,
Wird – expediert!

Chor
Wird – expediert! 117

Lied Alice

I.
Ein echtes Selfmademädel
Von echter Yankeerass',
Dem machen die Thadädel,
Die Dandys, keinen Spaß.
Sie läßt die Gecken gucken,
Und denkt sich nur dabei:
Ich pfeif' auf diese Mucken
Und auf die Flirterei!
Schwört einer ihr beim Himmel,
Daß er sie liebt so heiß,
Was von dem Bamelbimel
Zu halten ist, sie weiß.
Sie mißt das feine Herrchen
Mit einem scharfen Blick
Und sagt: All right, mein Närrchen,
Ich kenne diesen Trick!
Wigl wagl wigl wak my monkey,
Go on my good old donkey,
Ein Hampelmann, wigl wagl wak,
Ouh! Das ist mein Geschmack!

Chor
Wigl wagl wigl wak my monkey,
Go on my good old donkey,
Ein Hampelmann, wigl wagl wak,
Ouh! Das ist mein Geschmack! 118

II.
Ein wahres Selfmademädel
Hier in der neuen Welt,
Die hat in Herz und Schädel
Verlangen nur nach Geld!
Sie schindet sich und rackert
Im Tag' so manche Stund',
Bis sie sich hat ergattert
Ein Sümmchen nett und rund!
Und kommt die Laune just ihr,
Den Eh'stand zu probier'n,
So sagt sie sich: Du mußt dir
Ein Mannsbild akquirier'n!
Da ist nicht viel vonnöten,
Man kauft sich so ein Schaf,
Hat man genug Moneten,
Ist's ein Baron, ein Graf.
Wigl wagl wigl wak my monkey etc.

Alice
Jetzt geht er los!

Fredy
Famos, famos! –
Ich lache!

Alice
Ei? Was gibt es?
Erregt Sie so heftig der harmlose Brief?
Er hat Sie erzürnt offenbar! 119

Fredy
Sie halten mich wirklich für äußerst naiv!
Was Sie mir diktiert, ist nicht wahr!

Alice
Nun, wenn Sie es wünschen, schick' ich ihn nicht fort,
Verbrenn' ihn wie unnützes Stroh!
Nun sagen Sie mir nur ein einziges Wort! – –

Fredy
Behüte! Ich meinte nur so!

Fredy
Wie gerne sagt' ich ihr, was mir im Herzen ruht:
Bin Dir gut, bin Dir gut!
Ach so gut!
Zu meinen Füßen muß sie erst um Liebe fleh'n,
Dann, ja dann mag's gescheh'n!
Mag's gescheh'n!
Kann es nimmer über mich bringen – Fredy, nein!
Es darf nicht sein!

Alice
Kann es nimmer über mich bringen!

Fredy
Bleibt sie stolz, so bleib' ich stumm!

Alice
Bleibt er stolz, so bleib' ich stumm! 120

Beide
Zu meinen Füßen muß sie/er erst um Liebe fleh'n,
Dann, ja dann mag's gescheh'n!
Ja, dann mag's gescheh'n!
Dann mag's gescheh'n!

Mitgift-Duett

I.

Daisy
Paragraph eins: Die Mitgift
Zehn Millionen bar –

Hans
Davon kann ich ja leben,
Wenn ich nur ein bißchen spar'!

Daisy
Paragraph zwei: Die Scheidung –
Bleibt Ihnen das Geld

Hans
Das ist wirklich sehr verlockend –

Daisy
Wenn man die Punkte hält!
Paragraph drei: im Verkehr nur Bruder – Schwester,
Zwei Kajüten auf der See – 121

Hans
Im Hotel getrennte Zimmer,
Auf der Bahn kein Schlafcoupé!

Daisy
Sind per »Du« wie Ehegatten
Nur den Leuten vis-à-vis,

Hans
Doch zu Hause ungezwungen
Sagen wir einander »Sie«!

Daisy
Versprichst Du mir, lieb Brüderlein,
Auch sittsam stets zu bleiben?

Hans
Wir werden's, liebes Schwesterlein,
Nur wie die Kinder treiben –

Hans
Wir tanzen Ringelreih'n
Einmal hin und her –

Daisy
Dem Hänsel und der Gretel
Fällt das gar nicht schwer!

Beide
Und streut der Sandmann dann
Aus seinem Sack den Schlaf,
Dann singen alle Englein:
»Gott, wie sind die brav!« 122

II.

Hans
Weg mit allen Hochzeitsfaxen,
Nicht mir Amor fad gescherzt!
Schmachten, drücken,

Daisy
Küssen, Schnäbeln –

Beide
Das wird einfach ausgemerzt!

Daisy
Vormittags da wird gebummelt,
Dann ein Frühstück exquisit –

Hans
Denn auf Hochzeitsreisen ist man
Immer stark bei Appetit!

Daisy
Nachmittags in ein Museum,

Hans
Bildend wirkt der Kunstgenuß –

Daisy
Abends Loge im Theater,

Hans
Und dann ins Maxim zum Schluß! 123

Daisy
Aber dann? dann heißt es scheiden,

Hans
Blieb' zu zweit man noch so gern –

Daisy
Bitte, dieses ist mein Zimmer,
Dort das andre – für den Herrn!

Hans
Nun gute Nacht, lieb Schwesterlein,
Darf ja nicht länger säumen –

Daisy
Schlaf' wohl, mein liebes Brüderlein,
Und denk' in Deinen Träumen:
Wir tanzen Ringelreih'n
Einmal hin und her –

Hans
Dem Hänsel und der Gretel
Fällt das gewiß nicht schwer!

Beide
Und streut der Sandmann dann etc. 124

Quartett Dollarprinzessinnen

I.

Hans
Kennt Ihr die Mädchen schimmernd in Glanz,
Strahlend in Freude und Licht –
Denen das Leben ein lachender Tanz
Oder ein keckes Gedicht?

Fredy
Kennt Ihr die Schönen, reizend und hold,
Glitzernd von Edelgestein?
Kennt Ihr die Schönen, wühlend in Gold?
Sagt mir, wer mögen die sein?

Hans
Wo sie Feen gleich erschienen,
Huldigt ihnen alle Welt,

Fredy
Hei, da gibt's was zu verdienen,

Alle vier
Diese Mädels haben Geld!

Alice
Können jeden Spaß sich leisten
Ohne Zögern, das ist klar! 125

Daisy
Können alles sich erdreisten,
Zahlen jede Laune bar!

Alice
Das sind –

Daisy
Das sind –

Hans
Das sind –

Fredy
So nennt sie augenblicks!

Alice
Das sind –

Daisy
Das sind –

Hans
Das sind –

Fredy
Das sind die Kinder des Glücks!

Alice
Das sind die Dollarprinzessen,
Die Mädchen aus purem Gold,
Mit Schätzen ungemessen,
Sie haben das Glück im Sold! 126

Fredy
Sie können nie es vergessen
Ihr vieles, vieles Geld –
Das sind die Dollarprinzessen,
Die kühnsten Schönen der Welt!

II.

Fredy
Kennt Ihr die Mädchen, herrisch und kalt,
Haben ein Herze von Stein? –

Daisy
Leugnen vergeblich der Liebe Gewalt,
Leben dem Stolze allein!

Hans
Kennt Ihr die Schönen ohne Vertrau'n,
Wähnend, man liebt nur ihr Geld?

Alice
Immer beschleicht sie heimliches Grau'n,
Wenn ihnen einer gefällt!

Hans
Holdes Finden junger Seelen,
Süßer Neigung Paradies,

Fredy
Heiß wie Flammen sich vermählen,
Stolze Mädchen, kennt Ihr dies? 127
Trautes Glück im engen Kreise,
Wo das Herz zum Herzen spricht –
Klingt Euch diese süße Weise?

Alle vier
Nein, sie tönt uns/Euch Armen nicht!

Alice
So sind –

Daisy
So sind –

Hans
So sind –

Fredy
Man weiß es augenblicks – –

Alice
So sind –

Daisy
So sind –

Hans
So sind –

Fredy
So sind die Kinder des Glücks! 128

Alle vier
Das sind die Dollarprinzessen,
Die Mädchen aus purem Gold,
Mit Schätzen, ungemessen,
Sie haben das Glück im Sold!
Sie können nie es vergessen,
Ihr vieles, vieles Geld – –
Das sind die Dollarprinzessen,
Die kühnsten Schönen der Welt! 129

 


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