Fritz Grünbaum
Die Hölle im Himmel und andere Kleinkunst
Fritz Grünbaum

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Weiberkauf

        Wie schön wär's, wenn Frauen zu kaufen wär'n!
Ich meine natürlich in allen Ehr'n,
Der Mann müßt' bezahl'n und die Frau gehört ihm,
Und selbstverständlich ganz legitim;
Ich will da nicht rütteln an der Moral,
Die Frau wär' die Gattin, der Mann der Gemahl,
Es würde alles wie früher verlaufen,
Nur – wenn man schon kauft, könnt' man mehrere kaufen!

Schöne Sache, die Vielweiberei!
Glauben Sie mir, es ist was dabei!
Skandal, daß noch keiner darauf gekommen!
Bis heut' hat sich jeder ein Weib nur genommen,
Zum Beispiel: Man nimmt sich ein Weib, welches blond ist.
Das ist ja ganz schön, aber – wenn man's gewohnt ist?!
's ist grad, wie wenn einer gern Gulasch genießt:
Er freut sich schon, wenn er's am Speiszettel liest,
Und es schmeckt ihm, selbst viermal per Woche gegessen,
Aber jeden Tag kann man kein Gulasch essen!
Und wenn man die Schönste der Blonden hat,
Grad wie beim Gulasch: zum Schluß wird man's satt, 32
Wenn sie auch noch so gekränkt und erstaunt ist,
Weil man nicht immer auf Blonde gelaunt ist!
Was kann man da machen? Man schämt sich zu Tod,
Aber manchmal hat man ein Gusto auf Rot!
No, wenn man normal jetzt verheiratet lebt,
Kann man nichts machen, die Blonde klebt!
Man sitzt an die Blonde gebunden zu Haus
Und sehnt nach der Roten das Herz sich heraus!
Doch wenn die Reform unsrer Ehe tritt ein,
Dann kann uns die Blonde gewogen hübsch sein,
Die Seele allein gibt dann unsre Gebote,
Man geht auf den Markt und – kauft sich die Rote!
Sie sehn jetzt, mein Vorschlag ist praktisch und fein,
Zu kaufen müssen die Frauen sein!

Es wird dann die Sache direkt ein Vergnügen.
Körbe wie früher wird man nicht kriegen,
Die Dame des Herzens, die einem behagt,
Wird einfach gekauft und nicht lange gefragt!
Zweitens werd'n dann die Frauen nicht nur williger,
Sondern – und das ist die Hauptsach' – auch billiger!
Man kauft sie nur nicht auf laufendes Konto,
Sondern per bar gegen Kassaskonto!
Ja, wenn man sie gleich im Dutzend bezieht,
Kriegt man noch gratis die Dreizehnte mit!
Außerdem nimmt auch die Heirat auf Kauf
Einen viel sich'reren, solidern Verlauf.
Stell'n Sie sich vor, wie bis heute das war:
Erst bei der Heimkehr vom Traualtar
Findet vom Mann die Besichtigung statt,
Was er sich eigentlich angeschafft hat.
Bevor er die Braut nicht als Frau nimmt zu sich, 33
Kennt er sie immer nur äußerlich;
Er sah, daß im ganzen sie fesch und famos ist,
Was aber noch im Detail bei ihr los ist,
Erfährt nach der heutigen Ordnung ein Mann,
Wenn definitiv er zurück nicht mehr kann.
Doch wenn man die Frau'n wird erwerben durch Kauf,
Hört sich sofort jedes Anpofeln auf.
Man sucht sich nach Wunsch die Gemahlin erst aus
Und nimmt sich hierauf sie zur Probe nach Haus.
Entpuppt sie sich dort als Entzückende –, schön!
Entpuppt sie sich nicht, dann läßt man sie stehn,
Man schreibt nur: »Indem daß die Ware mißfällt,
Wird sie zur Disposition gestellt;
Ich hab' etwas Feines verlangt, das ist nix.
Hochachtungsvoll Ihr ergebener X.«
Dieses Geschäft ist ehrlich zu nennen:
Stornieren muß man die Hochzeit können!
Erprobt sich die Gattin, dann ist es ein Glück,
Erprobt sie sich nicht, geht die Sache zurück!
Lassen Sie ruhig von mir sich beweisen,
Die Liebe wird reizend – bei festen Preisen;
Als kommerziell-merkantiles Objekt
Leistet die Frau, was mit ihr man bezweckt!
Die Liebe ist schön, wenn die Frau für mich süß ist
Was dann aber, wenn mir vor ihr später mies ist?!
Wie schrecklich erging es bis heut' solchem Paare:
Man pickt bei der Gattin und rauft sich die Haare!
Nach meiner Methode läßt man sie laufen:
Man braucht die Gemahlin nur weiterverkaufen,
Sehr häufig auch trifft sich was unter der Hand.
Zum Beispiel, mir wär' eine Dame bekannt, 34
Die meinem Gefühle nach reizend und süß ist,
Wogegen sie ihrem Gemahle schon mies ist,
Mit einem Worte, es wäre genau
Derselbe Fall wie mit meiner Frau!
Da braucht sich dann keiner die Haare zu raufen,
Er braucht nicht verkaufen, ich brauch nicht verkaufen,
Wir kommen zusammen und nehmen im Plausch
Uns gegenseitig die Damen in Tausch!
Des weiteren hört mit der Liebe auf Kauf
Das Ehebrechen sofort sich auf;
Bis heute war so etwas unsittlich,
Ab morgen versteht es von selber sich.
Erwischt mich der Mann unter wütendem Fluch
Mit seiner Gemahlin beim Ehebruch,
Dann sag' ich ihm ruhig: »Wozu diese Sorgen?
Ein Ding, das man kaufen kann, kann man auch borgen?
Was schrei'n Sie herum? Sei'n Sie unbesorgt,
Ich hab' mir die Frau Gemahlin geborgt!
Ich hab' nichts gebrochen, ich hab' nichts beschädigt,
Da hab'n Sie s' retour und die Sach' ist erledigt!«
Doch wenn er vor Ärger dann immer noch schnauft,
Dann sag' ich: »Sie hab'n die Madam' doch gekauft,
Ich bitte, ich will Ihren Schaden gern tragen,
Ich glaube zwar nicht, ich hab' was zerschlagen,
Es ist nichts verbogen, es ist nichts verrostet,
Aber bitte sehr, was hat die Dame gekostet?
Sei'n Sie so freundlich, mir sachlich zu sagen,
Bitte, wie viel hat der Kaufpreis betragen,
Rechnen Sie auch noch die Zinsen dazu,
Da ist das Geld, aber jetzt will ich Ruh'!« 35
Glauben Sie mir, wenn die Dinge so liegen,
Dann wird der Ehebruch erst ein Vergnügen.
Die Sache geht ruhig, die Sache geht schnell,
Und vor allem: die Sache geht ohne Duell!
Kein Zeugenschicken, kein Wortedrechseln,
Man wechselt nicht Schüsse, man schießt mit den Wechseln!

Kurz, wie man die Frage der Frauen auch dreht,
Man sieht, daß am besten in bar es noch geht.
Mein Vorschlag verdient nicht, daß drüber man lache,
Ich bitt' und beschwör' Sie, probier'n Sie die Sache,
Sie sichern dadurch sich ein ruhiges Leben,
Die Ehe als Gugelhupf mit lauter Zibeben,
Erst kauft man die Gattin, dann liebt man sie heiter,
Dann liebt man sie nicht, dann verkauft man sie weiter;
Man kann mit ihr kosen, man kann mit ihr plauschen,
Man kann sie verborgen, man kann sie vertauschen,
Man weiß, was man hat, denn man läßt sich sie schätzen,
Im Falle von Schulden kann man sie versetzen,
Und fühlt man sich ohne sie besser im Haus,
Dann soll sie verfall'n und man löst sie nicht aus!
Drum gibt's gar nichts Besseres, passen Sie auf,
Als Liebe und Ehe und Weiber auf Kauf! 36

 


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