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Neuntes Kapitel.

Rusticus Elpidius.

Noch ist als Verfasser einer grössern, in rein christlichem Geiste geschriebenen Dichtung, die aber in der Form an eine damals sehr beliebte Gattung der heidnischen Poesie sehr nahe sich anschliesst, der Autor des Carmen de Christi Iesu beneficiis zu nennen, Rusticus Elpidius Rustici Elpidii carmen de Christi Iesu beneficiis ed. Herrmann Müller. Göttingen 1868. 4°. (Prolegg.) – Rust. Helpidii V. C. exinlustris et exquaestoris Historiarum Testamenti veteris et novi (tristicha) in: G. Fabricii Poetar. veter. ecclesiast. opera. Basel 1564. 4°., der schon dem Ende dieser Epoche angehört. Diakon, ein Freund des Ennodius, von welchem auch ein paar Briefe an ihn gerichtet sind, durch attische Gelehrsamkeit glänzend, erlangte er doch den bedeutendsten Ruhm durch seine medicinische Wissenschaft, sodass er des grossen Gothenkönigs Theoderich Leibarzt wurde und dessen Gunst und Vertrauen im höchsten Grade sich erwarb. Im Alter gab er diese Stellung auf und zog sich nach Spoleto zurück, um welche Stadt er sich, indem er die Gnade des Königs für sie in Anspruch nahm, sehr verdient machte. Dort starb er 415 um das Jahr 533. Dass dieser Rust. Elpidius und nicht der Rust. Helpidius Domnulus, der in den Subscriptionen zu Pomp. Mela und Val. Maximus genannt wird, der Verfasser des im Folgenden analysirten Panegyricus ist, zeigt das Gedicht selbst am besten, das einem aufmerksamen Leser mannichfache Spuren davon kundgibt, dass es einen Arzt zum Verfasser hatte. Man sehe nur lues vitiorum v. 28, morbos v. 56, crimina laesi sanguinis ib., morbos cohibere potens v. 99, medicata labe reatus v. 111, suavibus herbis Messis et Eremitae v. 113 f., tot contagia v. 121, arida febris v. 138, morbos v. 140, und betrachte einzelne der Stellen genauer. Die Ansicht von Jahn, Ber. d. kön. sächs. Ges. d. Wissensch. 1851, S. 346 f., der Teuffel und Bähr beipflichteten, ist dem gegenüber nicht haltbar. Vielleicht ist indess Domnulus der Verfasser der Tristichen, und ihm danach auch das andere Gedicht zugeschrieben. Das Gedicht, von 149 Hexametern, ist ein Preis Christi, man möchte sagen, ein christlicher Panegyricus, in einem für jene Zeit eleganten, aber mitunter so gesuchten Ausdruck, dass sein Verständniss hier und da Kopfzerbrechen macht. Nach einem Präludium von Lobsprüchen, das den allmächtigen Schöpfer der Dinge, den einzigen Spross des höchsten Gottes feiert, bittet ihn der Dichter, sein Herz zu lenken, auf dass er selbst es von ›dem Aussatz der Laster‹ reinige, und ihm seine Schuld zu verzeihen. Er möge gnädig die Gabe dieses Liedes aufnehmen, seinen guten Willen für die That rechnend, da ihm solche Gaben fremd wären. Der Dichter deutet dabei – und mit Reue – an, dass er früher in der weltlichen Poesie sich versuchte. Hiernach beginnt denn der eigentliche Preis Christi (v. 50), indem der Dichter der wunderbaren Geburt, der Begrüssung durch die Magier, der von Christus vollbrachten Wunderthaten, namentlich seiner Heilungen Die der Blinden mag zur Charakteristik des Stiles hier wiedergegeben werden:
        Tu tenui tactu tenebrosae frontis inanes
        Iussisti lucere sinus ruptisque latebris
        Conceptos gaudere dies, ac nocte fugata
        Monstrifici vultus, fecisti lumina caeco.
v. 90 ff.
und Wiederbelebungen kurz gedenkt, und wie er, nicht zufrieden dem Menschen die schöne Welt geschenkt zu haben, auch seine Rettung vom Tode mit dem eignen Blute erkaufte. Ein Hinweis auf die so gewonnene ewige Seligkeit bildet dann den Schluss.

Diesem Elpidius werden auch 24 Tristichen (in Hexametern), welche Gegenstände des Alten wie Neuen Testaments behandeln, beigelegt: ob mit Recht, muss sehr dahingestellt bleiben, da 416 der sprachliche Ausdruck keineswegs dem des Carmen gleicht am wenigsten etwas von seiner relativen Eleganz zeigt. Von den 24 Tristichen betreffen aber nur 8 das Alte Testament, die mit 8 des Neuen correspondiren: schon dieser Correspondenz wegen sei der Inhalt angedeutet: 1. Verführung der Eva und 2. Erscheinung des Engels bei Maria; 3. Vertreibung der Erzeltern aus dem Paradies und 4. Einführung des Schächers in das Paradies; 5. Noahs Arche und 6. Petrus' Vision (Apostelgesch. c. 11) – die Thiere sind das tertium comparationis –; 7. der babylonische Thurm und 8. das in Zungen Reden der Apostel; 9. Verkauf Josephs und 10. der Christi; 11. Isaac geopfert und 12. Christi Kreuzigung; 13. Wachteln und Manna-Sendung und 14. Speisung der Viertausend mit sieben Broden (Matth. c. 15); 15. Moses auf dem Sinai und 16. Christus auf dem Oelberg. Die andern acht, die bloss das Neue Testament betreffen, sind nach der Reihenfolge der Ausgaben: 17. Martha und Maria, 18. › Centurio ad Christum‹ (der Hauptmann von Capernaum), 19. die Verwandlung des Wassers in Wein, 20. Heilung eines Weibes durch Christus (ob die Schwieger des Petrus?), 21. Heilung der Blutflüssigen, 22. Erweckung des Sohnes der Wittwe; 23. Berufung des Zachäus (Luc. c. 19), 24. Erweckung des Lazarus. Auch hier correspondiren 20 und 21, 22 und 24, oder waren Pendants. Aus der Art der Abfassung, selbst der der Ueberschriften, wie auch bei einzelnen des ganzen Inhalts, geht aber mit Sicherheit hervor Was die Abfassungsweise angeht, so findet sich auch hier das Hic (hier) wieder, wie wir bei Prudentius bemerkten, S. 289, so bei 5 und 9 ( Hic coniurati germanum vendere fratres Cogit livor etc.), 13; bei 21: Haec mulier tactu vestis furata salutem est. – Die Ueberschrift von 15 weist selbst auf ein Bild hin, sie lautet: › Moses ascendit in montem‹, während in dem Epigramm von dem Berg gar nicht die Rede ist; es beginnt: Veridicae Moses pandit penetralia legis. Das 18. enthält nur die Rede des Centurio (Luc. c. 7, v. 6 f.), daher die Ueberschrift. Dass der Inhalt mitunter selbst des Bildes als Ergänzung bedarf, zeigt z. B. 23, v. 3: Ad maiora dehinc ramis descende reiictis; es ist vorher nicht gesagt, dass Zachaeus auf einem Baum sich befindet, dies war eben auf dem Bilde dargestellt. – In Betreff der Correspondenz der Bilder vgl. Beda, Vita beat. abbat. Opp. ed. Giles, T. IV, p. 376, auf welche Stelle ich weiter unten zurückkomme., dass diese Tristichen zur Erklärung von Bildern, als Aufschriften, gerade so wie die Tetrastichen des Prudentius verfasst waren, was ihnen ein besonderes Interesse verleiht. Dadurch erklärt 417 sich auch, dass der Inhalt der Tristicha mitunter so ganz unbedeutend ist, oder auch zum vollen Verständniss einer Erklärung bedarf, die nur die betreffende Stelle der Bibel liefert: da ergänzte das Bild.

 


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