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Viertes Kapitel.

Arnobius.

Erst ein halbes Jahrhundert nach Cyprian begegnen wir einem Vertreter der christlich-lateinischen Prosa wieder – der Poesie werden wir später eine gesonderte Betrachtung widmen – es ist auch ein Afrikaner, Arnobius. Arnobii oratoris Adversus nationes libri VII. rec., emendavit etc. Fr. Oehler (Bibliotheca patr. eccles. latin. curante Gersdorf Vol. XII). Leipzig 1846. (Prolegg.). – * Arnobii Adversus nationes libri VII, rec. et comment. crit. instr. Reifferscheid. Wien 1875 ( Corp. script. eccl. lat. Vol. IV). – Kettner, Cornelius Labeo, ein Beitrag zur Quellenkritik des Arnobius. (Progr. v. Schulpforta) 1877. – Francke, Die Psychologie und Erkenntnisslehre des Arnobius. Leipzig (Dissert.) 1878. Wie wir von Hieronymus erfahren De vir. illustr. c. 79. – Was den Namen betrifft, so hat Reifferscheid im Index scholar. Breslaus (Wintersem. 1879–80, p. 9) auf den griechischen Ursprung desselben hingewiesen, woraus sich erkläre, dass kein cognomen und praenomen des Autors uns überliefert sind., war er unter Diocletian ein sehr angesehener Lehrer der Rhetorik in Sicca in Afrika; nach demselben Gewährsmann Chron. Eus. ad ann. XX. Constantini. hatte er, ursprünglich Heide, das Christenthum früher bekämpft, und als Pfand seiner aufrichtigen Bekehrung sein apologetisches Werk, die sieben Bücher gegen die Heiden ( Adversus nationes So nach der einzigen Handschrift. – Hieronymus, De vir. ill. l. l.: scripsit adversus gentes quae vulgo exstant volumina; diese Ausdrucksweise nöthigt nicht, ein genaues Citat anzunehmen. libri VII) verfasst. Es ist dies nicht so ganz unwahrscheinlich: zeigt doch das Werk selbst, das wahrscheinlich nicht lange nach der Diocletianischen Verfolgung geschrieben worden ist Auf diese wird an der Stelle (l. IV, c. 36) offenbar hingewiesen, wo der Verbrennung der Bücher der Christen gedacht wird. S. darüber Eusebius, Hist. eccles. VIII, 2. Dass aber, als das Werk abgefasst wurde, die Zeit der Staatsverfolgung auch noch nicht für alle Zukunft vorüber schien, zeigt namentlich l. II, c. 6 ( quod cum genera poenarum tanta sint etc). So ist es noch im ersten Decennium des 4. Jahrhunderts verfasst. Damit stimmt die nur nach Jahrhunderten berechnete ungefähre Angabe über die Zeit der Existenz des Christenthums, die sich in dem Werke l. I, c. 13 findet, vollkommen überein. Alle andern Angaben und Mittheilungen aber, die man bei dieser Frage noch herangezogen, widerstreiten nicht, wie sich leicht zeigen liesse. – Vgl. auch Oehler, Prolegg. p. XI f., dass Arnobius damals den alten Heiden 65 noch nicht vollständig ausgezogen. Namentlich finden sich in demselben manche der christlichen Lehre ganz widersprechende speculative Ansichten. Man kann in dem Werke wohl durchschauen, wie Arnobius für das Christenthum gewonnen wurde; und es ist dies um so interessanter zu beobachten, als derselbe Weg ohne Zweifel die meisten der philosophisch Gebildeten damals dem Christenthume zuführte. Nicht ein Erlösungsbedürfniss, wie bei Cyprian, nicht sowohl die specifischen Vorzüge des Christenthums, als vielmehr die Unhaltbarkeit des Heidenthums war offenbar der erste Antrieb zu Arnobius' Bekehrung. Von dem ebenso absurden, als unsittlichen Polytheismus der Nationalreligionen sagte er sich los, nachdem er eingesehen, dass selbst eine allegorische Erklärungsweise nur zu lächerlichen Widersprüchen führe. Da empfahl sich ihm das Christenthum zunächst durch seinen Monotheismus, den er freilich nicht in seiner vollen Reinheit aufzufassen wusste. Ein anderes, positives Moment aber kam hinzu: die Verheissung der Unsterblichkeit, welche das Christenthum seinen Gläubigen darbot. Dieser Lohn lockte ihn. Was er auf dem Wege der Speculation nicht hatte erreichen können, die Beruhigung über die Zukunft der Seele, das sollte ihm nun durch den Glauben die Hoffnung bieten. Die Philosophie, die in ihren verschiedenen sich widersprechenden Systemen so manchen ihrer Jünger damals rathlos liess oder der Skepsis in die Arme führte Vgl. namentlich l. II, c. 57., hatte ihm nicht die Religion ersetzen können. Wo es sich um der Seelen Heil handelt, darf man auch etwas ohne ›ratio‹ thun, ruft er einmal unter Berufung auf Epiktet aus. l. II, c. 78.

Arnobius' umfangreiches Werk hat in seinen zwei ersten Büchern mehr einen rein apologetischen, in den fünf letzten einen polemischen Charakter. Auch Arnobius geht von jener gewöhnlichen Anklage der Heiden gegen das Christenthum, der schon Cyprian, wie wir sahen, eine besondere Vertheidigungsschrift gewidmet, aus, als sei das letztere an dem Elend der Gegenwart Schuld. Diese Anklage, deren Widerlegung das Werk zunächst gewidmet ist, wird hier folgendermassen specificirt. Die Heiden klagten einmal, die Natur habe sich seit dem Christenthum ganz verändert, die Welt gehe zu Grunde, indem sie das Christenthum für die Seuchen, die Dürre, die schlechten 66 Ernten, Hagel und Heuschreckenschaden und dergleichen verantwortlich machten; Arnobius zeigt leicht, dass noch dieselben Naturgesetze herrschen, und solche Landescalamitäten die Welt auch früher schon trafen. Dann aber klagten sie insonderheit über den Krieg, das Leid, das sich die Menschen selber anthaten. Arnobius weist auf die Zeit vor dem Christenthume zurück, die davon viel schlimmer heimgesucht wurde. Das Christenthum, dem schon so viele angehörten, müsse im Gegentheil dies Leiden mindern, durch seine Lehren, Böses nicht mit Bösem zu vergelten, Unrecht lieber zu ertragen, als zu thun. Endlich, und das war der eigentliche Grund dieser unverständigen Anklagen: die Götter sollten durch das Christenthum vertrieben sein. Ihr Zorn wäre die Ursache alles des Unheils. An die Beantwortung dieses Einwurfs knüpft nun Arnobius seine Apologie des Christenthums. Nachdem er bemerkt, dass der Zorn mit dem Wesen der Gottheit in Widerspruch stehe, fragt er, weshalb denn aber die Götter den Christen zürnen sollten (c. 25). Wegen ihrer Religion. Er behandelt nun zunächst den Glauben an den Gott Vater, den deus princeps So bezeichnet ihn Arnobius gewöhnlich, und zwar nicht sowohl im Gegensatz zu Christus, als zu den dii der Heiden; s. darüber weiter unten., den höchsten König. Seine Verehrung ist allerdings nicht der Grund jenes Zornes, sagen auch die Heiden, die ihn selbst in Jupiter anzubeten vorgeben, wohl aber die eines geborenen Menschen, und noch dazu eines gekreuzigten (c. 36). Hier sucht nun Arnobius die Gottheit Christi, die er stets nachdrücklichst betont Vgl. namentlich l. II, c. 60., namentlich aus seinen Wundern zu beweisen, die sich von denen der Magier wesentlich unterschieden, denn er hat sie ohne alle Hülfsmittel durch die blosse Kraft seines Namens vollbracht. Für die Wahrheit seiner Geschichte aber spricht schon die rasche Ausbreitung des Christenthums, das so verschiedene und von einander entfernte Völker in einem Geiste vereinigte. Nachdem dann der Verfasser die Glaubwürdigkeit der Evangelien behandelt (c. 56 ff.), beantwortet er noch die Frage, warum Christus, wenn ein Gott, als Mensch erschienen und gestorben sei (c. 60 ff.).

Dies ist der Hauptinhalt des ersten Buches. Das zweite aber hebt mit der Frage an, weshalb die Heiden Christus so hassen und verfolgen: hiermit kommt der Verfasser nur auf die 67 schon im ersten Buche behandelte letzte der Anklagen derselben zurück, denn die Antwort lautet: Christus vertrieb die Nationalreligionen von der Erde. Dagegen, erwidert Arnobius, führte er die wahre Religion ein, indem er den deus princeps kennen und verehren lehrte. Aber ihr wollt nicht seinen Worten glauben; ihr wollt Beweise selbst für das Zukünftige, für seine Verheissungen! Und doch spricht so viel für die Wahrheit des Christenthums in seiner raschen Ausbreitung, seiner Einwirkung auf die Sitten roher Völker, in dem Beifalle der Männer der Wissenschaft – – quod tam magnis ingeniis praediti oratores, grammatici, rhetores, consulti iuris ac medici, philosophiae etiam secreta rimantes magisteria haec expetunt, spretis quibus paulo ante fidebant. II, c. 5., der Standhaftigkeit und Opferfreudigkeit seiner Bekenner. Der Glaube aber ist auch in irdischen Dingen, und in der Wissenschaft nicht zu entbehren. Und manche unserer Lehren, die ihr verspottet, oder doch ähnliche finden sich selbst bei euern Philosophen (namentlich Plato) wieder, an die ihr glaubt. Arnobius nennt hier die Verehrung des ›Vaters der Dinge‹, die Auferstehung, die Hölle. Quid Plato idem vester in eo volumine, quod de animae immortalitate conposuit, non Acherontem, non Stygem, non Cocytum fluvios et Pyriphlegetontem nominat, in quibus animas adseverat volvi, mergi, exuri? II, c. 14. Im letzten Punkte verwickele sich Plato freilich in einen Widerspruch, indem er die Seelen für unsterblich erkläre, und sie doch Schmerz leiden lasse (c. 14). Und an dieser Stelle beginnt nun Arnobius einen langen Excurs über die Natur der Seele, der den grössten Theil dieses Buches einnimmt, indem er zu beweisen sich bemüht, dass die Seele von Natur ein Mittelwesen ( anceps, mediae qualilatis ), nicht unsterblich, daher auch nicht von Gott, vielmehr von einem andern, wenn auch erhabenen, Himmelsbewohner erzeugt sei. Si enim forte nescitis et antea vobis incognitum propter rei novitatem fuit, accipite sero et discite ab eo qui novit et protulit in medium, Christo, non esse animas regis maximi filias, nec ab eo, quemadmodum dicitur, generatas coepisse se nosse, sed alterum quempiam genitorem his esse, dignitatis et potentiae gradibus satis plurimis ab imperatore disiunctum, eius tamen ex aula et eminentium nobilem sublimitate natalium. II, c. 36. Und das soll Christus gelehrt haben! Dieser Excurs, dessen Ausdehnung schon zeigt, von welcher persönlichen Bedeutung der Gegenstand für den Autor war, steht aber mit der ganzen Apologie in einer 68 wichtigen innern Verbindung dadurch, dass nach Arnobius die Seelen durch die Gnade des von Christus geoffenbarten Gottes, und durch diese allein, wenn sie ihn zu erkennen streben, eine langdauernde oder beständige Existenz gewinnen können. longaevas fieri, II, c. 32; perpetuitate donari II, c. 53. Vgl. auch II, c. 62. Hier liegt das Hauptmotiv für das Christenthum des Autors selbst, das, wie sich hier zugleich zeigt, ein noch sehr ungeläutertes, sozusagen noch mit Elementen heidnischer Philosophie versetztes ist. Nur im Christenthum findet er das Heil seiner Seele gesichert, den Schutz vor dem Tode derselben (c. 33). Darum entsagt er gern aller unfruchtbaren Speculation, wie auch Christus vorschreibe, Gott alles anheimgebend, der allein unzweifelhaft ist (c. 60); und so bescheidet er sich auch, auf manche Einwürfe und Fragen der Heiden, wie z. B. über das Verhältniss Gottes zur Existenz des Bösen auf der Welt (c. 55), nicht antworten zu können. Vielmehr fordert er sie nur auf, wenn ihnen ihr Seelenheil lieb sei, seinem Beispiele zu folgen.

In den drei folgenden Büchern, die unmittelbar zusammenhängen, bekämpft Arnobius dann direct den herrschenden Polytheismus, indem er zuerst seine Absurdität, dann seine Unsittlichkeit darlegt. Sein Angriff ist eingeleitet und mit dem Vorausgegangenen verknüpft durch die uns auffallende, für jene Zeit des Religionssynkretismus aber sehr bezeichnende Frage der Heiden im Eingang des dritten Buches: warum denn die Christen, wenn das Göttliche ( divina res ) ihnen so am Herzen liege, nicht mit den Heiden auch die andern Götter anbeteten, noch mit ihnen gemeinsam Sacra und Ritus hätten. Subiciunt enim haec: Si vobis divina res cordi est, cur alios nobiscum neque deos colitis neque adoratis, nec cum vestris gentibus communia sacra miscetis et religionum coniungitis ritus? III, c. 2. Das heisst also, warum sie nicht neben Gott und Christus auch die Götter der Heiden verehrten; denn von dem Standpunkt jener Zeit schloss ja ein Gottesdienst keineswegs den andern aus, vielmehr glaubte man nur um so frömmer zu sein, je mehr Göttern man huldigte. Wir können sagen, antwortet Arnobius, dass uns zum Gottesdienst der erste Gott, der Dinge Vater und Herr, welcher die Quelle der Göttlichkeit alles Göttlichen ist, genügt. Cum enim divinitatis ipsius teneamus caput, a quo ipsa divinitas divinorum omnium quaecumque sunt ducitur. III, c. 2. So ist 69 man auch in den irdischen Reichen nicht genöthigt, die einzelnen Mitglieder der königlichen Familie namentlich zu verehren, sondern in dem Kultus der Könige selbst ist der ihrige stillschweigend mitinbegriffen. Aber ihr habt erst zu beweisen, dass es wirklich andere Götter gibt, die nicht bloss als Bildwerke existiren. Wisst ihr doch nicht einmal, woher ihre Namen sind und wie gross ihre Anzahl. Arnobius zeigt dann spottend (c. 8 ff.), wie wenig der Geschlechtsunterschied, die Gestalt, die Beschäftigungen, welche die Heiden ihnen beilegen, indem sie sie zu Schmieden, Aerzten, Hirten u. s. w. machen, mit dem Wesen einer Gottheit vereinbar sind; ferner, wie sie auch keinen Schutz gewähren. Er gedenkt dann der vielen Widersprüche in der Auffassung der einzelnen Götter (c. 29 ff.): wie kann z. B. Juno die Luft und die Gemahlin des Jupiters zugleich sein? Dazu kommt dann wieder die Identificirung mehrerer zu einer Gottheit. Werden schon hierdurch viele cassirt, so nicht minder durch eine andere Ansicht der Gegner, dass die Welt ein lebendiges Wesen: dann können Sonne, Mond und Sterne als ihre Glieder keine Götter sein (c. 35). So heben die Heiden selber die Existenz ihrer Götter auf. Und wie können sie bei solchen Widersprüchen und solcher Unsicherheit zum Kultus derselben auffordern!

Im vierten Buche, in seinem Thema fortfahrend, erwähnt Arnobius zuerst die Personificationen, wie Salus, Honor u. s. w., die als leere Worte, wie zum Spott, den Göttern hinzugesellt wären; dann die grosse bunte Schar der Götter der Indigitamenta, ihre und so manche andere lächerlichen Absurditäten, um endlich auf die unsittlichen Mythen von den Göttern überzugehen (c. 20), die nicht, wie die Heiden einwenden, bloss ein Werk der Dichter sind, und die ja auch in Gegenwart der Magistrate und der Priester selbst in den Theatern dargestellt werden. Ist die Existenz aber eurer Götter gewiss, so müssen sie, wenn sie zürnen können, wie ihr annehmt, euch zürnen, die ihr sie so beschimpft, und ihr tragt dann die Schuld der Calamitäten (c. 37). – Im fünften Buche führt Arnobius an einer Reihe von Beispielen (u. a. des Mythus des Attis und der grossen Mutter c. 5 ff.) aus, dass ebenso ärgerliche Erzählungen als bei den Dichtern, auch bei den ernsthaften Historikern über die Götter sich finden, und in den Festen, Riten und Mysterien des heidnischen Kultus, die auf solche sich gründen, in Erinnerung 70 gebracht und als wahr anerkannt werden. Eine allegorische Auslegung aber (c. 32 ff.), wodurch die Heiden das Anstössigste aus den Mythen zu entfernen suchten, erklärt unser Verfasser für unzulässig, weil sie nicht willkürlich auf einzelne Theile eines Mythus beschränkt werden könne, noch auch auf denselben im Ganzen angewandt werden dürfe; denn geschichtliche Thatsachen müssten den Mysterien und Festen doch zu Grunde liegen.

Auch die beiden letzten Bücher stehen wieder in einer unmittelbaren Verbindung mit einander. Hier unterwirft Arnobius die Formen des heidnischen Kultus einer vernichtenden Kritik, indem er die Christen gegen die Anklage der Unfrömmigkeit vertheidigen will, welche die Heiden aus dem Mangel von Tempeln, Götterbildern und Opfern bei ihnen herleiteten. Die einfachste und natürlichste Antwort wäre freilich gewesen: da wir eure Götter nicht verehren, so haben wir auch nicht euern Kultus, den unser Gott nicht verlangt. Arnobius aber stellt sich auf den Standpunkt der Heiden wieder und sagt: wenn eure Götter wahrhaft solche sind, so müssen sie über diese Ehren lächeln oder indignirt sein. Die Tempel sind ihnen selbst unnütz, und nicht den Menschen, um zu ihnen zu reden, wie die Heiden eingewandt hatten, nöthig; viele, als frühere Grabstätten, sind sogar eine Beleidigung für die Götter. Arnobius wendet sich dann (c. 8 ff.) gegen den Bilderdienst und den Aberglauben, den das Volk damit verband, ohne zu ahnen, wie bald derselbe bei den Christen in veränderter Gestalt neu aufleben sollte. – Im siebenten Buche endlich behandelt er die verschiedenen Arten der Opfer, die als Nahrung, Sühne, Lohn oder Ehrenbezeigung den Göttern darzubringen, gleich absurd sei. Auch verspottet er anhangsweise die ihnen gebotenen Ergötzlichkeiten, als Bekränzungen, Musik, Feste und Theater (c. 32 ff.). Alle diese Verkehrtheiten aber entspringen daraus, dass die Heiden, unvermögend zu wissen was Gott ist, die Götter nach sich bildeten und ihre eigene Natur ihnen liehen. Wer denkt nun über die überirdischen Dinge besser, fragt Arnobius gegen den Schluss, wir oder ihr Heiden? Ihr haltet die Götter für geboren in der Weise der Menschen, wir dagegen, wenn anders ihre Existenz gewiss ist Si modo dii certi sunt: mit dieser Phrase verclausulirt sich Arnobius allerdings fast immer, wenn er von den Göttern der Heiden redet., und sie dieses Namens 71 Auctorität, Macht und Würde besitzen, für ungezeugt; oder wenn sie von einer Geburt ihren Ausgang nehmen, so ist es Sache des höchsten Gottes zu wissen, aus welchen Gründen er sie geschaffen hat, oder wie viel Jahrhunderte es sind, seit er ihnen die Dauer ( perpetuitatem ) ihrer Gottheit zu beginnen gewährte. VII, c. 35; vgl. auch I, c. 28 und II, c. 62.

So ist der Gang der Darstellung und der Inhalt des Werks. Auch der letzte von uns ausgehobene Satz eines der Schlusskapitel Dass es ein solches ist, erscheint mir unzweifelhaft; Orelli gibt es auch in seiner Ausgabe als drittletztes; auch Reifferscheid ( Praef. p. XIV) nimmt an, dass die capp. 35–37 den Epilog bilden; für die dann noch folgenden findet er keinen andern Grund der Erklärung als diesen: habere nos hic adversaria Arnobii male composita. Quibus materia continetur, unde novis exemplis vanae nationum superstitionis declamationes suas scriptor aucturus erat. Sed cum tempus urgeret, ea in fine, ut erant in schedis, adnexa sunt. Nec postea Arnobius ad propositum rediit. – Eine andere Ansicht hat Kettner, a. a. O. S. 54 ff. entwickelt. bestätigt recht wieder, wie wenig das Christenthum dem Arnobius schon in succum et sanguinem übergegangen, so sehr er auch den herrschenden Polytheismus des Volks samt seinem Kultus verwirft. Zwar, dass er die Existenz der Volksgötter nicht geradezu zu negiren wagt, ist für jene Zeit nicht. das Anstössige, denn das thaten auch die anderen Apologeten nicht, und Arnobius zweifelt sogar, wo jene direct zugeben; vielmehr liegt es darin, dass er für den Fall ihrer Existenz sie nicht in die Schar der höllischen Dämonen herabsetzt, sondern im Geist des Neuplatonismus zu himmlischen Gewalten macht, zu einer Art von Untergöttern, wie er ja auch den Christengott, den Gott Vater stets als deus princeps, deus summus bezeichnet. Das ungeläuterte religiöse Bewusstsein theilt auch seiner Darstellung eine Unklarheit mit, die durch die Weitschweifigkeit, die oft äusserst gesuchte Wortstellung und den, mitunter selbst leeren, prunkenden Wortschwall eines ganz rhetorischen Stils Am unleidlichsten zeigt derselbe sich in der fortwährenden Häufung von Fragesätzen. Wie schulmässig weitschweifig Arnobius werden kann, davon ist ein recht auffallendes Beispiel II, c. 38. nicht wenig vermehrt wird, sodass Hieronymus' Urtheil Epist. 58, ad Paulinum. : Arnobius inaequalis est et nimius, absque operis sui partitione confusus wohl gerechtfertigt ist. In seinem Stil ist Arnobius durchaus 72 Heide Was auch durch das Lob mancher klassischen Philologen, wie eines Orelli, Bähr, bestätigt wird, denen ich indessen nicht beipflichte. Ihr Interesse für diesen Schriftsteller wurde auch von stofflicher Seite durch den Reichthum mythologischer Angaben seines Werks geweckt, die zum Theil auf verlorene Schriften, wie die des Cornelius Labeo, zurückgehen; zum Theil sind sie auch aus Clemens' Protrepticus geschöpft. S. darüber Kettner, a. a. O., und auch dies ist ein Zeugniss für die Art seines Christenthums, das eben eine innere Wandlung nicht bewirkt hatte. Das Gemüth hat an seinem Ausdruck nirgends einen Antheil. Und obgleich gerade Arnobius, bei Gelegenheit der Vertheidigung der Quellenschriften des Christenthums in Betreff ihres Ausdrucks I, c. 58 f., den von so manchem christlichen Autor befolgten Satz aufstellt: wo es sich um der Ostentation fremde Dinge handle, sei darauf zu sehen, was gesagt werde, und nicht, mit welcher Anmuth, nicht auf einen Ohrenschmauss, sondern auf den Nutzen der Zuhörer, die Wahrheit verschmähe die Schminke: so ist er selbst doch seinen rhetorischen Gewohnheiten treu geblieben, und hat den Pomp der Rede, den er dem Forum und den Gerichten überlassen sehen wollte, auch in seiner Apologie beibehalten. Wenn sich aber Spuren jenes, von den Heiden, wie er sagt, getadelten trivialis et sordidus sermo auch in seinem Wortschatz finden, so kommen diese, theils der immer provinciell gefärbten Umgangssprache, theils nach der Rococomode der Zeit veralteten Autoren entlehnten Ausdrücke nicht auf Rechnung seines Christenthums, sondern seines unlautern Geschmacks.

 


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