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Siebzehntes Kapitel.

Peregrinatio ad Loca Sancta.

Den historischen Werken dieser Periode ist anzureihen ein geographisches S. oben S. 142, Anm. 1, die Ausgabe und vgl. die Praef. p. XX ff. sowie die a. a. O. citirte Note Kohlers, p. 143 ff., das erst vor kurzem wieder aufgefunden, leider aber unvollständig überliefert ist, indem der Anfang wie der Schluss fehlt. Doch finden sich auch im Innern manche Lücken. Es ist die Beschreibung einer Fahrt nach dem heiligen Lande, schon merkwürdig als das erste Buch seiner Art Denn das älteste Stück in den von Tobler und Molinier herausgegebenen Itineraria Hierosolymitana (latina) T. I. Genf 1679, welches von ihnen ins Jahr 333 gesetzt wird, ist keine eigentliche Reisebeschreibung., nicht minder aber durch seinen in christlich antiquarischer wie in kulturgeschichtlicher Beziehung überhaupt interessanten Inhalt. Es ist von einer frommen Dame Der Herausgeber glaubt in ihr auf Grund einer Stelle in der Historia Lausiaca die Schwester des Präfecten Rufin, Silvia zu finden. Praef. p. XXXIV. Die Abfassungszeit scheint mir von dem Herausgeber richtig bestimmt. Der Reisebericht ist in dem Buche des Petrus Diaconus De locis sanctis benutzt. von hohem Stande, welche in den achtziger Jahren des 4. Jahrhunderts die Reise selbst gemacht hat, verfasst und an einige 346 ›ehrwürdige Schwestern‹ Dominae venerabiles sorores, p. 39. gerichtet. Die Heimath der Verfasserin scheint das südliche Frankreich gewesen zu sein. Ihre Absicht war offenbar, alle die heiligen Orte Palästinas wie Aegyptens zu besuchen, und nach dem Erhaltenen und dem in ihm Angedeuteten zu schliessen, scheint sie dieselbe auch auf das erfolgreichste ausgeführt zu haben.

Im Beginne des Torso treffen wir die Reisende bei der Besteigung des Sinai, nachdem sie vorher schon Aegypten, namentlich Alexandrien und die Thebais, besucht hatte. Vom Sinai zieht sie dann wieder nach Aegypten, um über Clysma, Pithom, Heroopolis, das Trümmerfeld Ramesse's und die Stadt Arabia das Land Gosen zu erreichen, das sie gern zum zweiten Male sehen wollte (p. 44 ff.). Ueber Tanis und Pelusium ›kehrte‹ sie dann nach Jerusalem ›zurück‹, denn sie war offenbar zunächst dorthin durch Kleinasien gereist. S. p. 75, Zeile 5: et faciens iter notum etc. Nach einiger Zeit unternimmt sie eine neue Reise (p. 51 ff.) und zwar nach dem Berge Nebo, von wo Moses vor seinem Tode das Land Canaan sah. Auf dieser Reise sah sie auch den Ort des Untergangs der Frau des Loth. Die Stelle (p. 56) ist in mancher Beziehung bemerkenswerth: Locus etiam, ubi fuit titulus uxoris Loth, ostensus est nobis, qui locus etiam in scripturis legitur. Sed mihi credite, domine venerabiles, quia columna ipsa iam non paret, locus autem ipse tantum ostenditur: columna autem ipsa dicitur mari mortuo fuisse cooperta. Certe locum videremus: columnam nullam vidimus et ideo fallere vos super hanc rem non possum. Noch einen Pilgerzug führt die unermüdliche von Jerusalem aus: er galt dem Grabe Hiobs (p. 56 ff.), bei welcher Gelegenheit sie auch die Stadt des Melchisedech besuchte. Nunmehr waren 3 Jahre, seit sie nach Jerusalem gekommen, verflossen und sie sehnte sich nach der Heimath (p. 62). Die Rückreise ging über Antiochien, von wo die Pilgerin einen Abstecher nach Edessa Hier gedenkt die Verfasserin höchst merkwürdiger Weise des Briefwechsels Christi mit Abgar; der Bischof zeigt ihr dessen Palast und Steinbild, und liest ihr schliesslich auch die Briefe vor, von denen sie sich eine Abschrift geben lässt, obgleich sie Exemplare in der Heimath hatte, und zwar aus dem Grunde: ne quid forsitan minus ad nos in patria pervenisset, nam vere amplius est quod hic accepi . . . Sie enthielten offenbar noch die Verheissung Christi, dass kein Feind je die Stadt betreten solle. Der Bischof erzählt nämlich vorher eine Legende, wonach in Folge jener von Abgar geltend gemachten Verheissung die Perser vom Angriff auf sie ablassen mussten (p. 65 ff.). und Carrae machte, um die frommen Mönche Mesopotamiens und das Grab des heiligen Thomas zu besuchen, ferner über Tarsus, welches die Gelegenheit zu einem Ausflug 347 nach Seleucia bot, in dessen Nähe sich die Grabkirche der heiligen Thekla und Klöster zahlloser Asketen fanden, endlich über den Taurus durch Cappadocien, Galatien und Bithynien nach Chalcedon und von da nach Constantinopel. Hier schrieb die Verfasserin ihren Reisebericht, fügte demselben aber noch einen grösseren Anhang bei, der über die Riten und Ceremonien der Kirche von Jerusalem den Adressatinnen die eingehendste Mittheilung macht. Ut autem sciret affectio vestra, quae operatio singulis diebus cotidie in locis sanctis habetur, certas vos facere debui (p. 76). Namentlich wird die Osterfeier sehr ausführlich geschildert. Bald danach bricht die Darstellung und das Werk überhaupt, soweit es uns überliefert ist, mitten in einem Satze ab. Bei der Feier der dies enceniarum , deren Schilderung mit den Worten beginnt: Item dies enceniarum appellantur, quando sancta ecclesia, quae in Golgatha est, quam Martyrium vocant, consecrata est Deo: sed et sancta ecclesia, quae est ad Anastase, id est in eo loco, ubi Dominus resurrexit post passionem, ea die et ipsa est consecrata (p. 108).

Der Reisebericht ist mit gleicher Sorgfalt als der Anhang abgefasst, beschränkt sich aber allerdings selbstverständlich auf das was der Verfasserin selbst sehens- und wissenswerth erschien: es sind vor allem die in der Bibel erwähnten, dann auch die durch Heilige geweihten Stätten, welche auf dem Wege der Pilgerin sich fanden; da in ihrer Nähe in der Regel Klöster waren, so fehlte es auch nicht an erklärenden Führern; und es ist zu verwundern, was man alles aufzuweisen vermochte, dafür kann der Sinai und seine Umgebung recht die Beispiele liefern, die nicht zu zählen sind. Man las dann allemal nach der Betrachtung den betreffenden biblischen Text oder auch die Legende (so die Acten der heiligen Thekla). Der einfache anspruchslose Ausdruck hat einzelne Züge der lateinischen Volkssprache, die von Interesse sind. 348

 


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