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Das Tanzfest in Ankadak

An einem anderen Tage war in Ankadak, einem großen Dorf in der Mitte der Insel, ein großes Fest angekündigt. Wir waren sehr zeitig an Ort und Stelle, noch ehe eine Anzahl von Frauen den Boden des Festplatzes gänzlich gesäubert hatten. Augenscheinlich war es noch zu früh; um die Zeit auszunützen, beschäftigte sich Professor Struck mit geographischen Aufnahmen, meine Frau, wie gewöhnlich, mit der Inneneinrichtung der Häuser, ich machte mich auf die Suche nach dem Fetischtempel dieses Dorfes. Der Tempel aber, den ich entdeckte, war klein und enthielt keine sonderlichen Merkwürdigkeiten.

Inzwischen trafen aus den verschiedenen Dörfern Tanzgruppen und Festgäste ein. Es schien uns, als habe jedes Dorf eine Felltrommelkapelle mit seinen besten Tänzern herbeordert. Hier war es zum erstenmal, daß ich in Afrika Musikkapellen sah, die von Burschen und Mädchen gemeinsam gebildet wurden. Sie bestanden meist aus vier Personen, und zwar zwei weiblichen und zwei männlichen Spielern. Die Verschiedenheit der Trommelform fiel mir auf. Die Trommeln der Mädchen waren kurz und bauchig und hingen auf der linken Seite in Brusthöhe von der Schulter herab, die der Burschen waren lang und schmal und wurden während des Schlagens zwischen den Beinen gehalten.

Von diesen Kapellen stach eine Gruppe von älteren Frauen ab, die ein Kürbisorchester bildeten. Sie schlugen mit den rechten Händen die Kürbisschalen in ihren Linken und begleiteten damit im Takt ein monotones Lied, das sie mit dumpfer Stimme leise sangen.

Ein farbiges, abwechslungsreiches Bild boten die Tänzer in ihren Kostümen, die von denen der anderen Inseln völlig abwichen. Selbst die einzelnen Dörfer unterschieden sich in der Kleidung erheblich voneinander. Es waren die seltsamsten Masken und Bemalungen zu sehen, mit eigenartigem Schmuck aus Kaurinußschalen, Schneckenschalen, Palmblättern und anderem. Die Maske eines Tänzers stellte einen holzgeschnitzten, weiß bemalten Sägefisch dar, ein anderer Tänzer, den Arm mit einem strohgeflochtenen Tanzschild geschmückt, trug ein besonders geknotetes Palmblatt wie eine Friedensfahne vor sich her. Hinter ihm tauchte eine Schwertermaske auf. Meterlange, geschnitzte und bemalte Holzspieße waren an den Schultern und am Kreuz dieses Tänzers befestigt, ein mächtiges Schwert aus demselben Material, gleichfalls bemalt, trug er in der Hand. Am häufigsten aber waren Rindermasken, sowohl naturalistische als auch stark stilisierte, vertreten, sowie Masken mit breiten Holzhörnern auf einem kleinen Kopfteil, die entfernt an die Masken der Insel Karasch erinnerten. Ganz phantastisch wirkten Hörner, die durch viele Meter lange, dünne und rund gebogene Stäbe gebildet waren, und andere, bei denen die Stelle dieser Stäbe lange, geschmeidige Palmblattstreifen vertraten, die im Winde flatterten. Durch besondere Schönheit zeichneten sich die reichgestickten Tanzschurze aus, auch der Palmblätterschmuck der Burschen war außerordentlich kunstvoll hergestellt. Die Mädchen in ihren rot und schwarz gefärbten Kalottenfrisuren hatten sich zur Feier des Tages dick mit Palmöl gesalbt, so daß die geschmeidigen ebenmäßigen Körper in der Sonne wie Metall glänzten.

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Termitenhügel auf einem Baum im Lianenurwald bei Dyegi, südlich Ziguinchor.

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Stimmungsbild von der Insel Unyokum.

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Dorf Eguba auf der gleichnamigen Insel, vom Meere aus gesehen.

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Der Führer der noch nicht in den Stamm aufgenommenen Jünglinge von Bubaque in Festtracht. Rückansicht.

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Der Führer der noch nicht in den Stamm aufgenommenen Jünglinge von Bubaque in Festtracht. Vorderansicht.

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Blitzlichtaufnahme aus dem Innern eines Bidyogo-Wohnhauses auf der Insel Bubaque. Links ein geschlossenes bemaltes Frauenlehmbett, durch dessen Öffnung die Abbildung vor Seite 177 oben gemacht wurde.

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Fetischecke in einem Wohnhause in Bijante (Bubaque).

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Eine junge Bidyogofrau macht sich ein neues Kleid. Sie prüft mit einem Stab die Länge der Fransen.

Der Tanz der verschiedenen Gruppen begann, und bald erfüllte fröhliches Lachen und Jauchzen die Luft. Große Mengen von Palmwein regten die Stimmung an.

Abseits vom Tanzplatz wurden zwei eingefangene Rinder gefesselt zu Boden geworfen. Mit blitzschnellem Schnitt durchtrennte ein Bursche den Hals des Tieres, so daß das Blut in weitem Bogen aus den Schlagadern sprang, während der vom Körper getrennte Kopf, ja Augen, Ohren und selbst die Zunge sich noch bewegten.

Mit ungeduldigen Blicken verfolgten die Männer das Sterben der Tiere, und das kaum bezähmbare Verlangen nach dem Festbraten, der ihnen winkte, lag auf den Gesichtern, als das Fleisch von den Frauen am offenen Feuer gebraten wurde.

Inmitten dieser farbigen fremdartigen Bilder tauchten als erste Boten europäischer Zivilisation vereinzelt Tropenhelme auf und, Haß im Herzen, erinnerte ich mich des unbarmherzigen Vordringens der weißen Händler!

Als die Dunkelheit hereinbrach, wurde das Bild des Festes immer phantastischer. Mit verklärten Zügen gaben sich die Tanzenden dem beglückenden Rausch ihrer Freude hin, und niemand bemerkte es, als wir still das Fest verließen, um den Heimweg anzutreten.


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