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Blitzlichtaufnahmen im Wohnhause der Königin Pampa und unfreundlicher Abschied

Ich gab Takr und Bubakr meine Kamera und die Blitzlichtapparate zu tragen und machte mich in der Mittagshitze des nächsten Tages auf den Weg ins Dorf, da ich wußte, daß um diese Zeit nicht viele Eingeborene dort anzutreffen seien. Meine Mutmaßung war richtig. Die wenigen Gestalten, die im Schatten der Bäume rasteten, verschwanden, sobald ich in der Ferne auftauchte.

Langsam schlenderte ich, scheinbar von niemandem beachtet, an einem der geheimnisvollen Häuser vorbei. Plötzlich machte ich eine rasche Wendung, die unverschlossene Tür gab nach, und schon waren meine beiden Begleiter mit mir im Dunkel des fensterlosen Gebäudes verschwunden. Der Übergang vom hellen Sonnenlicht in das tiefe Dunkel war so plötzlich, daß wir zunächst überhaupt nichts wahrnehmen konnten. Inzwischen erhob sich draußen lautes Geschrei. Dem Geräusch war zu entnehmen, daß von allen Seiten Eingeborene herbeieilten und sich vor dem Hause versammelten. Zu unserem Glück aber wagten sie nicht den Betretungszauber zu brechen, der, wie ich später erfuhr, nur für die Mitglieder der königlichen Familie unwirksam ist.

Inzwischen entzündete ich ein Licht. Der Anblick, der sich mir bot, übertraf alle meine Erwartungen. Es war das Wohnhaus der Königin Pampa, in das ich eingedrungen war. An verschiedenen Stellen des Raumes standen säulenartig Kanonenrohre von alten Fregatten. An der Wand mir gegenüber thronte der mächtige Königsfetisch, unter dessen Vorhang die Seelenfiguren der verstorbenen Mitglieder der Königsfamilie aufgestellt waren. Reicher und kostbarer Hausrat war überall auf dem Boden, an den Wänden und an der Decke verteilt.

Fieberhaft und unwillkürlich etwas erregt, begann ich zu arbeiten. Als der Rauch des Blitzlichtes durch die Fugen des Daches nach außen drang, glaubten die Eingeborenen wohl, ich hätte das Haus in Brand gesteckt, denn das Geschrei verstärkte sich in bedrohlicher Weise. Als ich eben die zweite Aufnahme vorbereitete, sprang die Tür auf, und eine Gruppe von Menschen stürzte herein. Mit raschem Blick erkannte ich, daß es sich nur um alte Frauen, offenbar um solche aus der Verwandtschaft des Königs, handelte und ließ mich in der Arbeit nicht stören. Bubakr lief geschickt mit der Blendlaterne vor dem Objektiv hin und her, um mir eine genaue Einstellung zu ermöglichen. Kaum war ich fertig, da trat auch schon – die Augen der neuen Eindringlinge hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt – nach einer im Flüsterton geführten Unterredung eine uralte, aber energisch aussehende Greisin hervor. Sie wendete sich an Takr und forderte uns gebieterisch auf, augenblicklich das Haus zu verlassen. Da ich den Abzug des Rauches nach der ersten Entladung abwarten mußte, um eine zweite Aufnahme machen zu können, versuchte ich zu verhandeln, setzte den Frauen auseinander, daß ich nichts Böses im Schilde führe, und forderte sie auf, mein Tun genau zu überwachen. Entsetzt und geblendet fuhren sie nach der zweiten Explosion zurück, riefen aber der drohenden Menge, die uns draußen erwartete, einige uns unverständliche Worte zu, auf die hin der Lärm verstummte.

Beim Verlassen des Hauses war weder mir noch meinen beiden Begleitern sehr wohl zumute. Takr und Bubakr drängten sich dicht an mich heran. Äußerlich ruhig und sicheren Schrittes, als ob nichts geschehen wäre, näherte ich mich den Eingeborenen, die wie eine dichte, dunkle Mauer in weitem Umkreis das Haus umgaben und mir mit finsteren, feindseligen Blicken entgegenstarrten. Es war mir klar, daß nur Furchtlosigkeit hier helfen konnte. Bis auf eine Entfernung von drei Schritten ließen sie mich herankommen, die Blicke trafen sich – da gaben sie lautlos eine schmale Gasse frei, durch die wir uns unbehelligt entfernen konnten. Hatte mein Fetisch, der Nschamaschi damals so tödlich erschreckt hatte, dies Wunder bewirkt?

Kaum waren wir im Lager angekommen, so erschien ein hochgewachsener, stolz blickender, mit einem Fischspeer bewaffneter Mann, ein Schwiegersohn der verstorbenen Königin, und ließ uns sagen, daß er unter allen Umständen mein Beginnen verhindert hätte, wenn er nicht im Busch gewesen wäre. Der Betretungszauber vor dem Eingang des Hauses sei Weißen gegenüber wohl wirkungslos, doch unsere schwarzen Begleiter sollten sich vor ihm hüten, wenn ihnen ihr Leben lieb sei.

Der Abbruch unseres Lagers am darauffolgenden Tage vollzog sich in größter Stille. Kein Eingeborener ließ sich blicken. Einsam und verlassen lag der Strand vor uns, auf dem sich noch vor wenigen Tagen der fröhliche Verkehr mit den jungen Mädchen abgespielt hatte. Selbst die netten kleinen Kinder, die zu unserer Freude so zahlreich mit ihrem lustigen Treiben das Ufer erfüllt hatten, waren spurlos verschwunden. Der Strand schien ausgestorben.


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