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Ein Tanz

Eines Tages schlug der laute Klang von Felltrommeln an mein Ohr. Wir folgten ihm und gelangten auf den freien Platz, der von den Häusern des Dorfes umgeben ist. Dort hatten sich im Schatten eines alten Mangobaumes mehrere junge Mädchen niedergelassen. Felltrommeln lagen auf dem Boden, drei Mädchen saßen rittlings auf ihnen, schlugen die gespannten Felle mit den flachen Händen, daß sie weithin tönten, und begleiteten ihr Tun mit lautem Wechselgesang. Um die Trommlerinnen hockte eine große Anzahl kleinerer Mädchen, die ebenfalls sangen und durch lautes Händeklatschen den Takt markierten, im Kreise umher.

War schon der Anblick von weiblichen Trommlern etwas durchaus Ungewöhnliches, das mir in Afrika noch niemals untergekommen war, so erregte das, was wir weiter zu sehen bekamen, in höchstem Maße unsere Verwunderung. Es erschien ein Mädchen als Tänzerin, auf dessen Kopf eine Art Rindermaske mit langen und schmalen Hörnern aus Holz saß und das in der Hand einen Zeremonienstab schwang. Der Griff des Stabes zeigte eine holzgeschnitzte Figur, am Stabe selbst waren zahlreiche Messingglöckchen befestigt.

Die Tänzerin beugte den Oberkörper nach vorn, ließ die Schellen erklingen und begann mit den Füßen den Boden zu stampfen. Einige ältere Frauen bewegten sich, eine nach der anderen, im Takte der Trommeln und des Gesanges auf die Tänzerin zu und salbten ihren Körper mit Palmöl. Dann begann diese, in derselben Haltung wie vorher, laut singend, mit den Beinen nach der Seite und rückwärts auszuschlagen und auf dem freien Platze zwischen Bäumen und Häusern hin und her zu jagen, bis sie ermüdet zu den Trommlerinnen zurückkehrte. Nach einer kurzen Pause tauschte sie den Platz mit einer der Trommlerinnen und schlug fleißig das Instrument, während die neue Tänzerin sich den Kopfschmuck festband, den Schellenstab in die Hand nahm und nun den Tanz ausführte wie ihre Vorgängerin.

Weit und breit war kein männliches Wesen zu sehen, dagegen strömten nach und nach aus den Häusern viele alte Frauen herbei, sahen den Tanzenden zu oder sangen und klatschten in die Hände wie die übrigen Zuschauer.

Plötzlich entstand ein Gedränge. Eine Horde von etwa zwanzig kleinen Knaben stürzte in stürmischem Lauf herbei, daß der Staub hoch aufwirbelte. In ihrer Mitte führten sie an einer langen Leine einen Jungen, dessen Kopf eine holzgeschnitzte große Rindermaske mit eingelegten Augen und natürlichen Hörnern trug, und an dessen Fußgelenken Schellen rasselten. Der kleine Maskentänzer gebärdete sich wie ein wütender Stier und griff die Mädchen und die ihn umgebenden Knaben mit den Hörnern an, so daß alles kreischend auseinanderstob. Einem der Knaben gelang es, sich auf den Rücken des Maskierten zu schwingen, wie er es bei wirklichen Rindern zu tun gewohnt war. Nachdem sie alles durcheinandergewirbelt hatten, verschwanden die Kinder bald wieder schreiend und lachend zwischen den Häusern des Dorfes.


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