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Ausrüstung und Fahrt auf die Inseln der Verheißung

Wir gingen nun daran, uns für die Fahrt auf die Inseln auszurüsten. Vor allem wurde von einem Kaufmann ein 15-Tonnen-Segler gemietet.

Das Schiff war in Deutschland erbaut worden und gut konstruiert. Der jahrelange Dienst an der afrikanischen Küste unter schwarzer Bemannung war ihm aber nicht gut bekommen. Er machte einen verwahrlosten Eindruck, die Segel waren zerrissen, Mast, Großbaum und Gaffel mehrfach gebrochen und schlecht ausgebessert.

Nachdem sich der Eigentümer bereit erklärt hatte, das Boot halbwegs instand zu setzen, schwefelten wir den Laderaum aus. Tote Ratten und Hunderte von riesigen Kakerlaken wanderten über Bord. Der Geruch von ranzigem Palmöl – der Segler hatte in den letzten Jahren fast ausschließlich Palmkerne als Fracht geführt – war hingegen nicht auszumerzen, wie meine Frau mißbilligend bemerkte.

Dann ging es an das Verstauen des Gepäcks, eine wichtige Angelegenheit, denn mehr als ein Schiff ist schon gekentert, weil die Ladung schlecht verstaut war und es im Sturm zu schlingern begann. Unsere Habseligkeiten wurden in leere Benzinkisten verpackt. Dann stellte ich breite Bohlen hochkantig auf, die unsere Kisten vor dem Kielwasser schützen sollten. Schließlich wurden die Kisten an die Bohlen und diese wieder an den Versteifungen der Bordwand auf das sorgfältigste angenagelt. So konnte uns kein Sturm Ungelegenheiten bereiten.

Am 11. März wollten wir den Anker lichten. Da bemerkten wir mit Erstaunen, daß das winzige Schiff ja geradezu von Eingeborenen wimmelte! Ich sah mir die Bemannung unseres Schiffes an: Da waren der schwarze Steuermann, ein bärtiger Mandyako, und seine vier halbwüchsigen Matrosen; der lange Ilere, Sohn des Pepelhäuptlings von Antula, den wir auf seinen Wunsch als Zeltboy aufgenommen hatten, Bubakr, unser ausgezeichneter junger Dolmetsch. Dann vorn bei der von vier Holzplanken eingeschlossenen Feuerstelle Abu, der Koch, einer der größten Gauner von Bissau. Noch sechs schwarze Gesichter aber sahen mich außerdem an, die ich bestimmt in meinem Leben nie gesehen hatte. »Hallo, Steuermann! Was sind das für Burschen?« Bubakr übersetzt: »Das sind meine Kinder, die mich, ihren Vater, auf die Inseln begleiten wollen.« Ich betrachte die »Kinder«, recht ausgewachsen sahen sie aus, kaum jünger als ihr Vater, der Steuermann. Ich lasse dem Steuermann sagen, was nicht zur Mannschaft gehöre, sei augenblicklich auszuschiffen! Wie sollten so viele Menschen auf dem winzigen Deck Platz finden. Als wäre er bereits auf diesen Ausgang vorbereitet gewesen, gibt der Steuermann den Befehl, das Beiboot steuerbords anzulegen. Dann aber tritt ein »Kind« nach dem andern auf den jugendlichen »Papa« zu, nimmt Geld in Empfang und verschwindet lautlos im Beiboot. Der grinsende Bubakr klärt die Sachlage auf. Der geschäftstüchtige Steuermann, im langjährigen Dienste von Europäern mit allen Gaunereien wohl vertraut geworden, hatte einfach den Versuch gemacht, eine Anzahl Passagiere für eigene Rechnung nach der Insel Bubaque zu befördern.

Jetzt konnte endlich der Anker gelichtet werden, und bei steifer Brise, die immer mehr auffrischte, ging es raumschot mit fast acht Seemeilen Stundengeschwindigkeit vorwärts.

Ich beobachtete die Mannschaft bei ihrer Arbeit. Der Steuermann gab die Befehle ruhig und sachlich, sie wurden rasch und außerordentlich geschickt von der jungen Bemannung ausgeführt. Es war eine Freude, zuzusehen.

Leider zeigte es sich, daß außer mir alle Expeditionsmitglieder mehr oder minder von der Seekrankheit ergriffen wurden. Da ich bald der einzige wirklich Bewegungsfähige war, mußte ich in den Laderaum klettern, das Abendessen herrichten und die Feldbetten vorbereiten. Der Laderaum war etwa drei Meter breit und zehn Meter lang und nahm das ganze Innere des kleinen Seglers ein. Das Gepäck, das in der Mitte aufgestapelt war, teilte ihn in zwei Räume. Achtern hauste der Professor, der vordere Teil bildete meinen und meiner Frau Schlaf- und Wohnraum.

Mit sehnsüchtigen Blicken betrachtete meine Frau die nun aufgestellten Betten. Doch bei dieser Betrachtung mußte es bleiben. Wir konnten uns nicht hinunterwagen in diese Atmosphäre von ranzigen Ölkernen, Schwefelgasen und Schmutz, die selbst einen Gesunden betäubt hätte. Leider war nur ein spärliches Lüften möglich, da man die Luken mit Brettern verschließen mußte, sonst hätten die hochgehenden Wogen alles durchnäßt.

So wickelten wir uns in unsere Mäntel und legten uns auf dem ungescheuerten, öligen Deck zur Ruhe nieder. An Schlaf war nicht zu denken. Allzuoft bereiteten uns die Brecher, die der Länge nach über das ganze Schifflein fegten, ein unwillkommenes Bad. Wir waren das heiße Landklima gewöhnt und zitterten vor Kälte. Der Wind schrallte, wir kreuzten beständig und mußten jedesmal unsere Lage verändern, wenn wir nicht wollten, daß unsere Köpfe tiefer lagen als unsere Körper.

Wir hatten kein Licht an Bord, da keine Fahrzeuge diese Gewässer durchkreuzen. Ganz abenteuerlich war diese Seefahrt in schwarzer, stürmischer Nacht, mit den Menschen, die, als dunkle Knäuel auf dem Deck liegend, ins Meer zu rollen drohten. Aber ein ganz unvergeßliches Bild blieb in meinem Gedächtnis haften. Das herrlichste Meerleuchten, das ich je gesehen habe, begleitete das Schiff, das seinen Weg durch vom Himmel gefallene Sterne zu nehmen schien, funkelnd und unheimlich glitzernd.

Später waren wir dann gezwungen, einige Stunden lang vor einem schwarzen Inselstrich vor Anker zu gehen. Der Wind flaute ab, wir konnten den Laderaum lüften. Ich nahm meine Frau in die Arme und trug sie die schwankende Leiter hinab auf das Feldbett, wo sie denn auch fast augenblicklich in einen tiefen Schlaf versank. Professor Struck blieb frierend zusammengerollt auf Deck. Ich schloß die Augen, im Halbschlaf hörte ich das Getrampel der Mannschaft, die Befehle des Steuermanns. Irgendwie verging die Zeit.

Als ich wieder einmal nach den Sternen schielte, leuchteten sie nur mehr schwach am dunkelblauen Himmel. Es wurde Tag – ein erlösender Gedanke! Langsam stieg der rotglühende Sonnenball im Osten aus dem Meer auf. Wir krochen aus unseren Umhüllungen, und frische Seeluft und die ersten Sonnenstrahlen überfluteten uns und unser Schiff und verscheuchten schnell die finsteren Schatten der Nacht.

Ein Seebad erfrischte und reinigte unsere müden Glieder, auf reinen Matten ausgebreitet erwartete uns ein köstliches Frühstück. Vor uns aber lag im hellen Sonnenlicht eine liebliche grüne Insel: Bubaque.

Wir hielten uns hier nicht lange auf, denn wir wollten so schnell als möglich nach Orango Grande, dem Reiche der Königin Pampa.

So steuerten wir nach Südwesten. Die »Binar« – so hieß unser Schiff – war inzwischen gereinigt und mit festen Bürsten gut gescheuert worden. Die verschiedenen Düfte waren verflogen. So fühlten wir uns restlos glücklich auf dem blanken Deck unseres Fahrzeugs, das bei mäßigem Wind fast lautlos zwischen den grünen Inseln dahinglitt, an glitzernden Sandbänken vorbei, auf denen Hunderte von langbeinigen Wasservögeln nach Nahrung suchten. Pelikane fischten die seichten Buchten ab, und hoch in den Lüften kreisten mächtige Raubvögel.

siehe Biltunterschrift

Unser Zelt mit den Feldbetten am Südstrande der Insel Unyokum. Im Hintergrunde das Expeditionsschiff vor Anker.

siehe Biltunterschrift

Bidyogofrauen mit Matten und Körben auf der Insel Orango Grande.

siehe Biltunterschrift

Bidyogomädchen aus dem Dorf Etikoka (Orango Grande) in eigenartiger Palmfasertracht.

siehe Biltunterschrift

Der Platz vor den Königshäusern in Etikoka (Orango Grande).

siehe Biltunterschrift

Inneres eines Hauses der Königin Pampa (Orango Grande) mit Königsfetisch aus Lehm, hinter dessen Vorhang die Seelenfiguren stehen.

siehe Biltunterschrift

Mädchenkapelle in Etikoka (Orango Grande). In Portugiesich-Guinea werden nur bei den Bidyogo die Felltrommeln von Mädchen bedient.

siehe Biltunterschrift

Knaben ahmen in Etikoka (Orango Grande) die Tänze nach, die sie als Jünglinge bei den Stammesweihen tanzen. Vortänzer mit Rindermaske.

siehe Biltunterschrift

Eine Bidyogofrau im Dorf Egara (Unyokum) bei der Herstellung eines Palmfaserstricks.

Leider dauerte dieser paradiesische Zustand nicht lange. Die schönen neuen englischen Seekarten, mit denen wir ausgerüstet waren, erwiesen sich für unsere Zwecke als durchaus unzulänglich. Sie begnügten sich damit, das ganze Gebiete als »riffreich, gefährlich für jede Annäherung« zu bezeichnen. Daß sie nicht unrecht hatten, bewies uns eine Anzahl von Wracks der verschiedensten Schiffe, die auf den spitzen Klippen festsaßen. Ein mächtiger Dreimaster ragte mit gebrochenen Masten zwischen den Felsen empor, es mochte wohl ein Südamerikafahrer gewesen sein, der auf der Fahrt in die nordische Heimat zu weit nach Süden abgekommen war und auf den afrikanischen Felsen sein Ende fand. Wie viele Jahrzehnte waren wohl seit dieser Katastrophe vergangen? Auch Schaluppen, wie sie von den europäischen Kaufleuten an der afrikanischen Küste für den Handelsverkehr mit den Eingeborenen verwendet werden, lagen, von der Brandung zerschlagen, an der Küste. Der häufige Treibsand soll ebenfalls hier schon manche Schiffe samt Ladung verschlungen haben.

Fatalerweise stellte sich heraus, daß unser Steuermann, von dem uns der Bootseigentümer erzählt hatte, er befahre seit fünfzehn Jahren diese Gewässer und es sei ihm jeder Winkel des Archipels vertraut, ebenso wie seine Mannschaft noch nie über die Insel Bubaque hinausgekommen war. Da ich als alter Segler für die Navigierung verantwortlich war, ordnete ich an, daß auf Sicht gefahren werde. Ich befahl Ilere, sich am Bugspriet aufzustellen und jede Verfärbung des klaren Wassers, die gefährliche Klippen anzeigte, zu melden. Da wir kaum einen Meter Tiefgang hatten, gelang es uns glücklicherweise stets, den gefürchteten Stellen auszuweichen.


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