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Isolde Kurz

Die Hochzeit in der Mühle

Der Mühlbach stürzt mit Brausen,
Er gibt nicht Rast noch Ruh,
Und alle Räder sausen
Im raschen Takt dazu.
Mahle, wer da mahlen mag,
Diesem filzigen Geschlechte!
Heut ist Meisters Hochzeitstag.
Stellt das Rad, ihr Müllerknechte!

Aus blauer Höhe zittert
Der Hochzeitsglocken Klang,
Und in der Tiefe schüttert
Das Werk mit Donnergang.

        Seht, am Rad, daß Gott erbarm!
        Fängt sich langes Haargeflechte,
        Aus dem Wasser taucht ein Arm!
        Stellt das Rad, ihr Müllerknechte!

O Röslein schön vom Bühle,
Wie hangt dein Haupt verblaßt!
Du kamst wohl nach der Mühle
Als ungeladner Gast.
        Nun zur Hochzeitkammer dort
        Tragt die bleiche Braut, die rechte.
        Seht, so hält der Meister Wort!
        Stellt das Rad, ihr Müllerknechte!

Wohl mag das Blut gerinnen
Der reichen Müllersbraut,
Wenn sie auf Flaum und Linnen
Den stummen Gast erschaut.
        Wer wird unterm Schwarme sein,
        Der der Toten Ehr verfechte?
        Einer war in Treuen dein –
        Stellt das Rad, ihr Müllerknechte!

Das Werk ist still für immer,
Den Müller traf der Stahl,
Die Mühle fällt in Trümmer,
Verrufen ist das Tal.
        Nur sooft das Jahr sich füllt,
        Stöhnt und wimmerts durch die Nächte,
        Und das Mühlwerk saust und schrillt –
        Stellt das Rad, ihr Müllerknechte!


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