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Moritz Graf Strachwitz

Der Elfenring

1.

Ins Grüne ritt Herr Edelfried;
Es blühte sein Mund im Scherze,
Ihm unterm Sattel tanzte sein Roß,
Und innen tanzte sein Herze.

Ins Grüne sprang Herr Edelfried,
Den Zaum ins Geäste schlang er,
Er stellte sich in den Elfenring,
Das Horn an die Lippe schwang er.

Im Nachtwind wehte sein Reiherbusch,
Er stand gelehnt am Schwerte,
Er blies den allersüßesten Reim,
Ich weiß nicht, wers ihm lehrte.

Doch wer ihm immer das Lied gelehrt,
Er hats nicht lange geblasen,
Ihn zog ein wunderschlanker Arm
Hernieder in den Rasen:

»Du weiße Fee, du listige Fee,
Wie bin ich vor dir erschrocken!«
Das Schwert versank im wehenden Gras,
Zusammen flössen die Locken.

Ein langer Kuß, – o edler Wald!
Er starb in den säuselnden Blättern,
Und wer die beiden verraten hat,
Den mögen die Wipfel zerschmettern!

2.

Von Rothenburg die Edelfrau,
Die weint' in Schmerz und Stolze,
Sie schritt allein durch die Halle grau –
Der Junker schweift im Holze!

»Nun helfe mir Gott auf seinem Thron,
Ein Ende hat der Zweifel,
Ich habe gesehn den eigenen Sohn
Umarmen den schlimmen Teufel!

Ich hab sie gesehen, die Hexenbraut,
Sie hat zwei Augen wie Räder,
Durch ihre gleißende Schwanenhaut
Durchscheint das blaue Geäder.

Sie tat ihn mit beiden Armen fest
Umringein und umgattern,
Mir wars, als schlief er im Schlangennest,
Und um ihn gerollt die Nattern.

Die Glocken klangen so feierlich,
Er schlief gleich einem Tauber,
Er hat vergessen auf Gott und mich,
Ich aber breche den Zauber!«

Die Freifrau ritt zu Walde flink,
Ihr folgten die Trabanten,
Sie ritten zusammen den Elfenring,
Das Gras sie niederbrannten.

Sie pflügten den Boden stumm und schnell,
Salz säten sie in die Ritze,
Drauf türmten sie Schutt und Mauergeröll
Und pflanzten ein Kreuz zur Spitze.

Die Burgfrau warf den ersten Stein,
Ein Stein ihr sank vom Herzen:
»Maria, süße Magedein,
Dir weih ich zweihundert Kerzen!

Zweihundert Kerzen, blütenweiß,
Alljährlich ich dir weihe; –
Ich habe gesprengt den Zauberkreis
Und habe gebannt die Feie!« –

3.

O tiefer Wald, o stiller Wald!
Was will dein Wiegen und Wogen?
Es ist, als käme ein Grabgeläut
Durch deine Wipfel gezogen.

Im Grünen reitet Herr Edelfried;
Es zuckt sein Mund im Schmerze.
Ihm unterm Sattel stöhnt sein Roß,
Und innen stöhnt sein Herze!

Den Reiherbusch zerriß der Dorn,
Blut träufelt von den Sporen,
Er sucht nach seinem Elfenring,
Er hat ihn gar verloren.

Er sucht zwei Tage und eine Nacht,
Bis daß er glitt vom Rücken,
Ins Riedgras rann sein Goldgelock,
Sein Herze sprang in Stücken.


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