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Gustav Schüler

Die blitzerschlagene Magd

Ein Erntetag hat ausgebrannt.
Fünfzig Fuder sind unter Dach.
Die Knechte und Mägde halten Schmaus
Und tragen alte Geschichten aus.
Eins nach dem andern sinkt an die Wand,
Nur der Großknecht Johann bleibt wach.

Bleierne Schwüle kriecht durch die Tür,
Geht bis vor an die Bank,
Haucht alle Schläfer stickig an,
Hockt breit zum alten Knecht Johann,
Macht sauer das Krüglein Erntebier
Und die Pferde im Stalle krank.

Fernab grollt Donner. Überm Wald.
Die Schlummerer wirfts hin und her.
Der Großknecht will nach den Pferden sehn;
Er kanns nicht, es geht nicht, er kann nicht stehn,
Ihm wird die Stirne schweißig kalt.
Die Türe dreht sich schwer.

Da steht – o du allbarmherziger Gott! –
Die Gret, die Magd, die der Blitz erschlug;
Mit dem schwarz gefächerten Gesicht
Stiert sie zum Tisch und redet nicht.
Sie zittert noch vor Sterbenot
Und trägt das Kleid, das sie trug.

Dem Knecht sind die Sinne schier verdorrt,
Die Gret schlurft zu ihm heran.
Sturm kommt. Der Donner fällt ans Tor.
Die Schlummerer nicken wie zuvor.
Einen Blitz reißt die Gret von den Wolken fort
Und wirft ihn, so rasch sie kann.

Mitten splirrt er den Tisch entzwei.
Alle sind schwarz gebrannt.
Nun ist die Gret nicht mehr allein,
Die alle werden bei ihr sein.
Die schrein wie sie einen kurzen Schrei –
Und alle sind schwarzgebrannt.


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