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Die neue Erde

1.

Und doch singt Sehnen
Ein Lied so süß –
Heimlich wünscht Wähnen
Das nahe Paradies.

So weit, weit fort
Legen wir ein Jenseitsleben –
Hinter der Welt, hinterm Raum ein Ort,
Wo uns ein Abschluß versprochen und dereinst gegeben.

Dies ist ein ZIEL,
Wir nehmen es vorweg, genießen
Sein Hierhinbild aus dem Jenseitsher, das will
Fata Morgana und ungreifbar um uns fließen.

Wir aber, wir, du, ich,
Sind dann Süchtige, und unsre Erfüllung
Liegt dann außer uns. Dich, mich
Umhüllt dann ein Traum und Bild als letzten Leides Stillung.

Und dann? Das »reine Sein«?
Kein Werden war und ist dann. Seliges Träumen,
Der Sünde vom Willen erlöstes Nein –
Wir aber (Erinnerung?) ein Denken als Dichter in unwirkliche Welt gespiegelten Räumen.

2.

Und doch. Diese Sehnsucht ist mißlungne Welt –
Denn wer gefräßig oder faul genüge
Sein Leben auf das Flache und ins Enge stellt,
Sehnt kein Paradies und baut kein Jenseits über seine Diesseitslüge.

Ich will, daß ihr erwacht. Wohin?
Zu euch. Woher? Der »Blick aus Unendlich«–
Wiedererkennung ist nicht Vorstellungsbezirk. Ich bin
Mein Sein und tu mein Werden. Aber kenntlich

Ist meine »Wirklichkeit« an keinem Schein
Und Zustand, die ich »vorstelle«; all mein »Wissen«
Von mir im horizontlosen Meer ist Denkens Sein –
»Wiedererkennung« ist keine »Erinnerung«, fixiert, zerrissen

Ein Band im Vorstellungsbezirk, neu genäht,
Das war ja alles kein Werden, kein Sein, nie »wirklich«,
Unidentisch, schiefe Wiederholung, und ewig zu spät.
Leerlaufende Logik, aber nie verbürglich.

3.

Wiedererkennung ist Identifizierung
Des Selbst – Ich-mir im horizontlosen Meer –

Ich »weiß« meine Präexistenz,
Will sie aber nicht »vorstellen«.

Alles »Okkulte« ist ein Schändungsversuch –
So schamlos, dementia präcox,

Und ob du auch ein Greis seist.
Dem Selbst verständlich ist im horizontlosen Meer

Dein Sein und Werden, daß du dann »weißt«
Dich und das Reziproke. Aber auch das nicht »vorstellst«.

Der »Glaube« (religiös) ward uns zu sehr
Selbsthypnose. Ich will »wissen«.

Das ist nicht Vorstellung, nicht Registratur,
Nicht Messen, denn es ist kein »Bezirk«.

4.

Was vorrätig im »Bezirk« zur Hand liegt,
Sollt ihr nicht das Bewußte nennen.

Und was darunter liegt, euch schwer erreichbar,
Sollt ihr nicht das Unbewußte nennen.

Ihr seid allwissende Seelen. Also Bewußtheit
Ist Aufwachen, nicht mehr umklammert

Vom »Bezirk«. Euer Halbschlaf
Verliert nicht leicht »Funktion« des Denkens.

Aber erst »Bewußtheit« weitet euren Horizont.
Das andere ist ja Automatismus eurer Denkfunktion.

5.

Was aber singt in mir so süß, so süß? Das Reziproke.
Und ob ichs falsch verwandle, und verwechsle mit dem Wahn,
Ein Sehnen singt, oh Paradies, Gemeinschaft Allerseelen.
Ich bin nicht allein. Dann erwach ich. Dann ist »Ander«
Doch mir Verbürgung. Ach im horizontlosen Meer
Weiß ich Antwort, denn da bin ich »bewußt«.
Dann erst »wag« ich wieder Paradies (Die Neue Erde).

Die Neue Erde ist mein Hier und Jetzt. Ich bin
Ja mich und tu mein Sein, dies WERDEN
Ist wie die Welt und Erde Welle meiner Unendlichkeit.
So darf ich Müh und Möglichkeit hoch halten in das Licht
Meiner »Bewußtheit«. Und dann darf ich sagen, daß ich will
Ein Paradies auf Erden, das ist WERT und WUERDE,
Der Blick aus Unendlich her und nicht mehr süchtig hin.

Will ich euch füllen mit dem Rausch? Nein Mut
Zu euch und eurem Denken lehr ich euch.
Oh Allerseelen ist nun RELIGION. Das Jetzthier
Ist unser »Bezirk«, mißlungne Welt
Ist nicht mehr unsre Rachsucht, Selbsthaß, Abwälzen
Auf »Ander«, oh wir wollen helfen und als »Wache«
Ganz irdisch sein und schaun so gütig mit dem »Blick aus Unendlich«.

Der »Blick aus Unendlich« lehrt euch Müh und Möglichkeit,
Lehrt euch Geduld, und nicht mehr Fliehn ins Jenseits
Oder ins Nichts. Auch wer sein Nichtsein will
Oder sein Anderssein, ist noch nicht wach.
Wer WERDEN weiß, ist erst identisch
Mit seinem Sein. Er »tut« Geduld dann.
Wir wollen alle, alle, alle jetzt »am Paradiese baun«.