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Daß der Geist sich umschuf

Daß der Geist sich umschuf, seinen Leib,
Daß er sich schuf zur Pflanze, zum Tier, zum Mensch,
Daß er sich schuf vor der Pflanze die Physik und Chemie,
Und wie er sich schuf Geschlecht und Gehirn,
Wird er wohl schaffen sich ewig anders, und sich selber getreu
Seiner Vollendung sich nähern von ewig her nach ewig hin
In aller Unendlichkeit. – Wie die Pflanze aber sie selber ist, und das Tier,
Ist der Mensch er selber. Und wie der Pflanze Zellstaat
Wächst und wandelt, wie der Baum seine Blätter abwirft,
So wirft der Geist seinen Leib ab, ihn neu zu schaffen,
Wie aber Winters kahler Baum kein andres ist zu seinem Leib im Sommer,
Ist der Geist kein andres denn sein Leib –
Das müssen wir wegtun; die Brückenlosigkeit,
Das Nebeneinander von Geist und Leib –
Denn diese Brückenlosigkeit und Nebeneinander
Ist ja nicht anders als im Geist auch, im Leib auch,
Geist kann neben sich sein, Leib ist immer neben sich
In jedem Spiegel und in jedem ausgefallnen Haar –
Jede Zelle ein Weltsystem, da ist im Kosmos unseres Leibes
Unendlichkeit, Unerklärbarkeit von irgendwo an,
Aber von irgendwo an auch ist er selbst,
Beides in einem, und gleicherzeit,
So ist er auch Geist irgendwie, und als solcher selbst,
Nämlich Geistleib, nämlich Leibgeist,
So: wie ein Baum nicht seine Maske abwirft im Winter
Sondern sein Laub, so der Geist seinen Leib im Tod.
Totes Laub und toter Leib sind nun »abgetan«,
Es halte sie keiner als Maske vor die Welt –
Es ist nicht gut, die Welt doppelt zu machen.
Daß wir dies können und müssen, ist ebenso wahr –
Die Welt ist nicht nur selbst, auch nicht nur doppelt,
Unendlichkeit ist grausig, doch eines spricht:
Ich bin selbst in aller Unendlichkeit und das bin ich.
Und so begiebt sich immer wieder Selbst
Urwelteigensicher an sein Werk und Wirken,
Urwelteigensicher, und beginnt das Naheste;
Vorzusorgen, zu werden, und zu sein.


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