Christoph Martin Wieland
Krates und Hipparchia
Christoph Martin Wieland

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VI.
Melanippe an Hipparchia

Ein alter eisgrauer Vatersbruder meiner Mutter, der sich auf seinem Gute zu Acharnä aufhält, und seit mehr als dreißig Jahren nicht in die Stadt gekommen ist, hat eine Nachteule vor seinem Kammerladen singen hören, und meine Mutter deswegen durch einen Eilboten zu sich beschieden, weil er seinen letzten Tag nahe glaubt. Da sie, seitdem er seinen einzigen Sohn in der Schlacht bei Chäronea verlor, seine Erbin ist, so kannst du denken, wie große Eile die gute Frau hat, und wirst dich nicht wundern, daß deine Melanippe, die man zu Athen nicht zurücklassen will, vor lauter Zurüstungen nur gerade noch so viel Zeit erübrigen kann, dir ihre schleunige Abreise zu berichten. Weil mein Verwandter Euthyphron hier bleibt, so wird er indessen, nach seiner wohlbekannten Anhänglichkeit an uns beide, unsern Briefwechsel aufs beste besorgen. Lebe wohl.

Den 16ten Thargelion.


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