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VII

In der Nacht vor dem Zweikampf der Tigerin mit dem Büffel zog die Freudenwelt, jauchzend mit Pauken und Trompeten, aus der ozeanischen Stadt um die Hütte des gefangenen Tieres, das dämmernd schlief. Hinter ihm, gedeckt durch seinen gewaltigen Rücken, lagen die beiden Geschwister, die sich müde gespielt hatten an einem rosa zuckenden Fischleib. Nun ruhten sie ineinander verschränkt. Vor dem Käfig auf einer dünnen Decke aus Bast, in kärglichem Bett, ruhten die zwei menschlichen Hüter, das junge, glücklich vermählte Paar der Wärter.

Die Freudenmenschen umkreisten das Käfiggelaß in weit wandernder Prozession. Schwere Pfähle, rot und gelb geringelt, schleppten sie herbei, um den Platz des Kampfes vor der Hütte zu umzäunen. Ein langgezogenes Lied sangen sie im Takte zu ihren Schritten.

Nahar kniete auf ihren Pranken, unbewegt starrte sie, jählings erwacht, durch die Kette der nackten Menschen, durch die Kette der nackten, entrindeten Pfähle, der gewaltigen Stämme, die durchsägt waren zu rotumwölkten Sonnen.

Rings um das Haus, rings um die Welt, schlugen sie aus höheren Pfählen einen Kreis rings um den Kampfplatz.

Draußen erhellte sich ferne das Meer. Im blassen Azur die weiche Küste. Der schwere Duft der Gärten, der letzte Hauch des regengrünen Tropenhaines schwebten zu Nahar.

Berge, Wald und Wasser.

Vor ihren Augen rollte in ehernem Knirschen, von sechzehn Rindern geführt, das Götzenbild der fruchtbaren Weiber. Es schleppte sich die schwarze Zeugin der wollüstigen Zeugung. Der schwere Kopf, schattend, ohne Augen, nur von einem ungeheuren Spalt mitten durchrissen. Keine Glieder, der Rumpf mit Brüsten, wie mit Trauben, millionenfach umwuchert. Ein Umhang von tausend hängenden Brüsten des Alters in der Tiefe, die Mitte aber ein fester Gurt von tausend hart strotzenden Brüsten der Blüte. Alles aus Erz, alles schattenzart, glühend von innen rauchendem Feuer. Schwer schritten Elefanten mit reich bestickten Sätteln, kleine Hunde bellten laut. Nelkenduft und Muskatrauch und des Sandelholzes süß schwelende Wolke wogten dem Standbild nach.

Aus dem menschenlosen, ehern gemauerten Standbild rauschte Gesang. Jetzt führte man Nahar in ihrem Käfig in die Arena. Über die schlechte Straße schlitterte der riesige Wagen. Im Morgendunst des neuen Tages schlug man die letzte Reihe von Pfählen, den dritten Kreis um den Platz. Es erbebte die Erde, es erbebte Nahars Herz.


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