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III

Im lichten Azur schimmerte fern das Meer, die faltenlos spiegelnde Fläche, im hingehauchten Nebel schwebten breite Dschunken. In rotem Blühen nur ein zarter Rand, wiegte sich der Sommerwald auf tiefgrüner Welle weit an den schweifenden Ufern.

Über die hallende Brücke, über sauer aushauchende Sümpfe wurde der Tiger getragen. Er kam ins Freudenviertel der ozeanischen Stadt. Zwischen den engen Stäben des niedrigen Käfigs erblickte er vor sich einen weiten Weg. Auf den nackten Schultern von acht riesigen Männern schwankte er schwer.

Weiber, vom Alter braun vertrocknet, mit verdorrten Brüsten, gelb glosenden Augen, umkreischten das gefangene Tier, sie schwirrten um Nahars ungeheuren Körper, der im Käfig krummgespannt dalag. Mit Ruten und Zweigen, deren Enden sie mit ihren rotgefärbten Zähnen scharf abgenagt hatten, stachelten sie durch die Käfigstäbe das Tier. Unsicher klammerte es sich an den Boden, bohrte seine Krallen durch die Lücken, aber die Weiber schlüpften zwischen den Männern hindurch, um mit scharfen Messern die Krallen zu zerschneiden, mit denen Nahar sich an das Stangenwerk geklammert hielt, wie ein kleiner Vogel an die Stangen des Käfigs, in dem er gefangen wohnt.

Mittags kam Nahar in die Gegend der Stadt, wo sie, zum Wettkampf mit dem Wildbüffel bestimmt, ihre Zeit gefangen verleben sollte.

Die heißen Freudengassen waren gefüllt mit jubelnden, freudezwitschernden Menschen. Weiße und gelbe Fahnen wehten hinab auf das Dach des hochgetragenen Käfigs.

In ein geräumiges Haus unter eine breite Tenne brachte man ihn. Mit vergilbtem Palmenlaub und lichtem Stroh war die Tenne bedeckt, sie schimmerte feuerfarben von weitem. Von warmem Sonnenlicht war sie innen durchgoldet. In die Mitte des Hauses setzte man dröhnend das Gefängnis. Den Kopf in eine Ecke geschmiegt, gekrümmt um sich selbst, in den Schatten ihrer selbst gerettet, bestattet unter dem eigenen Dach, ruhte die Tigerin. Sie atmete auf nach der furchtbaren Fahrt. Noch war sie wie berauscht, verdunkelt, stumm. Zum Schlafe senkten sich die Lider. Da stachen die Weiber mit blauen Messern durch die Stäbe des Käfigs. Sie wußten die heißquellenden Zitzen Nahars zu treffen, deren Fleisch durch die Fugen sich drängte.

Milch floß und Blut über die laut aufheulenden Weiber. Das Tier schwieg.

Mit großem, ewigem Blick ruhte es, mit sehnsüchtig gewendetem Halse umgab es den Hinterleib, wo die ungeborene Brut in den ersten Bewegungen bebte.


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