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Festgruß

zur Feier von Hebels hundertjährigem Geburtstag 10. Mai 1860.

Den in Schopfheim zur Festfeier Versammelten.

Gott grüßich all, ihr liebi Here z'Schopfe,
I hanich neumis z'brichten us der Fremdi.
So 'ne verfahrne Säckinger Trompeter
Isch selte d'heim; 's viel Sitze g'fallt em nit,
Und wie der Vogel, wenn der Früehlig chunnt,
So fliegt er us und singt in andrem Land,
Drum chaui ietz nit zuenich, 's tut mer leid.
Doch loset, was mer jüngst bigegnet isch.
Im Baierland isch mi Station. Und gester
Do fahri uf'me wunderblaue See,
Me seit en Chiemsee oder bairisch Meer,
Und find' en Insle, sunnig, sufer, chli
Und friedli still. Es huuse Fischer dört
Und Chlosterfrauen immen alte Stift;
Lerm hört me wenig: numme Glockeg'lüt
Und Ruderschlag und frohe Vögel G'saug.
Denn d'Vögel hen e liebi Herberg dört.
Uf dere Insle stöhn as wie 'ne Chron'
Uralti Lindebäum, im Zirkel pflanzt,
Und spieglen ihri Dölder wit im See.
Me seit, es syg scho in der Römerzit
'Ne Heiligtum dört gstanden und es ging'
No mengis mol dört öppis geistwis um.

Wieni dörthi chumm – grad am erste Mai,
Es isch 'ne milde Früehligsobed gsi,
Wurd's langsam dunkel, d'Sunne sinkt in See,
E wengli no hen d'Alpegipfel g'lüeht,
Derno isch lisli 's letzti Rot verlöscht
Und Mondschi wurd's und klari Sternenacht.

Und wieni mi verträumt im Gras dört streck,
Und wieni d'Stern am Himmel glizzre seh
Und wieder glizzren in der Wasserfluet,
So denki das und deis... und sag für mi:

»Ihr liebi Stern, Liecht us der andre Heimet,
Ihr liebi Stern, i wott, i wär bi euch!«
Und chlip und chlap! – was witt und was bigehrsch?
Husch ruuscht's mit Flügelschlag im Lindewipfel
Und stöhn zwei Engel vormer, gschlachti Burscht,
In blauem Häs, mit Sterneblueme g'chrönt,
Und sage: »So denn! b'sinn di nümme lang,
»De muesch mit eus! hesch's just nit selber g'seit:
»Ihr liebi Stern, i wott, i wär bi euch?
»Hüt isch Walpurgisnacht: Was ein do wünscht,
»– E Sunntigschind, e landverfahr'ne Schüeler, –
»Flugs g'schicht's. – Huppla! mer fliegen eben ufe,
»Uf wele witt?... 's batt nüt, de muesch jez mit!«
»– He! sagi, dunderschieß! 's isch eigetli
»So scharf nit g'meint... mueß denn gly gfloge sy?
»Me würd doch au no öppis rede dörfe?
»I ha scho viel erlebt, scho mengerlei
»Fuhrwerch probiert und bi in menger Wis'
»Dur d'Welt scho g'rutscht, doch vo men Engelpaar
»Verarretiert und sternwärts transportiert:
»Sell nie!... He nu, es isch mer ei tue z'letscht,
»Und mueß denn g'floge sy, so denk i wohl:
»Mer wend zuem Morgestern! der isch der liebscht
»Von alle mir in Gottes Himmelsgarte,
»'s het mi scho lang e Sehnsucht nochem plogt.«
Und chlip und chlap! – was witt und was bigehrsch?
Ein Engel saßt mi links, der ander rechts:
Eis, zwei und drei: .. und husch, so goht's in d'Luft,
Und uf und furt! .. Bim Strohl! en Isebahn,
E Luftballon, e Telegrafedroht
's isch all's e Schneckepost, wemme's verglicht
Mit so'me Engelfliegwerch d'Milchstross' ufe.
Jo, uf und furt ... Chuum luegi wieder nidsi,
Schint scho mi Chiemsee numme ne silbrig Pünktli
Und bal schrumpft d'Erde zuere Chugle z'semme,
Wird chli as wie der Mond und wird noch chliner
Und schwebt, e winzig Sternli, fern im Luft,
Bischeidener als menge Her uf ihr.
Und wieder no' re Wil do funklet scho
Zue euse Füeße fremdes schönes Land
Mit Berg und Tal .. und: »Ufgluegt!« seit mi G'leitsma,
»Der Morgenstern!« .. und sänftlig sinkt der Flug
Und mini Sohle gschpüere wieder Bode.
»De Morgestern!« rueft au der ander Engel,
As wie' ne Konduktör, wemme d'Station het.
Und Othem schöpft: »Helfis Gott, so sagi,
»Es trümlet mer im Chopf und vor den Auge,
»Lönd mi e weng verschnufe, daß i au
»Schön Dank cha sage ... Uff! deis heißt e Schnellzug!«
»O b'hüetis!« lacht der Engel, »chuum e g'mischte!
»Meinsch, d'wiegsch so liicht as wie ne Seifeblösli?
»E Güeterzug isch's gsy, und no e schwere!
»Jetz gang und schau di um. Mer müen no witers.«

O Morgestern! wie lieblig isch's uf dir!
Zwor nit gar anderst as bei eus, doch heitrer
Und glänziger isch d'Gegnig gsy und wärmer,
As wär dort ewig Früehlig, ewig Sunntig;
Und scho am Luftzug het me g'schpüert, es weiht
E sanftrer Othem dort .. i selber bi
Mer gröber vorcho wie 'ne Hozzewälder,
Der uffen Bal dappt z'Friburg im Museum.
Noch wandli fürwärts. Lueg, do isch e Tal,
E prächtig Matteland und schöni Waldig
Und klar und frisch e Bergforellewasser.
... Es het mi gmahnt ans hinter Wiesetal,
Wemme vo Mambach nidsi goht go Huse,
So schön het alles blüeht, so saftig frisch
Hen d'Chrüter gschprosst ... Früeh isch's nu gsy am Morge.
Doch wieni witers chumm, so höri rede.
Am Waldhang sitzt en alt ehrwüerd'ge Greis,
Schneewis vo G'wand und mild von Gsicht und Art,
Um ihn im Moos e lustig Chindervolch.
Schuel het er g'halte. Nei, wie hens'em g'looset,
Me het jeds Läubli wisple ghört im Wald.
Und Zucht ischt gsy und Ordnig. Me het's g'merkt
Der braucht kei Ruete, 's Büdeli ze versohle.
Druf schließt ers Buech und lächelt und seit: »So!
»Jetzt singt no eis, dann chönnd 'er gô go spiele,
»Und über d' Matte gumpe, doch gent Achtig,
»Dass kei's 'ne Mejeblüemli z'semmetritt,
»Und tuend keim guete Tierli Oeppis z'leid!«
Was meinet er, as d'Chinder g'sunge hen?
»Se helfis Gott und gebis Gott
E gute Tag und b'hüetis Gott!
Mer beten um e christlig Herz,
Es chunnt eim wohl in Freud und Schmerz,
Wer christli lebt, het frohe Muet,
Der lieb Gott stoht für alles guet.«
Dann packes z'semm und batsche froh in d'Hend
Und springe furt. Der Greis chunnt uf mi zue.
»Gottwilche,« seit er, »was bisch du für ein'?«
Ich antworte »Nüt für unguet, eigentli
»Se g'höri nit ganz uf de Morgestern,
»Doch lockt's mi zuenich, d'Sproch schint mer bikannt
»Und euer Singe heimlet mi so a.«
»He woher chunnsch denn?« frogt er. – »Wither,« sagi
»'s wird Euch villiicht nit akkurat bikannt sy:
»Es isch e ferne Stern, me heißt 'en d'Erde,
»Drin isch en Erdteil, der Europia heisst,
»In sellem Erdteil isch e Land, heisst Teutschland,
»In Dütschland aber isch am Rhi e Ländli...«
»Zem Dunderwetter!« brummlet do der Alt,
»Du morgesternverflogen Erdechind,
»Meinsch echt, mer wüsse hielands au nit mehr
»As wie der Föhreli us der Geography?
»Wie goht's denn z'Karlisrueh?«

»Jo, Element,
»Luts so! Excüse,« sagi, »he! 's goht guet!
»'s isch allwil no ne sufri glatti Hauptstadt,
»'s het viel gschtudierti gschidi Here drin,
»Und Wibervölcher! .. 's isch die helli Pracht!
»'s treit sicher keini uffem Morgestern
»E Stahlreifvogelchefirock wie die!
»Au stoht's no alliwil im Haardwaldsand
»Und nit am Rhi – wiewohl se'nen schier gar
»Hig'leitet hätte ... jo! .. und d'Schwarzwaldberg
»Sin au nit nöcher g'ruckt, no nenge chunnt
»Dört Heimweh über no sim Oberland!«
»Du liebes Oberland!« seit mild der Greis,
»Du liebes Oberland ... Wie gohtsnen au
»Z'Lörrech und z'Schopfe und am waldige Feldberg?«
»He!« hani denkt, »Staub, Gift und Bopperment!
»Der Ma weiß besser B'scheid uff euserer Erd
»Als ich im Morgestern! Was isch au das?
»... he nu! sie tribes ziemli,« sagi druf,
»Gottlobundank, me cha si nit biklage.
»'s goht Handel und goht Wandel. D'Isebahn
»Dämpft überal derdur. Bis Waldshuet fahrt me
»Au 's Wieset«! würd bal lokomotivisch.
»Der Denglegeist cha nechstens Schiene dengle,
»Wennen der Dampf nit ganz vertribt vom Wald.
»Sie hen au schöni Strosse g'leit durs Land.
»Vom Todtmes nidsi, wo si d'Wehre tummlet
»Im Felseg'chlüft, – der Wiese wildi Schwester,
»E chech Zigünerchind, .. zieht jez e Fahrstroß
»Wohlg'muuret, fest, nit liicht hig'försterlet.
»Selbst uf de Feldberg stigt me jetz biquem:
»E Turn stoht uffem Gipfel und me cha
»De Sonneufgang prächtig drin verschlofe.
»... Durst hen se au, gottlob, no kei z'erlide!
»Denn z'Lörrech vorn und im Marggrövlerland
»Was meinsch, wie's in de Chellere jetzt bstellt isch?
»Dort litt e Wi ... hei, tusigsappermost,
»Me schnuuft jetz nümme viel vom Vieredrißger,
»Der Siebnefüfzger goht no über Baumöl!
»Der het e Füür! Bliztusig! .. d'Sunne chönnt er
»Illuminiere, wenn sie nit scho hell wär,
»D'Planete chönnt er us de Bahne werfe
»Und alli Fixstern wacklifacklis mache.
»Witt au dervo? 's gäb scho! de bruuchsch mer numme
»E regelmäßgi Engelfahrpost anz'geh,
»Der Blankehorn vo Mülle schickt e Fäßli.«
Derweil mer so hen z'semme dischkeriert,
Isch d'Sunne mächtig hintrem Waldhang fürcho
Und alles isch in Duft und.Glanz verklärt gsy.
Do höri fernher d'Chinder wieder singe:
»Dört chunnt si scho, was hani gseit
In ihrer stille Herlichkeit!
Sie zündet ihre Strahlen a,
Der Chilchturn wärmt sie au scho dra
Und wo sie fallen in Berg und Tal
Se rüehit sie 's Leben überal.«

Der Greis seit nüt und faltet lisli d'Händ.
Und wien i mer sin Antlitz jetz bitracht,
Wie's früendli blitzt im goldne Sunnestreifliecht,
Se chunnt es mer bikannt vor und bikannter,
Und 's überlauft mi warm. »Tusig gottswill!«
So rüefi, »'s wird nit sy? .. stoht nit bim Schloß
»Vo Karlisrueh im schattedunkle Garte
»En isern Denkmol, 's treit e goldig Brustbild?
»Hani als Chnab nit oft dort gschpielt und g'frogt:
›Wer isch der Ma mit siner edle Stirn,
»Sim chruse Hoor, sim Lächlen um den Mund?‹
»Sin sell nit Euri Züg? isch nit der G'sang,
»Den selli Chiud dört singen, au von Euch
»Und sind Ihr nit der Johann Peter Hebel

Do winkt der Greis und lächelt fin und seit:
»'s cha sy, 's cha sy ... denk wohl, i bin en gsy,
»Doch isch's mer jetz, wenn i dort abi lueg,
»Just wienis früeher selber b'schribe ha:
» »Lueg, dort isch d'Erde gsy und selle Berg
» »Het Belche g'heisse ... nit gar wit dervo
»»Isch Wisleth g'sy, dört hani au scho g'lebt
»» .. und möcht jez nümme hi ...!««
... Verstohsch mi au?
»Und weiß me öppis dunte no vo mir?«

»O Meister,« rüefi, »nei, wie magsch so froge?
»Se lang im Feldberggrund ne Tanne wurzlet,
»Und d'Wiese strömt und d'Wehre und de Rhi,
»Se lang no Meidle flink und dundersnett
»Und Buebe obeds um de Liechtspon sitze,
»Wenns Marei seit: verzehlis näumis, Aetti,
»Se lang weiß me vo Dir und wird me wüsse!
»S'isch kein meh cho, der g'sunge het wie Du
»So frisch vom Herze und so heimet-treu,
»Ders g'füehlt het, was im zarte Haberchörnli,
»In Feld und Wald, in Felsen und in Bäche
»Für e verborgni Offebarig lebt,
»Kein, dem wie Dir die guete Schwarzwaldgeischter
»Ihr Sproch zueg'flüstert hen, ihri g'heimi Sache,
»Der die Böse selber, de Irrgeist und de Puhu
»So z'bschwöre weiß mit scherzhaft spitzge Wort!
»Weger, 's het Grund, ass, wemmen uffem Wald
»Jetzt in e Stube goht, uf's Brettli wist,
»Wo's Husarchiv un d'Büecherei verwahrt stoht,
»– Links ob der Tür – und frogt: »was hender do?«
»Der Husher seit: » Mi Biblen und mi Hebel!
»'s bruucht nit viel mehr zuem fromm und fröhlich sy.
»O Dichtersma, wie möcht i Di drum nide!
»Und niden um Din ewig heitre Sinn,
»Um Dini Rätsel, Dini Husfründg'schichtli,
»'s Schatzchästli, voll vo g'schliffne Edelstei!
»Hörsch mengmol nit ini Morgestern e G'lächter
»Recht usem Zwerchfell, wemme d'unte liest,
»Was d' vo der nasse Schlittefahrt verzehlsch,
»Vom Zirkelschmied und vom Kannitverstan?
»Und zupfts di nit, de chämsch und luegtisch wieder?
»'s gäb mengis neui Hauptstück in Kalender,
»Und mengis »Merke!« mengis »Item!« z'schribe!
»Im Zundelfrieder und im Zundelheiner
»Sin starchi Chind und Chindeschind erwachse,
»Un sin wohluf ... me sperrt's nümme all ins Hüsli.
»Denn, 's git, sie triebes Handwerch fürnehm jetz
»Und chuderwelsche, ass Eim trümlig wird.
»Wer Schulde macht und nümm ans Zahle denkt,
»heisst's: »Credit Mobilier,« und wenn er nimmt,
»Was ihm nit zueg'hört, – weisch wiemes jetz heisst?
»I sag deis nit ... 's wär au öpp's für de Husfründ!
»Jo weger, Meister! chumm und fahr mit abe!
»Sell gäb e Freud!... me trüeg Di uf de Hände
»Durs badisch Ländli dure .. d'Karlisrueher
»Si nähme Di hüt wieder zum Prälat,
»D'Verleger chäme schaarewis, si böte
»Der für de Boge feufezwänzg Dublone!
»Und in der Heimet! ... nei, was glaubsch ass d'saechsch?
»Was glaubsch, wem rüstet si's ganz Oberland
»Am zehnte May zum Fest und Ehretag?
»Wem gelte d'gschmückte Hüser, d'Böllerschüß?
»D'Musik und d'Fahne, d'schwarzi Fräck, de Chilchgang?
»Meinsch 's syg e Schillerfest? .. De wursch Di schnide!
»Me chennt au andri Lüt .. he! 's wird scho chnalle,
»Dass d'Ohre chlinge, piff und paff und puff!
»Und merke würsch, ob men an Hebel denkt!«

So hani g'redt. Er aber git mer d'Hand,
(In sinen Auge hen zwei Träne perlt)
»Schwîg,« seit er, »schwîg und mach mers Herz nit schwer!
»Doch wenn de heimschribsch, meld, i loss es grüesse,
»So viel Ihr 's Gläsli lupfe, d'ganz Versammlig!
»Und wenn eis früeih am zehnten oder ölften
»An Himmel luegt und siecht de Morgestern
»In stärchrem Glanz und schier unrüeihig funkle:
»So ischs e Schi, er chunnt aus us 're Heimet ..
» Es isch mi Dank! .. Der Hebel segnet euch!..«

Druf isch er furt und mit keim Aug meh z'seh.
Gli druf hen d'Engel mi am Chrage gno,
Und chlip und chlap! se bini wo 'ni g'si bi,
.. So isch mi Bricht, ihr liebi Here z'Schopfe.
Lönds ordli chnalle! Pfiff und paff und puff!
wenns Gläsli au verspringt,
Es schadet nüt:

Der Meister Hebel hoch!
Und hoch si Heimet, 's allemannisch Land!


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