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Der letzte Postillon.

Bald ist, soweit die Menschheit haust,
Der Schienenweg gespannt;
Es keucht und schnaubt und stampft und saust
Das Dampfroß rings durchs Land.

Und wiedrum in fünfhundert Jahr
Weiß der Gelahrteste nicht
Zu sagen, was ein Hauderer war.
Was Fuhrmanns Recht und Pflicht.

Nur in der Nacht der Sonnenwend'
Wo dunkle Schemen gehn,
Wird zwischen Erd' und Firmament
Ein fremd Gespann gesehn.

Der Schimmel trabt, die Peitsche schwirrt,
Laut schmettert Posthornton,
Als Geist kommt durch die Luft kutschiert
Ein greiser Postillon.

Fahl glänzt am gelben Sperlingsfrack
Thurn Taxis' Wappenknopf,
Er raucht uralten Rauchtabak
Aus braunem Ulmerkopf.

Er raucht und spricht: »O Erdenball,
Wie anders schaust du drein,
Seit ich mit Sang und Peitschenknall
Reichspostdienst tat am Rhein!

»O Zeit des Paßgangs und des Trabs,
Des Trinkgelds und des Trunks,
Des Poststalls und des Wanderstabs,
Des idealen Schwungs!

Jetzt geht die Welt aus Rand und Band,
Die Besten ziehn davon,
Und mit dem letzten Hausknecht schwand
Der letzte Postillon.

Jetzt rennt der Dampf, jetzt brennt der Wind,
Jetzt gilt kein Früh und Spat,
Die Sonne malt und blitzgeschwind
Briefschreibt der Kupferdraht.

O neues Rüstzeug, alter Kampf!
Wo treff' ich Glück und Ruh? . .
O Erdenphosphor, Gas und Dampf!
Fahr zu, mein Schimmel, fahr zu!«


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