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(1855.)
Noch heute freut's mich, o Runglstein
      
 Daß einstmals zu guter Stunden,
      
 In der Talfer felsenges Tal hinein
      
 Zu dir den Weg ich gefunden.
Melodisch scholl aus der Tiefe empor
      
 Des Wildbachs entströmendes Tosen,
      
 Am Burgpfad erblühten in lustigem Chor
      
 Glutnelken und wilde Rosen.
Des Runglsteins verfallen Gebäu
      
 Weiß nichts von Grämen und Trauern,
      
 Der Geist der Dichtung, fröhlich und frei,
      
 Nistet in seinen Mauern.
Herr 
      Konrat Vintler einst oben saß,
      
 Des Kurzweil war allerwegen
      
 Beim Klang der Laute und Stengelglas
      
 Der freien Künste zu pflegen.
Längst war des Minnelieds Glanz vorbei
      
 Und anderes wollt' sich gestalten,
      
 Drum dacht' er, ein künstlerisch Konterfey
      
 Entschwundener Pracht zu behalten.
* * *
Viel sinnige Männer malten ihm gern
      
 Die Helden der altdeutschen Lieder;
      
 Noch schauen Herr Hagen und Dietrich von Bern
      
 Vom Söller zum Burghof hernieder.
Und Grau in Grau – dort den Saal entlang,
      
 Wer deutet die Gruppen, die holden?
      
 's ist Gottfrieds von Straßburg minniger Sang
      
 Von Tristan und Isolden.
* * *
Tristan und Isolde auf weitem Meer –
      
 Isolde und Tristan im Walde –
      
 Brangäne lächelt – betrüblich sehr
      
 Steht König Marke der Alte...
Noch heute freut's mich, o Runglstein,
      
 Daß einstmals zu guter Stunden,
      
 In der Talfer felsenges Tal hinein
      
 Zu dir den Weg ich gefunden.
Anmerkung. Vergl. Freskenzyklus des Schlosses Runkelstein bei Bozen, gezeichnet und lithographiert von Ignaz Seelos, erklärt von J. V. Zingerle. Innsbruck 1857.
Die Bluemen der Tugent des Hans Vintler, herausgegeben von Ignaz V.Zingerle. Innsbruck 1874.
 Durch der Fenster farbige Scheiben entsandt'
      
 Die Sonne ihr Gold vor dem Scheiden;
      
 Es umflammte die Schildereien der Wand
      
 Wie ein Gruß vergehender Zeiten.
Im Rittersaale am hohen Kamin
      
 Saß lang ich, in Sinnen versunken,
      
 Und habe im feurigen Wein von Tramin
      
 Des Vintlers Gedächtnis getrunken.
Wer immer ins sonnige Etschland fährt,
      
 Halt Einkehr in diesen Räumen,
      
 Und ist ihm eine Isolde beschert,
      
 Mag er von ihr hier träumen.