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zur Gründungsfeier der Universität Straßburg 1. und 2. Mai 1872.
Heut trennt unser minniglich Sehnen
      
 Kein deutscher, kein gallischer Rhein,
      
 Wir ziehen gleich Lohengrins Schwänen
      
 Maifröhlich in »Strazzeburc« ein;
      
 Der Hochschulen jungjüngste Schwester
      
 Sei als bräutliches Ziel uns ersehn:
      
 Sie steht noch im ersten Semester,
      
 Drum ist sie auch jung noch und schön.
Wo Gottfried den Tristan gesungen,
      
 Wo Erwin sein Münster erbaut,
      
 Wo Gutenbergs Kunst sich erschwungen,
      
 Da ist uns der Boden vertraut.
      
 Was sonst noch zu Argentoratum
      
 Einst Römer – und Andre gemacht,
      
 Dem sei als entschwundenem Fatum
      
 Ein sühnend Glas Lethe gebracht!
 »Es konnt' ja nicht immer so bleiben
      
 hier unter dem wechselnden Mond,«
      
 So würde Schöpflinus jetzt schreiben,
      
 Der als Jubelgreis einst hier gewohnt;
      
 Doch wenn unter pflegenden Händen
      
 Die Wissenschaft stolz erst floriert,
      
 So wird durch die deutschen Studenten
      
 Alsatia »neu illustriert«.
Was schaust du noch trauernd nach Westen,
      
 Elsäßischer Landsmann und Freund?
      
 Du zählst ja schon heut zu den Besten,
      
 Die unsre Matrikel vereint.
      
 Bedenk, was die Reben all' wollen
      
 Von Wolxheim hinauf bis nach Thann:
      
Der Wein reift fürwahr nicht zum Schmollen,
      
 Der reift zum Schmollieren heran!
Wir gründen ein kerngesund Wesen
      
 Und scheiden erst, wenn uns als Trost
      
 Das sämtliche Moos der Vogesen
      
 Die eigenen Häupter bemoost,
      
 Stoßt an drum: Neustraßburg soll leben,
      
 Soll wachsen und kraftvoll gedeihn,
      
 Als 
      Straße für geistfrisches Streben,
      
 Als 
      Burg der Weisheit am Rhein!